Skip to main content

Stuttgart wird gestärkt

Neuer Fahrplan der Bahn: Karlsruhe, Bruchsal und Rastatt verlieren Anschluss

Im neuen Fahrplan der Bahn fallen ICE/IC-Verbindungen von Karlsruhe, Bruchsal und Rastatt weg – dafür steigen die Preise. Schuld sei auch das Deutschlandticket.

Ein ICE steht an einem Bahnhof.
ICE-Verbindungen nach Hamburg und Sylt werden künftig von Stuttgart statt Karlsruhe fahren. In Rastatt fällt sogar die einzige Fernverkehrsverbindung weg. Foto: Martin Schutt/dpa

Die Ankündigung zum Fahrplan 2024 beginnt vollmundig: „Viele neue Verbindungen im Fernverkehr – auch Baden-Württemberg profitiert“ überschreibt die Deutsche Bahn eine Mitteilung. Blickt man ins Kleingedruckte, fallen aus badischer Sicht zunächst Verbindungen auf, die gestrichen werden.

In der Darstellung der Bahn wird naturgemäß das Positive betont. Der Fahrplan für das kommende Jahr enthalte so viele neue Strecken wie seit 20 Jahren nicht mehr, kündigte der Konzern an. „Durch den stetigen Zulauf neuer Züge kann die DB mehr und schnellere Verbindungen sowie deutlich mehr Sitzplätze zwischen den Metropolen anbieten“, wirbt die Bahn weiter.

ICE nach Hamburg künftig von Stuttgart statt Karlsruhe

Wird der Fahrplan ab dem 10. Dezember umgesetzt, geht es künftig direkt von Stuttgart nach Ostfriesland, Sylt und Innsbruck, von Mannheim lässt es sich bis nach Rügen in der Ostsee fahren. Tübingen erhält einen täglichen Intercity bis nach Ostwestfalen und von Karlsruhe über Stuttgart gehen Züge häufiger ohne Umsteigen nach Franken. 

Der Fernverkehr ab Karlsruhe in den hohen Norden wird unterdessen ausgedünnt. Weil es laut Bahn mehr Interesse aus Stuttgart als aus dem badischen Raum gibt, wird die ICE/IC-Verbindung aus Hamburg über Marburg und Heidelberg nicht mehr in Karlsruhe enden oder starten.

Zwei ICE/IC-Zugpaare aus Hamburg via Marburg und Heidelberg fahren demnach künftig von und nach Stuttgart – Ankunft 15.03 und 20.57 Uhr beziehungsweise Abfahrt 8.57 und 16.54 Uhr. Sie fahren also nicht mehr über Karlsruhe und Bruchsal, sondern halten in der Region nur noch in Heidelberg und Wiesloch. Morgens fährt auch ein IC täglich von Stuttgart umsteigefrei nach Westerland auf Sylt und abends zurück.

Bahn spricht von größerer Nachfrage „von und nach Stuttgart“

Dafür hat die Bahn auch eine Begründung: Hintergrund sei die größere Nachfrage „von und nach Stuttgart und die ausgeweiteten, ähnlich schnellen Regional-Express-Verbindungen stündlich zwischen Karlsruhe und Heidelberg im Abstand von nur rund fünf Minuten zu den ICE/IC-Verbindungen“, heißt es vom Unternehmen.

Matthias Lieb, Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), findet die Maßnahme nachvollziehbar. „Dass der Fernverkehr zwischen Karlsruhe und Heidelberg sich ausdünnt, wundert mich nicht.“ Schließlich wurde dort der Regionalverkehr entsprechend ausgebaut.

Zwischen Heidelberg und Karlsruhe haben wir Verdrängung statt Ergänzung 
Matthias Lieb
Verkehrsclub Deutschland

Der Bahn-Experte aus Mühlacker bemängelt: „Unser Vorschlag war, dass die Regionalverbindung des Landes um eine halbe Stunde zeitversetzt zum Fernverkehr kursiert.“ Darauf seien die Verantwortlichen aber leider nicht eingegangen, moniert Lieb. Sein Schluss: „So haben wir nun eine Verdrängung und keine Ergänzung.“

Fahrgastverband zeigt Verständnis für ICE-Ausdünnung

Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass die nun wegfallende ICE-Direktverbindung in Richtung Hamburg und Sylt ab Karlsruhe für die meisten Fernreisenden aus Baden keine größeren Umstände bereitet.

Experte Lieb erklärt: „Es handelt sich um den langsamen ICE, mit dem fährt man eigentlich nicht nach Hamburg, sondern nach Darmstadt oder Marburg.“

In diese beiden hessischen Städte werde die Zugfahrt von Karlsruhe künftig durchaus etwas umständlicher.

Verkehrsstaatssekretär Theurer lobt internationale Anbindung

Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP) zeigte sich gegenüber bnn.de insgesamt zufrieden mit dem Fahrplanwechsel. „Besonders freuen mich die verstetigten internationalen Verbindungen täglich nach Mailand mit den neuen Schweizer Giruno-Hochgeschwindigkeitszügen und nach Bordeaux an Sommersamstagen mit dem TGV.“

Der Verlust von einigen Pendler-Intercityzügen nach Stuttgart sei durchaus etwas schmerzhaft“, räumte der Karlsruher Bundestagsabgeordnete ein, befand aber: „Der schnelle Regionalverkehr, in dem dann auch das Deutschlandticket gilt, bietet aber einen guten Ersatz.“

Für den künftigen Start und Endpunkt Stuttgart beim nicht ganz so schnellen Hamburg-ICE gibt es laut Bahn allerdings noch einen Wermutstropfen, denn der Zug fährt im nächsten Jahr zunächst nur wenige Monate. In der Mitteilung heißt es: „Baubedingt ist die Direktverbindung ab Stuttgart im Jahr 2024 aber zunächst nur von 1. März bis 15. Juli 2024 realisierbar.“

Viele Bahn-Baustellen und Verspätungen auch 2024

Viele Baustellen sorgen zudem auch kommendes Jahr für einige Verspätungen, wie man bei der Bahn vorsorglich einräumt. Denn zunächst müsse das veraltete Netz modernisiert werden.

„Auch 2024 werden wir unsere Fahrgäste um etwas mehr Geduld bitten müssen, als ihnen und uns lieb ist“, sagte der für den Fernverkehr verantwortliche Bahnvorstand, Michael Peterson, der Deutschen Presse-Agentur. Mit einer höheren Verlässlichkeit könne erst ab 2025 gerechnet werden.

Bessere Verbindungen von Baden nach Westfalen

Verbessert werden soll die Verbindung zwischen dem Oberrhein und Westfalen. Auf der Strecke müsse der Zug künftig nicht mehr so oft gewechselt werden. Das reduziere das Risiko, den Anschluss zu verpassen.

Laut Bahn fahren zwei ICE pro Tag und Richtung ab Basel und über Freiburg, Offenburg, Karlsruhe und Mannheim durch bis nach Westfalen. So fährt etwa ein ICE um 17.54 Uhr ab Freiburg bis Köln und dann neu weiter über Düsseldorf, Dortmund und Bielefeld bis nach Hannover.

Zwei Stunden später geht es aus Freiburg über Düsseldorf statt Wuppertal und dann ab Dortmund weiter über Bielefeld bis nach Berlin.

Rastatt verliert einzigen Fernverkehrshalt

Ein Verlierer des neuen Fahrplans ist allerdings Rastatt. Die Festungsstadt verliert laut Bahn ihren einzigen regulären Fernverkehrshalt. Der Pendler-ICE morgens von Offenburg (5.56 Uhr) nach Stuttgart, nachmittags retour von Stuttgart nach Offenburg (18.11 Uhr) entfällt ebenso wie weitere „Verstärkerfahrten“ ab Karlsruhe.

Das liege an der „Nahverkehrsausweitung bei insgesamt deutlich schwächerem Pendler-Aufkommen im Fernverkehr durch Homeoffice und Deutschlandticket“, teilt die Bahn mit.

Ein ICE fährt aus dem Hauptbahnhof.
Der Fahrplanwechsel im Dezember bringt voraussichtlich höhere Preise im Fernverkehr mit sich. Foto: Marijan Murat/dpa

Stärker ans IC-Netz angebunden wird derweil Tübingen. Die Stadt am Neckar fährt ein IC künftig statt bisher an nur fünf Wochentagen täglich an.

Und aus Stuttgart geht die IC-Linie Karlsruhe-Stuttgart-Aalen über Crailsheim nach Nürnberg statt bisher einmal pro Tag und Richtung fünfmal täglich weiter über Bamberg und Jena nach Leipzig – und zurück. Neu ist demnach auch eine Spätverbindung von München via Ulm nach Stuttgart.

Höhere Preise bei der Deutschen Bahn gelten als sicher

Der Fahrplanwechsel im Dezember bringt voraussichtlich auch höhere Preise im Fernverkehr für die Fahrgäste mit sich. „Natürlich müssen auch wir angesichts der allgemeinen Preisentwicklung über unsere Fahrpreise nachdenken“, sagte Bahnvorstand Peterson. „Wir werden die Fahrgäste dazu im Oktober rechtzeitig informieren.“ Mögliche Preisschritte blieben allerdings unter der Inflation, hieß es.

nach oben Zurück zum Seitenanfang