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BNN-Leserforum

Mieter und Vermieter aus Karlsruhe üben Kritik am Bund

Ob Wärmepumpe, Grundsteuer oder Erbschaftssteuer: So manche Vorgabe stößt Vermietern sauer auf. Auch auf Mieter hat das Auswirkungen, wie bei einer Diskussion in der Karlsruher BNN-Geschäftsstelle deutlich wurde.

Bauen / Wohnen", Foto: v.l.n.r. Stefan Proetel, Patrick Wurster, Ruth Zoeller, Pascal Schuett
Gesprächsrunde in der BNN-Geschäftsstelle: Über das Thema Wohnen diskutierten Stefan Proetel, Patrick Wurster, Ruth Zöller, Pascal Schütt mit den Besuchern. Foto: Joerg Donecker

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und seinen Ministerkollegen in Berlin müssen die Ohren klingeln. Denn beim BNN-Leserforum zum Thema Wohnen gibt es kräftig Kritik an der Bundesregierung. Und zwar von Mietern und Vermietern gleichermaßen.

„Ich habe noch nie eine Situation wie jetzt erlebt: Die Regierung trägt eine Unsicherheit in einen Markt hinein, der für das Land substantiell ist“, sagt der Vorsitzende von Haus & Grund Karlsruhe, Marc Wurster. „Die Verunsicherung ist groß“, bestätigt die Geschäftsführerin des Mietervereins Karlsruhe, Ruth Zöller. Denn die Sache laufe oft so: „Kosten, die der Vermieter tragen muss, landen wieder beim Mieter.“

Zuhörer nennt Vorgehen „konzeptlos“

Angefangen bei Vorgaben zu Gasheizungen und Wärmepumpen bis hin zur Grundsteuer: „Jeden zweiten Tag gibt es neue politische Überlegungen“, fasst es Wurster zusammen. „Konzeptlos“, nennt ein Zuhörer das Vorgehen in Deutschland.

„Das ist nicht zu Ende gedacht“, sagt ein anderer bei der von den BNN-Redakteuren Stefan Proetel und Pascal Schütt moderierten Runde in der BNN-Geschäftsstelle in der Lammstraße. Schnell stehen die Fragen im Raum: Welche Veränderungen sind in einer alten Bausubstanz überhaupt technisch möglich? Und wer soll das alles bezahlen?

Wir verschließen uns den Energiethemen nicht.
Marc Wurster, Haus&Grund

Ein anderes Problem treibt eine Zuhörerin um: „Wer die Erbschaftsteuer nicht bezahlen kann, verkauft am Ende.“ Auch Wurster sieht die Gefahr, dass kleine Vermieter aus dem Markt aussteigen. Wenn dann große Konzerne einsteigen, würde anders vermietet.

Kleinere Vermieter hätten dagegen in der Regel das Interesse, das Mietverhältnis zu halten – und würden im Zweifel Sanierungskosten nicht im maximal möglichen Umfang auf die Mieter umlegen, ist Wurster sicher.

Zudem greift inzwischen ohnehin eine Kappungsgrenze bei dieser Kostenweitergabe. „Das ist eine Erleichterung für Mieter“, betont Zöller. „Mancher Vermieter überlegt inzwischen aber schon, was er an Sanierungen umsetzt“, beschreibt Wurster die andere Perspektive.

Sanierungskosten belasten Mieter und Vermieter

Wurster betont: „Wir verschließen uns den Energiethemen nicht.“ Aber es gehe eben nicht mit der Brechstange. Bei Autos sei das Aus für die Verbrenner für 2035 terminiert. Der Einbau einer Öl- oder Gasheizung als alleiniges Heizgerät ist dagegen praktisch ab 2024 verboten.

Wurster nennt Zahlen: Vor drei Jahren habe er eine Wärmepumpe für 20.000 Euro angeschafft. „Heute wären dafür mindestens 40.000 Euro fällig.“ Bei der großen Nachfrage würden sich die wenigen Anbieter die Taschen voll machen.

Bezahlbarer Wohnraum

Immer wieder fällt in der Diskussion der Begriff „bezahlbarer Wohnraum“. Eine Zuhörerin wünscht sich dazu konkrete Zahlen. Zöller winkt ab: „Das kann man nicht in Cent und Euro beziffern.“

Dennoch skizziert sie einen Rahmen: Als sie vor 30 Jahren angefangen habe mit der Beratung von Mietern, sei es üblich gewesen, dass die Miete 25 Prozent des Familieneinkommens verschlingt. „Heute sind es schon mal 50 Prozent.“

Ein Wert, der Wurster dagegen zu hoch erscheint. „Wenn ich selbst vermiete, habe ich eine Richtschnur von 25 bis 33 Prozent, um Mieter finanziell nicht zu überfordern.“ Wenn es am Markt doch mal Ausreißer Richtung 50 Prozent gebe, handle es sich wohl eher um Menschen mit relativ geringem Einkommen, die alleine in einer kleinen Wohnung leben.

Ein Zuhörer nennt ein Beispiel: In der Heidelberger Innenstadt zahle sein Sohn für ein zwölf Quadratmeter großes Apartment 700 Euro warm. „Zehntausende Studenten und ihre Eltern werden abgezockt“, findet der Mann.

Wünsche an die Stadt Karlsruhe

Studenten, Familien, die aus dem Umland in die Stadt ziehen, Flüchtlinge inklusive der Schutzsuchenden aus der Ukraine: „Die Lage am Wohnungsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verschärft“, findet Zöller. Es werde schlicht zu wenig gebaut.

Mit Blick auf den Bestand wünscht sich Wurster wiederum mehr Entgegenkommen von der Stadt. Es sei eben oft gar nicht so einfach, Dachböden auszubauen oder Gebäude aufzustocken. „Es wurden in Karlsruhe zuletzt so viele Bürogebäude gebaut, da könnte man doch einzelne Etagen fürs Wohnen nutzen“, schlägt eine Zuhörerin vor.

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