Skip to main content

Am Staatstheater Karlsruhe

In diesem Konzert darf man lachen: Badische Staatskapelle präsentiert Charlie-Chaplin-Klassiker „Goldrausch“

Rund 100 Jahre alt sind die Werke der Filmlegende Charlie Chaplin. Doch ihre Geschichten und ihre Komik sprechen das Publikum auch heute noch an. Davon sind ein Dirigent und ein Kinobetreiber in Karlsruhe überzeugt.

Szene aus „Goldrausch“ von und mit Charlie Chaplin
Charlie Chaplin schuf eine ikonische Figur des Kinos und spielte diese Rolle auch in seinem Meisterwerk „Goldrausch“. Foto: Roy Export Company S.A.S.

Johannes Willig ist ein Mann für die große Oper. „La Traviata“, „Tosca“ und den „Freischütz“ hat er am Staatstheater Karlsruhe schon dirigiert, zuletzt wurde er für seine musikalische Leitung des Publikumslieblings „Aida“ am Staatstheater gefeiert.

„Aus der Palette an Chorstimmen und Instrumenten“ male Willig „ein Feuerwerk an Klangfarben mit fantastischen Steigerungen und großer Dramatik“, hieß es in der Premieren-Rezension für „Aida“ unserer Redaktion.

Doch das Herz des gebürtigen Freiburgers geht auch in ganz anderen Situationen auf: „Es ist eine tolle Erfahrung, ein Konzert zu dirigieren mit einem lachenden Publikum im Rücken.“

Darauf hofft Willig auch für den kommenden Sonntag: Dann leitet der stellvertretende Generalmusikdirektor am Badischen Staatstheater das 2. Sonderkonzert der Saison: eine Aufführung von Charlie Chaplins Filmklassiker „Goldrausch“ mit Live-Begleitung durch die Staatskapelle.

Keine Spur vom Klischee klimpernder Klavierbegleitung bei Charlie Chaplin

Mit dem Klischee klimpernder Klavierbegleitung hat diese Stummfilm-Musik nichts zu tun: Der Soundtrack zu „Goldrausch“ ist ein komplett auskomponiertes Werk für Orchester, das unter Anleitung von Chaplin selbst entstand.

Denn das Allround-Talent Chaplin war nicht nur Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller seiner Filme, sondern bestimmte auch die musikalische Untermalung. Und obwohl er selber kaum Klavier spielen konnte und daher auf die fachliche Hilfe von Arrangeuren und Komponisten angewiesen war, bewies er beachtliches Gespür dabei, im wahrsten Wortsinn den richtigen Ton zu treffen.

Charlie Chaplin als Diktator Hynkel in seinem Film „Der große Diktator“.
Die 1940 entstandene Faschismus-Satire „Der große Diktator“ gehört zum Programm einer Charlie-Chaplin-Werkschau, die derzeit im Karlsruher Kino Schauburg zu sehen ist. Foto: Studiocanal

„Chaplin hatte sehr viele Ideen, wie man Zitate aus bekannten Werken mit Filmszenen verbinden konnte“, erklärt Willig. In „Goldrausch“ beispielsweise fänden sich Anklänge an Puccini, Wagner oder Brahms. „Auffällig ist, dass Chaplin auch bei der Vertonung mit subtiler Ironie arbeitet: Wenn die Goldgräber in ihrer Hütte an Hunger leiden, hört man das ,Lied an den Abendstern’ aus ,Tannhäuser’ – gespielt auf einer gedämpften Trompete.“

Freilich müsse man die Werke nicht erkennen, um zu spüren, wie gewitzt hier Musik eingesetzt wird: „Wenn zum Beispiel im Schneesturm der wirbelnde ,Hummelflug’ zitiert wird, dann funktioniert das ganz unvermittelt für jeden Zuschauer“, ist sich Willig sicher.

Die Werke von Chaplin sind zeitlos, weil sie von universellen Gefühlen handeln
Johannes Willig, Dirigent

Genauso überzeugt ist der Dirigent, dass der vor 97 Jahren uraufgeführte Film auch für ein heutiges Publikum funktioniert. „Die Werke von Chaplin sind zeitlos, weil sie von universellen Gefühlen handeln“, so Willig. Sehr menschlich wirkten seine Filme zudem durch eine bewusste Mischung aus Witz und Melancholie: „Seine Komödien haben meistens auch ein tragisches Element in sich.“

Der Hunger in „Goldrausch“ etwa werde nur durch Chaplins Slapstick-Kunst komisch: „Alle lachen, wenn er seine Schuhe kocht und isst, als ob er ein Dinner zu sich nimmt. Aber manche Goldsucher haben damals wirklich wegen Hungersnot ihre Rindslederschuhe gekocht.“

Sonntagsreihe zu Chaplin in Karlsruhe von Schauburg und KIT wird gut angenommen

Dass Chaplins Filme bis heute gefragt sind, erlebt derzeit auch Herbert Born. Der Betreiber des Karlsruher Kinos Schauburg hat seit Anfang November jeden Sonntagnachmittag einen Chaplin-Film im Programm, dank der Reihe „Traumfabrik“

Diese Kooperation der Schauburg mit dem Zentrum für angewandte Kulturwissenschaft (ZAK) am KIT bietet in jedem Semester eine thematisch fokussierte Filmreihe mit Studienseminar, geleitet durch Wolfgang Petroll. Im aktuellen Wintersemester steht die Reihe unter dem Motto „Charlie Chaplin – kleiner Tramp, Megastar“.

Termine

„Goldrausch“ als Sonderkonzert im Staatstheater Karlsruhe am Sonntag, 18. Dezember, 18.30 Uhr, staatstheater.karlsruhe.de.

Filmreihe „Traumfabrik“ immer sonntags um 15 Uhr in der Schauburg Karlsruhe, schauburg.de.

Sechs Termine gab es schon, von ganz frühen Stummfilm-Einaktern bis zur virtuosen Fabrikjob-Satire „Moderne Zeiten“. „Keine Vorstellung lag unter 100 Besuchern“, freut sich Kinobetreiber Born. Das durchgehend große Interesse bestätige das Anliegen, solche Klassiker auf der großen Leinwand zugänglich zu machen. „Es ist ja auch für das Publikum ein Erlebnis, denn in einem gut besetzten Kino lacht man ganz anders als zuhause.“

Chaplin hat Charaktere entwickelt und nicht nur Verfolgungsjagden choreografiert.
Herbert Born, Kinobetreiber

Warum aber funktioniert Chaplins Komik auch nach rund einem Jahrhundert? Hier verweist Born auf eine weitere Pionierleistung von Chaplin: „Er hat für alle seine Figuren eine glaubhafte Motivation gesucht und hat Charaktere entwickelt statt nur Verfolgungsjagden zu choreografieren.“ Insofern sei er an sein Werk herangegangen „wie ein moderner Filmemacher“.

Mit der fulminanten Hitler-Satire „Der große Diktator“ aus dem Jahr 1940 steht an diesem Sonntag ein besonders markanter Meilenstein aus Chaplins Werk auf dem Programm. Dann geht die „Traumfabrik“ in die Winterpause und wird am 15. Januar mit Chaplins radikalem Rollenwechsel in „Monsieur Verdoux“ von 1947 fortgesetzt.

nach oben Zurück zum Seitenanfang