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Wissenschaft

Naturkundemuseum Karlsruhe: Wohl illegal beschafftes Fossil wird am 12. Juni an Brasilien zurückgegeben

Um das Dinosaurier-Fossil Ubirajara gab es im vergangenen Jahr mächtig Wirbel. Nun ist es zurück in Brasilien. Der Karlsruher Paläontologe Eberhard Frey erinnert sich an die Hasstiraden gegen ihn.

Das Fossil des Sauriers Ubirajara jubatus.
Das Fossil des Sauriers Ubirajara jubatus. Foto: Raul Vasconcelos/MCTI Brasil/dpa

Verwirrung um einen Dino: Die Deutsche Presse-Agentur hatte zunächst gemeldet, dass ein Fossil mit dem Namen Ubirajara, das in Karlsruhe zur Sammlung des Naturkundekundemuseums gehörte, bereits übergeben worden sei. Dies ist falsch, wie das Wissenschaftsministerium in Stuttgart auf Anfrage dieser Redaktion am Dienstag mitteilte. Den Angaben zufolge bereiten die Deutsche Botschaft in Brasilia und die brasilianische Seite gerade die offizielle Übergabe vor. Sie ist am Nachmittag des 12. Juni (Ortszeit) geplant.

In enger Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und der Deutschen Botschaft übergebe das Staatliche Museum für Naturkunde Karlsruhe das rund 110 Millionen Jahre alte Dinosaurier-Fossil an das Museu Placido Cidade Nüvens der Universidade Regional do Cariri im Bundesstaat Ceará (Nordosten Brasiliens). „Ubirajara jubatus“ stammt aus der Crato-Formation des dortigen Araripe-Beckens.

„Das Wissenschaftsministerium hat keine Mühen gescheut, um die Rückkehr von Ubirajara zu ermöglichen. Ohne die Mobilisierung der brasilianischen Wissenschaftsgemeinde wären wir jedoch nicht erfolgreich gewesen.“

Ein solcher Aufruf zum Hass ist nicht legal.
Eberhard Frey, ehemaliger Paläontologe am Naturkundemuseum

„Die deutsche Regierung hatte ein offenes Ohr für unsere Bitten und gemeinsam haben wir diesen Sieg errungen“, sagte der Sekretär für Wissenschaft und Technologie und soziale Entwicklung, Inácio Arruda.

Eberhard „Dino“ Frey, pensionierter Paläontologe am Naturkundemuseum Karlsruhe, zu dessen Sammlung das Fossil gehörte, ist froh, dass das Ganze ein Ende gefunden hat. Er spricht gegenüber dieser Redaktion von einem Erfolg einer Hetzkampagne. In den sozialen Netzwerken wurden Frey und seinen Kollegen Diebstahl und Nazi-Methoden unterstellt. „Ein solcher Aufruf zum Hass ist nicht legal“, sagt der Fachmann. Für ihn persönlich sei die Sache nun abgehakt. Er habe nie ein Problem damit gehabt, dass Ubirajara nach Brasilien zurückkommt.

Ubirajara jubatus stammt aus der Kreidezeit und lebte vor etwa 110 bis 115 Millionen Jahren. Bei dem nur etwa einen Meter großen Fleischfresser soll es sich um den ersten gefiederten, aber flugunfähigen Dinosaurier in der südlichen Hemisphäre gehandelt haben. Das Fossil war in einem Steinbruch im Bundesstaat Ceará im Nordosten von Brasilien gefunden und 1995 nach Deutschland gebracht worden.

Bestandteil der Sammlung des Naturkundemuseums Karlsruhe

Zuletzt gehörte es zur Sammlung des Naturkundemuseums in Karlsruhe. Dort lag es jahrelang unbeachtet im Lager. Nach einer Untersuchung wurden die Ergebnisse veröffentlicht, was hohe Wellen schlug. Zunächst ging es um den wissenschaftlichen Wert, dann aber vor allem um die Umstände der Ausfuhr aus Brasilien. Experten in Brasilien machten geltend, das Fossil sei illegal außer Landes gebracht worden. Eberhard Frey und seine Kollegen sehen sich einem Shitstorm ausgesetzt.

Dem langjährigen Leiter der geologischen Abteilung des Naturkundemuseums wurde ein Disziplinarverfahren angehängt. Grund ist eine falsche Datumsangabe bei der Einfuhr des Fossils aus Brasilien.

Frey gestand gegenüber dieser Redaktion einen „idiotischen Fehler“ ein. Er sei sich allerdings sicher gewesen, dass das Fossil auf legalem Wege nach Deutschland kam. Wie Recherchen dieser Redaktion ergaben, wurden die versteinerten Saurier-Reste 2006 von brasilianischen Händlern über ein pfälzisches Import-Unternehmen für Fossilien nach Deutschland gebracht. Erst nach dem 26. April 2007 wurde die Einfuhr von Fossilien aus Brasilien mit einem internationalen Abkommen verboten.

Wissenschaftsministerium schwenkte um

Einige Brasilianer lassen sich davon aber nicht beeindrucken. Sie beharren ihrerseits darauf, dass der Fossilien-Export nach brasilianischem Recht seit 1990 verboten sei.

Zunächst hatte das baden-württembergische Wissenschaftsministerium die Position vertreten, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass das Naturkundemuseum Karlsruhe die versteinerten Überreste unrechtmäßig erworben habe. Im Juli vergangenen Jahres teilte es dann aber mit, das Museum habe falsche Angaben zum Import des Fossils gemacht. Das Museum habe keine Dokumente von brasilianischen Stellen vorlegen können, die die Deklaration und Verzollung des Fossils bei der Ausfuhr nachweisen, erläuterte das Ministerium. Insbesondere liege keine Ausfuhrgenehmigung aus Brasilien vor.

Das Land Baden-Württemberg ist nach Angaben einer Sprecherin froh, dass die Rückgabe des Ubirajara jubatus nun in Kürze erfolgen kann. „Wir sind zuversichtlich, dass dies zugleich der Auftakt für eine wissenschaftliche Zusammenarbeit der beteiligten Museen sein wird.“

Das Naturkundemuseum Karlsruhe verweist bei Anfragen in der Causa Ubirajara auf das Ministerium. Spezielle Fragen zum Naturkundemuseum beantwortete das Ministerium am Dienstag noch nicht.

Korrektur

Die Deutsche Presse-Agentur hatte zunächst berichtet, dass das Fossil schon übergeben sei. Das ist nicht korrekt. Die offizielle Übergabe findet erst am 12. Juni in Brasilien statt.

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