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„Tribut an Carl Benz“

Oldtimer-Parade begeistert beim Karlsruher „Fest der Sinne“ mit viel Chrom und noch mehr Flair

Liebevoll restaurierte Auto-Veteranen und jede Menge spannender Geschichte rund ums rollende Kulturgut brachte eine neue Auflage der Oldie-Veranstaltung „Tribut an Carl Benz“. Für das „Fest der Sinne“ war es eine Bereicherung.

Originelles Gespann: Die BMW Isetta mit Wohnanhänger von Klaus Wientgen aus Freiburg zog viele faszinierte Blicke auf sich. Der Lehrer ist damit bereits bis Barcelona gefahren.
Die BMW Isetta mit Wohnanhänger von Klaus Wientgen aus Freiburg zog viele faszinierte Blicke auf sich. Der Lehrer ist damit bereits bis Barcelona gefahren. Foto: Wolfgang Voigt

Klaus Wientgen ist ein gefragter Mann. Mit Sonnenhut und Lektüre sitzt er zwischen Café Böckeler und Karstadt vor seinem Auto – doch an Lesen ist nicht zu denken. Reihenweise bleiben die Leute stehen.

Sie knipsen ihr verzücktestes Lächeln ein, dann greifen sie zur Handy-Kamera, um festzuhalten, was sie da sehen: eine weinrote Isetta von BMW. Das Beste: Die Knutschkugel, Baujahr 1958, hat einen gleichfalls putzigen Wohnanhänger am Haken.

Das Gespann ist bei der Oldtimer-Veranstaltung „Tribut an Carl Benz“ so etwas wie die Königin der Herzen. Die nach vorn aufschwingende Isetta-Tür, die sich dabei mitbewegende Lenksäule, vor allem aber der Wohnanhänger – all das fasziniert Tausende, die am Sonntag das Karlsruher „Fest der Sinne“ mit seinen vielen Angeboten genießen.

Isetta mit Wohnanhänger ist der Hingucker beim Karlsruher „Fest der Sinne“

Kommt der Motor überhaupt mit dem Anhänger zurecht? „Selbstverständlich“, antwortet der Eigner aus Freiburg mit gespielter Entrüstung. Schließlich hat seine Isetta die stärkere der einst gebauten zwei Motorvarianten an Bord.

Aus 295 Kubikzentimetern schöpft das Einzylinder-Motörchen 13 PS. Über den Gotthardpass ist der Gymnasiallehrer für Spanisch und Deutsch damit bereits getuckert und bis nach Barcelona gefahren. Den Nachkriegs-Wagen hat er schon seit 1988.

Rollende Raritäten bei der Oldtimer-Parade auf der Karlsruher Kaiserstraße

Für Automobil-Liebhaber ist die Oldtimerparade das Beste am „Fest der Sinne“. Zumindest sagt das Besucher Ansgar Griguleit beim Defilée vorbei an den sorgsam aufgereihten rollenden Raritäten. Sehr betagte Karlsruherinnen und Karlsruher können sich noch dunkel erinnern an die Zeiten, da auf Marktplatz und Kaiserstraße hochoffiziell Autos verkehrten.

Jetzt ist das Parken hier nur automobilen Pretiosen gestattet, und auch das nur vorübergehend. So wie dem Hanomag Kommißbrot der Familie Bokemüller. Sobald die Dame des Hauses in zeitgenössischer Gewandung den markant bollernden Wagen aus der Zwischenkriegszeit eingeparkt hat, umringt eine Traube von Leuten das Auto mit den hölzernen Rädern. Die Jüngeren können kaum glauben, dass dieses Auto einst ein ernsthaftes und begehrtes Fortbewegungsmittel war.

Charismatische Pagode

Vom Kommißbrot bis zur Pagode von Rainer Klamser ist es ein weiter Weg. Als Pagode bezeichnen Mercedes-Freunde das charaktervolle zweisitzige Faltdach-Cabrio, das zwischen 1963 und dem Beginn der 1970er Jahre gebaut wurde. Für Rainer Klamser musste es die Top-Motorisierung sein.

Sein 280 SL mit Wandlerautomatik hat sechs Zylinder und bringt es auf 170 PS. Der Wagen wurde 1970 in die USA geliefert, er wurde in Deutschland restauriert und steht da als sei er soeben vom Band gerollt. 2007 hat er ihn erworben. Vom Kauf eines Jaguar E-Type sah er damals aus praktischen Gründen ab: Die englischen Schrauben-Formate hätten komplett neues Werkzeug erfordert.

Das Investment in die Pagode hat sich bezahlt gemacht. Für den Preis von damals würde Klamser selbst ein schrottreifes Exemplar heute kaum noch bekommen.

„Tribut an Carl Benz“ mit ihren rund 300 Oldtimern

Die Oldtimershow „Tribut an Carl Benz“ mit ihren rund 300 Veteranen-Fahrzeugen verbreitet den ganzen Sonntag über gute Laune. Da flanieren die Leute an Nachkriegsautos vorbei wie einem Opel Olympia, einem frühen Käfer oder einem Fiat Topolino, während in den umliegenden Geschäften ein reges Kommen und Gehen herrscht.

Es gibt aber auch US-Schlachtschiffe mit Heckflossen bis zum Horizont, ebenso betörende 60er-Jahre-Schönheiten wie einen Alfa Bertone oder eine Lancia Fulvia. Man sieht Legenden wie den NSU Prinz, den Nitribitt-Mercedes 190 SL und einen raren De Tomaso Pantera mit Mittelmotor.

Am späten Nachmittag nach dem Autokorso präsentieren sich die Schätzchen und deren Eigner auf dem Kronenplatz. Da klicken die Kameras, dort brandet auch Beifall auf. „Die Elektroautos von heute mögen perfekter sein“, meint einer der Umstehenden, „schöner sind sie aber ganz sicher nicht“.

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