Welche er am liebsten hat? Diese Frage sollte man Yousif Abbas besser nicht stellen. Er sammelt Kameras aller Epochen und mag sie irgendwie alle.
Rund 180 befinden sich in seiner Wohnung in Oberreut. Und fast zu jeder fällt ihm eine Anekdote ein. Zu seinen Favoriten zählt ganz sicherlich die Smena SL von Lomo aus den 1970er Jahren, ein sowjetisches Fabrikat. „Das war meine erste Kamera. Damit verbindet man natürlich etwas. Damals war ich beim Militärdienst“, erinnert sich der 65-Jährige.
Er holt eine japanische Kamera der Marke Homer hervor. Ein Miniatur-Format aus den 60er Jahren, das jedem Spion zur Ehre gereicht hätte. „Aber funktioniert alles“, sagt der Sammler strahlend. Ob eine Zeiss Ikon Ikoflex, eine Bilora Boy im Bakelit-Gehäuse aus den 50er Jahren oder eine russische Zenit aus den 60er Jahren – Abbas begeistert sich für Design und Technikgeschichte.
Sammler ist auf Flohmärkten unterwegs
Auf Flohmärkten in Karlsruhe fahndet er nach seinen Schätzen. Seine Kameras haben eines gemein: Sie sind zumeist Spiegelreflex-Kameras und sie sind allesamt analog.
Das digitale Zeitalter hielt fototechnisch lediglich mit Smartphone plus extra guter Linse bei ihm ein. „Ein Foto kommentiert den Moment und lässt ihn lebendig bleiben“, lautet die Philosophie des Mannes, der aus dem südirakischen Basra stammt und seit 1986 in Karlsruhe lebt.
Ich fotografiere nie mit künstlichem Licht.Yousif Abbas
Fotograf und Sammler
Eine weitere Devise respektive freiwillige Limitierung des Behinderten-Betreuers lautet: „Ich fotografiere nie mit künstlichem Licht. Eine nachträgliche Bildbearbeitung am Computer gibt es bei mir auch nicht.“ Oft ist er auf den Straßen von Karlsruhe unterwegs und macht spontane Fotos. Meist Dinge, an denen Mancher wohl achtlos vorbeigehen würde.
Der Blick für das Unscheinbare
Wenn ihm ein Motiv zusagt, lässt er es groß auf Leinwand ziehen. „Was sehen sie hier?“, lautet seine Frage. Moderne Kunst kommt einem spontan in den Sinn. „Nein, nein, das ist ein Wassertropfen, das hier ist ein Blatt. Oder hier, das ist schlicht Vogelkot auf dem Asphalt“, zeigt er seinen besonderen Blick für das Unscheinbare.
Er sehe sich als Dokumentar, sagt Abbas. Jeder solle in seinen Foto-Kunstwerken, selbst entdecken, was er sehe. Die digitale Fotografie sieht der Autodidakt im Übrigen durchaus positiv. Er ist keiner, der die Arbeit in der Dunkelkammer glorifiziert. „Die digitale Fotografie hat vieles leichter gemacht. Zudem wird die Umwelt weniger durch die Entwicklung und Chemikalien belastet“, räumt er an. Allerdings würden die Menschen heute viel gedankenloser „Klick, Klick“ machen. Die bekannte Folge: eine regelrechte Bilderflut.
Yousif Abbas zückt eine Zeiss Ikon Voigtländer mit Holz-Optik hervor. Anschließend wiegt er eine alte Kamera mit Blasebalg-ähnlichen Gehäuse aus den 20er Jahren in seinen Händen. „Ich mag die Ästhetik dieser alten Objekte. Klapp-Kameras – wunderbar. Das ist solides Handwerk. Ich lebe gerne zwischen diesen Dingen“, sagt der Sammler.
Ein Fotografie-Museum in meiner Heimatstadt Basra. Das wäre es.Yousif Abbas
Fotograf und Sammler
Er bewundert den Franzosen Louis Daguerre, der als einer der Väter der Fotografie gilt. Ebenso die irakisch-britische, mittlerweile verstorbene Star-Architektin Zaha Hadid. „Ihre ikonischen Bauten sind nicht von dieser Welt. Sie ist eine ewige Inspiration“, schwärmt Abbas. Einen Traum hätte er da noch: „Ein Fotografie-Museum in meiner Heimatstadt Basra. Das wäre es.“