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Hilfe in suizidalen Krisen

Karlsruher Initiative gegen Suizid berichtet von immer mehr Hilfeanfragen junger Menschen

Der Verein Arbeitskreis Leben Karlsruhe wird für seine lebensrettenden Angebote ausgezeichnet. Sie mahnen: Der Bedarf steigt.

Der Anteil der betroffenen Schülerinnen und Schüler mit großen Leseschwierigkeiten ist nach Einschätzung der Studienautoren inzwischen „alarmierend hoch“.
Mehr als Lesen und Lernen: Schulen als Umfeld junger Menschen kann helfen, Krisen im Alltag zu bewältigen. Der Arbeitskreis Leben Karlsruhe wurde nun für seine Arbeit ausgezeichnet. Foto: Sebastian Gollnow/dpa (Symbolbild)

„Gesichter für ein gesundes Miteinander“. Unter diesem Motto haben bundesweit mehr als 200 Projekte und Einzelpersonen an einem DAK-Wettbewerb teilgenommen. In Baden-Württemberg, wo Ministerpräsident Winfried Kretschmann Schirmherr des Wettbewerbs ist, hat der Verein Arbeitskreis Leben (AKL) aus Karlsruhe, mit dem Projekt „Suizidprävention in Schulen“, den ersten Platz belegt.

„Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung, aber natürlich auch über das Preisgeld in Höhe von 750 Euro“, versichert Anja Hoffmann, stellvertretende Vorsitzende beim AKL Karlsruhe und ehrenamtliche Leiterin des prämierten Projekts. „Die Auszeichnung zeigt, dass unsere Arbeit gesehen wird“, meint sie und fügt hinzu, dass der Sieg im Land die Qualifikation für den Bundeswettbewerb bedeute. Diese Entscheidung steht im Dezember an.

Der AKL Karlsruhe ist einer von neun Vereinen im Land, wobei es die Arbeitskreise ausschließlich in Baden-Württemberg gibt. „Wir arbeiten ehrenamtlich für Menschen in Lebenskrisen und in suizidalen Krisen, aber auch für deren Angehörige und Freunde“, erklärt Hoffman.

Karlsruher Initiative berichtet von vielen neuen Hilfegesuchen

Der Verein, der die Hälfte seines Budgets über Spenden finanzieren muss, bietet unter anderem Trauergruppen für Hinterbliebene an und Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen Einrichtungen.

„Prävention ist uns besonders wichtig, weshalb wir das Projekt ‚Suizidprävention in Schulen‘ ins Leben gerufen haben“, sagt Hoffmann. „In den letzten zwei bis drei Jahren haben sich zunehmend mehr junge Menschen, aber auch Eltern und Lehrer von Jugendlichen gemeldet, die Beratung, Begleitung und Aufklärung gesucht haben“, begründet Hoffmann die Initiative.

„Es gab eine massive Häufung, weshalb wir reagieren mussten“, fügt sie hinzu und nennt Suizid als die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. An erster Stelle stehen Unfälle.

Sie weist darauf hin, dass im Zusammenhang mit Suizid nie von Freitod oder Selbstmord gesprochen werden sollte: „Oft sind Depressionen Auslöser von Suizidgedanken, weshalb ‚frei‘ in diesem Zusammenhang völlig verfehlt ist“, erklärt sie. Der Begriff „Selbstmord“ hingegen stehe für eine strafbare Handlung.

Die Projektgruppe „Suizidprävention in Schulen“, der vier AKL-Mitglieder angehören, erarbeitete ein Konzept, um Workshops an Schulen anbieten zu können. „Wir möchten mit Vorurteilen aufräumen und psychische Erkrankungen, wie etwa Depressionen, aus der Tabuzone rausholen“, erklärt Hoffmann. Der Verein organisiert an den Schulen Workshops für Schülerinnen und Schüler ab der neunten Jahrgangsstufe.

In beinahe jeder Klasse gibt es betroffene Schüler

„Fast in jeder Klasse melden sich Menschen, die betroffen sind“, stellt die Projektleiterin fest. Meist gehe es darum, dass ein Freund oder eine Freundin Suizidgedanken geäußert habe, meint sie. Die AKL-Krisenbegleiter wollen in den Gesprächsrunden die Sensibilität für Auslöser und Signale erhöhen.

Fast in jeder Klasse melden sich Menschen, die betroffen sind.
Anja Hoffmann
Stellvertretende Vorsitzende beim AKL Karlsruhe

Hoffmann spricht von drei Phasen: In der ersten Phase wird der Suizid in der Gedankenwelt als mögliche Lösung gesehen. In der zweiten Phase, der Ambivalenz-Phase, suchen Betroffene gezielt nach Hilfe, während es in der Entschlussphase kaum noch eine Möglichkeit gibt, den Betroffenen zu erreichen.

Der Schulsozialarbeiter Mirko Wohlrab spricht mit einer Schülerin der Georg-Weerth-Oberschule, aufgenommen am 31.03.2015 in Chemnitz (Sachsen). Foto: Peter Endig/dpa (zu dpa «Schulsozialarbeit heißt vermitteln, nicht aufpassen» vom 17.05.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit
Gesprächsangebote für Schülerinnen und Schüler sind Anlaufstellen für die jungen Menschen, um über sich und ihre Probleme offen reden zu können. Sie helfen, besser durch schwierige Situationen im Alltag zu kommen. Foto: Peter Endig/dpa (Symbolbild)

„Jugendliche, die Suizidgedanken haben, verändern sich, wobei zwei Richtungen möglich sind“, erklärt Hoffman. Während die einen extrem niedergeschlagen sind, wirken andere aufgesetzt fröhlich.

In den Workshops fragen Jugendliche, was sie selbst machen können, wenn jemand in der Krise steckt. „Ein Thema, das Erwachsene überfordert, kann von Jugendlichen nicht alleine bewältigt werden“, weiß Hoffmann.

Tendenz? Stark steigend!

Die AKL-Krisenbegleiter weisen darauf hin, dass Eltern, Schulsozialarbeiter oder auch Mitarbeiter in speziellen Einrichtungen um Hilfe gebeten werden können. Es werden Listen mit Angeboten verteilt, zu denen unter anderem die „Nummer gegen Kummer“, die Telefonseelsorge oder die „U25-Online-Beratung“ des AKL Freiburg gehören.

Die Arbeit von „Suizidprävention in Schulen“ begann Ende 2022: „Wir haben Schulen in Stadt und Landkreis angeschrieben und bisher rund 250 Schülerinnen und Schüler erreicht“, sagt Hoffmann. Die Tendenz sei stark steigend, da noch in diesem Jahr etliche Termine anstünden.

„Manche Schulen kommen auf uns zu, weil es einen konkreten Anlass gibt“, sagt Hoffmann.

Service

Zu erreichen ist der AKL über www.ak-leben.de, über die Telefonnummer 0721/811424 und über die E-Mail-Adresse akl-karlsruhe@ak-leben.de. Wer die Arbeit des Vereins unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende tun: AKL Karlsruhe e.V., IBAN: DE77 66050101 000 9852237, Sparkasse Karlsruhe

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