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Fragen und Antworten

A5-Baustelle bei Karlsruhe: Warum Nachtarbeit kein Allheilmittel ist und Autofahrer Geduld brauchen

Die Sperrung der Autobahn-Auffahrten bei Karlsruhe-Rüppurr/Ettlingen kommt zwar erst am kommenden Mittwoch, 25. Mai. Doch Autofahrer stehen schon jetzt oft im Stau an der Baustelle. Experten warnen: Die Sehnsucht nach Nachtbaustellen sei trügerisch.

Nachtschicht auf der Autobahn: Solche Bauarbeiten rund um die Uhr betrachten viele Autofahrer als Erlösung von langen Bauzeiten und Staus. Die neue Dauerbaustelle bei Karlsruhe-Rüppurr verdirbt ihnen schon jetzt die Laune. Aber einfache Allheilmittel gibt es im Straßenbau nicht. (Symbolfoto)
Nachtschicht auf der Autobahn: Solche Bauarbeiten rund um die Uhr betrachten viele Autofahrer als Erlösung von langen Bauzeiten und Staus. Die neue Dauerbaustelle bei Karlsruhe-Rüppurr verdirbt ihnen schon jetzt die Laune. Aber einfache Allheilmittel gibt es im Straßenbau nicht. (Symbolfoto) Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

So richtig los gehen die Bauarbeiten und die Sperrungen erst ab kommenden Mittwoch – doch schon jetzt schimpfen Pendler über die Staus auf der Autobahn 5 bei Karlsruhe-Rüppurr.

Die Fahrstreifen sind auf zwei pro Fahrtrichtung reduziert. Bis in den November soll die Fahrbahn erneuert werden. „Warum bauen die nicht nachts?“, fragen genervte BNN-Leser. „Und warum wurden die Bauarbeiten nicht vorgezogen, als die Autobahnen im Corona-Lockdown fast leer waren?“

BNN-Redakteurin Elvira Weisenburger ist diesen und anderen Fragen zur neuen Dauerbaustelle nachgegangen.

Auf welche Probleme müssen sich die Autofahrer einstellen – und wie lange?

In jede Fahrtrichtung stehen monatelang nur zwei Fahrstreifen zur Verfügung, weil die Fahrbahn in Richtung Frankfurt auf 3,9 Kilometern Länge saniert wird. Dafür wird der Verkehr auf die Gegenfahrbahn verschwenkt. Ab Mittwoch, 25. Mai, sind deshalb die beiden Zufahrten der Anschlussstelle Ettlingen/Rüppurr auf die A5 sowie die Abfahrt aus Fahrtrichtung Basel gesperrt. Autofahrer, die vom Dreieck Karlsruhe kommen, können aber weiterhin bei Rüppurr abfahren, verspricht die Autobahn GmbH. Voraussichtlich bis Mitte November sollen die Bauarbeiten dauern.

Zu welchen Tageszeiten arbeitet der Bautrupp an der Baustelle südlich von Karlsruhe?

Die Antwort dürfte manchen wütenden Pendler erstaunen. „Bei der aktuellen Baumaßnahme wird bereits jetzt sowohl tagsüber als auch in der Nacht gearbeitet“, erklärt Tobias Jäger, Sprecher der Autobahn-Niederlassung Südwest. Für den Verkehrsfluss bedeute das im aktuellen Fall aber keinen Unterschied. Bei jedem Bauvorhaben prüfe die Autobahn-Gesellschaft, ob eine 24-Stunden-Baustelle sinnvoll ist.

Welche Kriterien sind entscheidend dafür, ob auch nachts die Baumaschinen rollen?

Eine wichtige Rolle spielt laut Jäger der Lärmschutz der Anwohner. Lautes Wummern und kreischende Maschinen sollen möglichst wenige Bürger aus dem Schlaf reißen. Bei Rüppurr würden deshalb nur „lärmarme“ Arbeiten in der Nacht durchgeführt. Die Arbeiter rücken zum Beispiel nachts an, wenn sie vor Baubeginn den Verkehr absichern und Fahrstreifen umlegen oder wenn sie am Ende die Baustelle wieder abbauen. Solche Arbeiten behinderten den Verkehr erheblich - dafür gebe es regelmäßig Nachtbaustellen. Ebenso für Bauvorhaben, die eine Vollsperrung der Autobahn erfordern. Paradebeispiel: der Abriss von kompletten Brücken. Aber auch Qualität und Sicherheitsfragen seien entscheidend.

Spielt die schlechte Sicht bei Nacht eine große Rolle?

Teilweise, ja. Eine ebene Asphaltdecke könne man nachts zum Beispiel nicht ohne Qualitätseinbußen herstellen, gibt der Sprecher der Autobahn-Gesellschaft zu bedenken. Auch die Sicherheit von Arbeitern und Autofahrern ist bei Nacht stärker gefährdet als bei Tag – trotz greller Ausleuchtung. Darauf verweist der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC). „In Nordrhein-Westfalen wurde kürzlich ein Arbeiter getötet, da gab es dann eine große Diskussion über die Frage: Bringen Nachtbaustellen etwas?“, sagt Thomas Hätty, Leiter Verkehr und Technik beim ADAC Nordbaden.

Viele Bürger vermuten, dass der Staat auch die kostspieligen Nachtzuschläge für die Bauarbeiter scheut. Wie hoch ist der Kostenfaktor?

„Eine Nachtbaustelle bedeutet, dass das ganze Bauvorhaben ein Drittel teurer wird“, erklärt ADAC-Experte Hätty. Die Baustellen müssten abgesichert und hell ausgeleuchtet werden – hohe Stromkosten inklusive. Außerdem verteuerten die Nachtzuschläge die Preise. Ja, die Personalkosten spielten eine wichtige Rolle, erklärt Autobahn-Sprecher Jäger, aber auch das Arbeitszeitgesetz sei zu beachten. Und Personal müsse überhaupt verfügbar sein – in diesen Zeiten des Fachkräftemangels. Der ADAC ist in diesen Fragen keineswegs auf hartem Konfrontationskurs. Sicherlich seien nicht alle Möglichkeiten optimal ausgereizt, sagt Hätty: „Aber die Budgets sind eben sehr eng geschnürt. Wenn der Bund mehr Geld freigeben würde, dann gäbe es auch mehr Nachtbaustellen.“ Ein Allheilmittel seien sie ohnehin nicht.

Wo geraten Nachtbaustellen an Grenzen?

Der Nachschub an Baumaterial wie Asphalt ist nachts nicht generell gesichert. Hinzu kommt, dass die Arbeiten in bestimmten Phasen gar nicht rund um die Uhr laufen können. Ein neuer Betonbelag muss zum Beispiel erst aushärten. „Da ruht die Baustelle auch mal drei, vier Tage“, sagt ADAC-Experte Hätty.

Und was sagen die Autobahnbauer zu dem beliebten Argument, sie hätten während des Lockdowns mehr bauen sollen – weil dann weniger Autofahrer in der Sommerferienzeit im Stau stünden?

Die Dauer und die Folgen der Pandemie seien ja nicht vorhersehbar gewesen, betont Jäger: Die Ausschreibung und Vergabe von Baumaßnahmen bräuchten zu viel zeitlichen Vorlauf um den Lockdown berücksichtigen zu können. ADAC-Abteilungsleiter Hätty gibt außerdem zu Bedenken: Asphaltarbeiten erforderten bestimmte warme Temperaturen. „Optimal ist oft die Zeit ab Anfang Juni.“

Welche Tipps hat der ADAC für betroffene Autofahrer?

Antizyklisch fahren und eine halbe Stunde früher zur Arbeit aufbrechen – das könne schon manchen Stau ersparen, rät Hätty, der selbst regelmäßig über die „Hauptschlagader“ A5 nach Karlsruhe pendelt. Außerdem appelliert er an die Autofahrer, Rücksicht und Reißverschlussverfahren zu üben. Erstens sollten sich Lastwagenfahrer frühzeitig auf der rechten Spur einordnen. Zweitens sollten sich Pkw-Fahrer kurz vor der Baustellen-Verengung bei fließendem Verkehr wechselnd einfädeln.

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