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Kritik an der Stadt

Karlsruher Umweltschützer fordern Nachschärfungen für den Wärmeleitplan

Das, was der Gemeinderat am 28. November beschließen soll, reicht dem BUND lange nicht aus. Es müsse mehr getan werden. Und zwar schon bald.

Zündvorrichtung einer Gastherme.
Bis 2040 soll Karlsruhe klimaneutral werden. Das bedeutet den Abschied von Energieträgern wie Erdgas, mit dem heute noch die meisten Häuser der Stadt beheizt werden. Gewaltige Anstrengungen werden für den Wechsel notwendig sein. Foto: picture alliance / dpa

Den Karlsruher Wärmeleitplan ambitioniert zu nennen, wäre eine Untertreibung. Das Geld reicht kaum. Und der Zeitrahmen – Klimaneutralität bis 2040 – ist anerkanntermaßen ebenso eine Hürde, die schon jetzt von vielen als zu hoch angesehen werden.

Und dennoch: In einer Stellungnahme zur Wärmeleitplanung fordern die Umweltschützer des BUND Karlsruhe zur Nachbesserung auf, um überhaupt in die Nähe der gesteckten Vorgaben zu kommen. Die Forderungen stehen in manchem Punkten in einem Kontrast zu dem, was geleistet werden kann, sagen die Stadtwerke.

Die großen Bausteine, die das Fundament für eine neue Energie- und Wärmeleitplanung bilden, sollen Fernwärme, Photovoltaik und Nahwärmenetze bilden. Der BUND sieht schon beim Ausbau des Fernwärmenetzes künftig Defizite. Die Ölraffinerie am Rheinhafen trage mit rund 50 Prozent zur Wärmeversorgung bei.

„Wie lange noch, wenn ab 2035 nur noch E-Autos zugelassen werden?“ Die Kohlekraftwerke der EnBW, die weitere 40 Prozent beisteuern, sollen laut EnbW-Chef Andreas Schell bis 2028 vom Netz gehen.

In Karlsruhe soll es auch die Geothermie richten

Per Geothermie sollen die großen Lücken gefüllt werden. Projekte im Rheinhafen und in Neureut sind im Gespräch – im Rheinhafen zanken sich EnBW und Stadtwerke auf der einen Seite sowie die Deutsche Erdwärme auf der anderen Seite um die Rechte. „Ziel ist es, dass im laufenden Verfahren eine rechtliche Klärung erfolgt“, erklärt dazu Markus Schneider, Sprecher der Stadtwerke Karlsruhe.

Das findet auch der BUND, der in seiner Stellungnahme auf eine schnelle rechtliche Klärung pocht: „Der Streit muss 2024 unbedingt beendet (…) werden.“ Dann erst werden Untersuchungen inklusive Probebohrungen möglich sein, um über den tatsächlichen Wärmeertrag aus der Tiefe Sicherheit zu haben. Momentan ruht das Vorhaben.

Nach dem aktuellen Stand prognostiziert der Stadtwerke-Sprecher eine Umsetzung der hochgesteckten Ziele in der Geothermie für Mitte der 2030er-Jahre.

Der Gemeinderat in Karlsruhe wird voraussichtlich am 28. November über die Wärmeleitplanung entscheiden – dem BUND ist der Beschluss darüber nicht ausreichend genug. Um schneller agieren zu können und den Planungsprozess direkter verfolgen zu können, brauche es einen Sofortplan. Der soll jährlich „verifiziert und fortgeschrieben“ werden.

Deutschlands Raffinerie Nummer eins: Ölembargo, Erdgasknappheit, aber auch die Gesellschafterstruktur mit einem seinerzeit 24-prozentigen Anteil der Deutschland-Tochter des russischen Rosneft-Konzerns führten 2022 zu großen Unwägbarkeiten bei der MiRO.
Deutschlands Raffinerie Nummer eins: Was ist, wenn ab 2035 keine Verbrennerfahrzeuge mehr zugelassen werden? Kann die Raffinerie Miro auch dann noch ihren bisherigen Anteil an der Fernwärmeversorgung in der Stadt aufrechterhalten? Foto: Andrea Fabry

Weiter mahnt der BUND zusätzliche Maßnahmen an. So sollen die sogenannten Startermaßnahmen in der Wärmeversorgung der drei Stadtteile Hagsfeld, Daxlanden, Oberreut und die Rüppurrer Battstraße um eine fünfte Maßnahme ergänzt werden.

Für Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge müsste das Stromnetz in Karlsruhe ausgebaut werden. Die Stadtwerke müssten daher bald verbindliche Ausbaupläne erstellen, „straßenscharf“. Markus Schneider von den Stadtwerken betont im Gespräch, dass an Planungen gearbeitet werde.

Wallboxen, Photovoltaik-Anlagen und der prognostizierte Zubau von Wärmepumpen seien Faktoren, die eingeplant werden müssten. „Dafür werden in den kommenden zehn Jahren allein 350 Millionen Euro in den Ausbau der Karlsruher Stromnetze fließen“, betont er. Und nur ein Kilometer neuer Fernwärmeleitung würde mit Kosten von einer Million Euro zu Buche schlagen.

Wenn das Geld alleine nicht der Hemmschuh ist

Es sei aber nicht nur eine Frage des Geldes. Genehmigungsverfahren bräuchten Zeit, Bauvorhaben bräuchten Unternehmen und Planer. Schon jetzt zeigt sich beim Ausbau des bestehenden Fernwärmenetzes in der Stadt: Auch nur wenige Dutzend Meter Leitung machen Arbeiten von vielen Monaten notwendig.

Und wenn Fernwärme nicht geht? Der BUND sieht Bedarf bei der Planung und dem Ausbau von Nahwärmenetzen. Wo Wärmepumpen aufgrund von Geräuschemissionen und Abstandsregelungen nicht flächendeckend einzusetzen seien, müsste der Aufbau von Nahwärmenetzen geprüft werden: Quartier um Quartier, inklusive aller verfügbaren Wärmequellen.

Die Möglichkeiten zur Nutzung von Erdwärmepumpen müssten „flächenscharf“ dargestellt werden. Weiter wird gefordert: Die Vernetzung und zentrale Verwaltung verschiedener Energiequellen müsse einen größeren Raum einnehmen. Ebenfalls solle die Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen erhöht werden – eine Regelung, die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gesteuert wird.

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