
Als „Marathon-Mann“ wurde Herbie Erb beim Schussapplaus kurz vor Mitternacht gewürdigt. Der Karlsruher Musiker, Grafiker und Künstler hatte am Samstag der kleinen Substage-Spielstätte Minestrone die wohl größte Veranstaltung ihres Bestehens beschert.
Erb, selbst ein Urgestein der hiesigen Musikszene, hatte ein Hommage-Konzert an die vor einem Jahr nach kurzer, schwerer Krankheit gestorbene Sängerin und Multi-Instrumentalistin Helene Malik auf die Beine gestellt.
Das Ergebnis war tatsächlich ein Marathon: Mit knapp 40 Songs in rund dreieinhalb Stunden Netto-Spieldauer boten mehr als 20 Mitwirkende eine musikalische Zeitreise, die an die enorme Vielfalt von Maliks Schaffen erinnerte.
Die vielseitige Sängerin, die auch Saxofon, Gitarre und Bass spielte, hatte die rege und reichhaltige Karlsruher Szene in unterschiedlichsten Bands mitgeprägt.
Malik war in 20 Jahren mit sechs Bands beim „Fest“ dabei
Das wurde nun noch einmal erlebbar. Der Bogen reichte vom 80er-Jahre-Indie von Ujuju Brimshead über Jazz-Standards vom Miss Malik Café Orchestra bis zu Pop-Punk von Karlsruhes erster Frauenband The Boobie Traps.
Auch Groove und Funk von The Juanita Round-Up Generation, Singer/Songwriter-Sound von Jonny Las Vegas und Power-Pop von Minimalik war zu hören. Zwischen 1987 und 2007 war Malik mit all diesen Formationen auch beim Open-Air „Das Fest“ aufgetreten.
Erb hatte, soweit erreichbar und verfügbar, die Original-Mitglieder jener Bands zusammengetrommelt. Das in dieser Dimension einzigartige Wiedersehen weckte viele Erinnerungen. „Musik hat ja immer mit Emotionen zu tun, und deshalb waren die Gefühle von damals ganz schnell wieder da“, beschreibt Sibylle „Bylle“ Hager, Sängerin der Boobie Traps, ihre Eindrücke nach dem Konzert.
Helene war wirklich eine ganz besondere Persönlichkeit.Sibylle „Bylle“ Hager, Sängerin bei The Boobie Traps
„Mir ist auch wieder bewusst geworden, wie viel Spaß es gemacht hat, mit den Mädels auf der Bühne zu stehen und wie groß unser Vertrauen zueinander war.“ Über ihre Erinnerung an Helene Malik sagt Hager: „Sie war wirklich eine ganz besondere Persönlichkeit: eine kleine und zierliche Gestalt, aber mit Energie für zehn und enormer Kreativität.“
Dass der Funke dieser Kreativität auch auf die nächste Generation überspringen kann, zeigte Sarah Nelly. Die Tochter des Juanita-Round-Up-Saxofonisten Tom Mettendorf, eine der 14 Sängerinnen und Sänger an diesem Abend, war mit 24 Jahren die mit Abstand jüngste Akteurin und überzeugte mit starker Stimme und großer Bühnenpräsenz.

„Ich kannte Helene, seit ich ein kleines Kind war, und es hat mich sehr berührt, durch die Beschäftigung mit ihren Songs in ihre Gefühlswelt einzutauchen“, sagt sie nach dem Konzert. In ihrem Mut zur musikalischen Vielfalt sei Malik ein Vorbild.
Organisator Herbie Erb wirkte als langjähriger Weggefährte in jedem Song mit
Für Herbie Erb ging mit dem Konzert eine äußerst intensive Arbeitsphase zu Ende. „In den letzten Tagen hab’ ich auch schon mal zwölf Stunden am Stück geprobt“, beschreibt er die Vorbereitung für das Programm. Als besonders langjähriger Weggefährte von Malik hatte er in jedem Song mitgewirktt. Für die Planung hatte er auch eine Homepage mit Musik von Malik erstellt.
Die Idee für das Konzert sei bereits bei der Beerdigung entstanden, als am Grab der Song „Everything“ gespielt wurde, mit dem nun der Abend sowohl eingeleitet als auch abgeschlossen wurde.
Die Form des Konzerts, das auch an den 2021 verstorbenen Substage-Mitgründer und in zwei Malik-Bands als Schlagzeuger beteiligten Musiker Andi Schorpp erinnerte, war zudem eine Hommage an das ursprüngliche Substage am Ettlinger Tor, wo Erb regelmäßig Kollektiv-Konzerte unter dem Motto „The Waltz“ organisiert hatte.
Der Zuspruch im mit knapp 200 Besuchern nahezu ausverkauften Saal zeigte, dass der „Helene-Waltz“, wie dieses Hommage-Konzert betitelt war, vielleicht nicht unbedingt „The Last Waltz“ gewesen sein muss.