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Nach kurzer Krankheit

Erschütterung am ZKM Karlsruhe: Peter Weibel stirbt wenige Wochen vor seinem Abschied aus dem Amt

Sein großer Abschied war für Ende März geplant: Dann wollte Peter Weibel seine 24-jährige Tätigkeit als Vorstand des ZKM Karlsruhe mit einer letzten großen Ausstellung ausklingen lassen. Doch nun ist der international renommierte Medienkünstler wenige Tage vor seinem 79. Geburtstag überraschend gestorben.

Karlsruhe: Peter Weibel, Künstler und Direktor des Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), sitzt in seinem Büro zwischen Stapeln aufgetürmten Papiers (zu dpa „Abschied vom Raumschiff: Peter Weibel verlässt das ZKM nach 24 Jahren“)
Prägende Gestalt der zeitgenössischen Kunst: Der langjährige ZKM-Vorstand Peter Weibel, hier am Schreibtisch in seinem Büro, ist kurz vor seinem 79. Geburtstag überraschend gestorben. Foto: Uli Deck/dpa

Schock für Karlsruhe und das ZKM: Peter Weibel, der langjährige Vorstand des Zentrums für Kunst und Medien, ist wenige Tage vor seinem 79. Geburtstag gestorben. Der international renommierte Medienkünstler und Kurator starb nach kurzer schwerer Krankheit, wie das ZKM unserer Redaktion bestätigte.

Peter Weibel hatte das ZKM seit dem 1. Januar 1999 als künstlerisch-wissenschaftlicher Vorstand geleitet und zu einer weltweit vernetzten und anerkannten Einrichtung gemacht. Ende März sollte er nach über 24-jähriger Tätigkeit dieses Amt aufgeben. Zu seinem Abschied sollte eine letzte große Ausstellung seiner Amtszeit mit dem Titel „Renaissance 3.0“ eröffnet werden.

Umzug von Peter Weibel nach Wien war bereits im Gange

Weibels Umzug zurück nach Wien, wo er einst studiert hatte und sich als eine der prägenden Gestalten der Performance- und Medienkunst profiliert hatte, war bereits im Gange. Mehrfach hatte Weibel angekündigt, künftig in einer bewohnbaren Bibliothek leben zu wollen.

Für seine rund 120.000 Bücher umfassende Privatbibliothek sollten zwei Containertürme errichtet werden. Ein Aufzug in der Mitte der Türme sollte als Wohnung dienen. „Ich werde also in einem großen Lastenaufzug arbeiten, schreiben und schlafen“, hatte Weibel bei der Ankündigung erklärt.

Bis zuletzt als innovativer und hochproduktiver Kopf aktiv

Bis zuletzt hatte sich Weibel als innovativer, hochproduktiver und durchaus auch streitbarer Kopf mit immer neuen Ideen und Projekten gezeigt. Kunstministerin Petra Olschowski hatte noch vor wenigen Wochen anlässlich seines nahenden Abschieds erklärt, Weibel sei eine prägende Figur der künstlerischen und intellektuellen Gegenwart: „Er steht für Innovation und Mut. Mit seinen Ausstellungen im ZKM hat er uns nahe gebracht, wie sich unsere Wahrnehmung der Welt durch die digitale und mediale Transformation wandelt.“

Über das Wirken von Weibel wird Olschowski in der Mitteilung des ZKM zum Tod des Künstlers wie folgt zitiert: „Seine avancierten Ansätzen waren immer herausfordernd, denn in seinen oft brillanten Konzepten war Peter Weibel dem Heute oft voraus. Das weltweite Renommee und die dauernde Weiterentwicklung und Öffnung des ZKM für Themen und gesellschaftliche Fragen sind dieser Haltung und seinem kompromisslosen Einsatz zu verdanken.“

Sein plötzlicher Tod lässt uns erschüttert zurück.
Petra Olschowski, Kunstministerin

In diesem Sinn sei er in vielen Gremien des Landes und auch ihr persönlich ein wichtiger Ratgeber gewesen, so Olschowski, die zu ihrer Zeit als Kunststaatssekretärin auch stellvertretende Stiftungsratsvorsitzende des ZKM war. „Sein plötzlicher Tod lässt uns erschüttert zurück.“

Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup erklärt laut dieser Mitteilung, die Stadt verliere mit Peter Weibel „einen Pionier und eine herausragende Persönlichkeit“. Mentrup weiter: „Karlsruhe bleibt weltweit als Ort des ZKM und als Unesco Stadt der Medienkunst mit seinem Namen verbunden. Sein Tod ist ein schwerer Verlust.“

Der am 5. März 1944 in Odessa geborene Peter Weibel war in Österreich aufgewachsen und hatte in Paris und Wien Literatur, Medizin, Mathematik mit einem Schwerpunkt auf Logik sowie Philosophie und Film studiert. Als Künstler setzte er Maßstäbe in der Konzeptkunst, der Performance, der Video- und Computerkunst sowie allgemein der Medienkunst.

Seit 1984 war Weibel Professor für Visuelle Mediengestaltung an der Universität für angewandte Kunst Wien. 1989 gründete er das Institut für neue Medien der Städelschule in Frankfurt/Main, zwischen 1986 und 1995 war er künstlerischer Berater und später künstlerischer Leiter der Ars Electronica Linz.

Schaffenszeit am ZKM: Karlsruher Schlosslichtspiele sind sein wohl populärstes Projekt

1999 trat er die Nachfolge von ZKM-Gründungsvorstand Heinrich Klotz an. Erst zwei Jahre zuvor hatte das 1989 gegründete ZKM mit dem Hallenbau in Karlsruhe ein festes Domizil bezogen. Weibel brachte diesen Ort mit international beachteten Ausstellungen auf die Weltkarte der Kunst. Später weltbekannte Künstler wie Olafur Eliasson wurden hier früh präsentiert, Themen wie mediale Überwachung früh aufgegriffen („CTRL [Space]“, 2001).

Das wohl populärste Projekt aus Weibels Amtszeit sind die Schlosslichtspiele, die 2015 zum 300. Stadtgeburtstag Karlsruhes ins Leben gerufen und wegen des großen Erfolgs seitdem jährlich stattfinden.

Doch auch anderweitig lag Weibel die Öffnung des ZKM zur Stadtgesellschaft am Herzen, wie unter anderem die innovative Ausstellung „Open Codes“ von 2017 bis 2019, die bei freiem Eintritt als „Bildungsexperiment“ viel Aufmerksamkeit und Zuspruch fand.

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