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Neue Untersuchungen geplant

Geothermie-Projekt in Karlsruhe-Neureut verzögert sich

Der Zeitplan für den Bau eines Geothermie-Kraftwerks in Karlsruhe hat sich deutlich nach hinten verschoben. Die Deutsche Erdwärme will zunächst weitere Daten ermitteln. Derweil gibt es Nachfragen zu den langfristigen Zielen des Unternehmens.

Erdwärme-Anlage
Heißes Wasser aus der Tiefe als Energiequelle: Für Geothermie gibt es in der Region Potenzial, sagen Wissenschaftler. Unter anderem in Karlsruhe-Neureut plant die Deutsche Erdwärme ein Kraftwerk. Foto: Frederick Florin/AFP

Das Geothermie-Projekt in Neureut kommt langsamer voran als ursprünglich geplant.

Das Unternehmen Deutsche Erdwärme (DEW) möchte zunächst weitere 3D-Daten des Untergrunds ermitteln, erläuterte Projektleiter Sebastian Homuth am Mittwoch im städtischen Ausschuss für Umwelt und Gesundheit.

Das Erfassen und Auswerten der Daten wird vermutlich bis Mitte 2023 dauern. Erst danach werde die Genehmigung für eine Bohrung und den Kraftwerksbau zum Thema.

Noch zwei Standorte im Rennen

Einen Schritt weiter ist die DEW bei der Suche nach einem passenden Standort. Von den sechs diskutierten Flächen sind noch zwei übrig – beide südlich der B36, eine westlich und eine östlich der Linkenheimer Landstraße.

In beiden Fällen hat das Unternehmen allerdings noch einige Arbeit vor sich: Auf einer Fläche hat es mit 20 Grundstückseigentümern zu tun, von denen bisher vier ihre Zustimmung zum Verkauf signalisiert haben. Im anderen sind es sogar 29. Knapp die Hälfte habe sich positiv geäußert, so Homuth. Von vielen steht die Rückmeldung allerdings noch aus.

Einige bohrende Nachfragen gab es aus dem Ausschuss zu den langfristigen Zielen des Unternehmens. Zuletzt hatte vor allem die Bürgerinitiative (BI) gegen Tiefengeothermie immer wieder den Verdacht geäußert, dass es nur vordergründig um Strom und Wärme gehe.

Sie vermutet, dass die DEW es eigentlich auf im Thermalwasser gelöstes Lithium abgesehen hat – ein Leichtmetall, das beispielsweise in der Produktion von Akkus eine zentrale Rolle spielt. Die Förderung aus dem tiefen Thermalwasser hat sich unter anderem die Firma Vulcan Energy mit Sitz in Karlsruhe zum Ziel gesetzt.

Lithium-Förderung ist kein Thema – noch

Mit Vulcan Energy habe man nichts zu tun, versicherte Homuth. So ganz gelang es dem Projektleiter dennoch nicht, den Verdacht der BI zu zerstreuen. Die DEW schaue nicht auf Lithium, die Frage stelle sich nicht, führte er aus – allerdings immer ergänzt um die Einschränkung „im Moment“.

Schließlich sah sich DEW-Gründer Herbert Pohl veranlasst, klare Worte zu finden. Stand heute gebe es keine technische Möglichkeit, Lithium aus dem Thermalwasser zu holen. Alles befinde sich noch im Forschungsstadium. „Wenn es in irgendeiner Zukunft möglich ist, sind wir dem Thema gegenüber offen“, so Pohl.

„Solange unser Sicherheitskonzept gewahrt bleibt.“ Als Umwelt-Sicht wäre das sogar begrüßenswert, argumentiert er. „Die aktuelle Lithium-Produktion ist ein Schandfleck.“

Mehr Informationen wünschten sich die Ausschuss-Mitglieder auch zum Bohrverfahren. Könnte das Projekt Erdbeben auslösen und Häuser beschädigen, wie es zuletzt im elsässischen Vendenheim passiert war? „Wir sind darauf erpicht, keine Seismizität zu erzeugen“, sagte Projektleiter Homuth.

Das Risiko sei gering, anders als in Frankreich bohre man schließlich nicht ins Grundgebirge. Außerdem erarbeite sich die DEW eine exakte Kenntnis des Untergrunds, führte er mit Verweis auf die geplante weitere Erkundung aus. „Das Verständnis ist essenziell für ein sicheres Projekt.“

Empörung auf der Empore

Für empörtes Gelächter auf der Empore, wo einige Gegner des Projekts saßen, sorgten die Informationen zur Versicherung für den Schadensfall. Bei 33 Millionen Euro liege die Deckungssumme, so Homuth.

„Das erscheint mir doch etwas niedrig“, konterte auch AfD-Stadtrat Paul Schmidt. Seine Fraktion forderte kurz vor Beginn der Ausschuss-Sitzung einen Bürgerentscheid zum Thema Geothermie. Einen entsprechenden Antrag hat sie für die nächste Gemeinderatssitzung eingereicht.

Der Einfluss der Stadt auf das Projekt ist allerdings begrenzt, betonte Umweltbürgermeisterin Bettina Lisbach (Grüne) in den vergangenen Wochen mehrfach. Das Genehmigungsverfahren laufe schließlich über das Regierungspräsidium in Freiburg. Dennoch hatte sich Lisbach im Namen der Stadt zuletzt deutlich für die Geothermie ausgesprochen. Sie sei ein „wichtiger Baustein, um den Ausbau der regenerativen Energien“ voranzubringen.

Vorerst keine Fernwärme-Nutzung geplant

Auf das Karlsruher Fernwärme-Netz wird sich das Projekt allerdings höchstens langfristig auswirken, obwohl der Wirkungsgrad dabei deutlich höher wäre als bei der Stromerzeugung.

Es gebe keine Absprache zwischen Stadtwerken und DEW, so Lisbach. Bis 2030 sei das Netz ausreichend mit Wärme versorgt. Auf eine solche Kooperation schielt allerdings auch die DEW, das wurde in Homuths Vortrag deutlich. Langfristig könne man mit einem Kraftwerk in Neureut die Hälfte des aktuellen Fernwärmebedarfs decken, betonte er.

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