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Gebäude verrottet im Karlsruher Rheinhafen

Thermoselect: In Japan funktioniert die Technik

In Karlsruhe verrottet eine Anlage, die versprach, das Müllproblem zu lösen. Thermoselect wurde für die EnBW zur Katastrophe. Aber warum funktioniert die Technik in Japan?

Verstaubt: In Karlsruhe ist Thermoselect gescheitert. Doch in Japan sind die Anlagen noch in Betrieb. Experten der EnBW zweifeln aber, ob sich ihr Betrieb tatsächlich rechnet.
Verstaubt: In Karlsruhe ist Thermoselect gescheitert. Doch in Japan sind die Anlagen noch in Betrieb. Experten der EnBW zweifeln aber, ob sich ihr Betrieb tatsächlich rechnet. Foto: Roland Weisenburger

Hausmüll in nichts als Energie und Straßenbaumaterial zu verwandeln, hat in Karlsruhe nicht geklappt. Doch in Japan funktioniert die Thermoselect-Technik offenbar. Die Rechte für Name und Technik liegen inzwischen bei der Vivera Corporation in Lichtenstein. Nach Angaben des Unternehmens laufen in Japan derzeit mindestens sieben Anlagen.

Thermoselect-Erfinder lud Badener nach Japan ein

Eine davon wurde schon lange vor dem Karlsruher Start in Betrieb genommen. Seit Herbst 1999 schon soll der Stahlhersteller Kawasaki in der Nähe von Tokio Hausmüll nach der Thermoselect-Technik behandeln.

Als der Karlsruher Probebetrieb immer wieder Schwierigkeiten machte, lud Thermoselect-Erfinder Günter Kiss seine badischen Geschäftspartner nach Japan ein, um Zweifel an seiner Technik zu zerstreuen. „Kiss zeigte uns in Japan, dass es funktioniert“, erinnert sich der damalige EnBW-Vorstandsvorsitzende Gerhard Goll. „Die Japaner haben uns bestätigt, dass die Anlage zu ihrer Zufriedenheit läuft.“

Im Unterschied zu Karlsruhe sah die Müllbehandlungsanlage in Tokio nicht aus wie ein preisgekröntes Architekturprojekt, sondern wie eine Industrieanlage. „Stararchitekt Botta war dort kein Thema“, so Goll.

Designbedingte Kompromisse mussten die Techniker dort nicht eingehen. Auch die Ingenieure, die die Aufgabe hatten, den Karlsruher Müllofen zum Laufen zu bringen, erinnern sich an Japan. „Die Anlage dort wurde uns vorgehalten. Aber die Japaner mussten unsere Grenzwerte gar nicht einhalten.

Die Thermoselect-Anlage war dort direkt an das Stahlwerk angekoppelt. Das Synthesegas, das wir aufwendig reinigen mussten, leiteten die dort direkt in die Stahlproduktion. Größter Vorteil der Japaner war laut Martin Appel von der EnBW, „dass Herr Kiss dort keine Mitsprache hatte“. Die Anlagen in Japan seien aber auch nicht wirtschaftlich zu betreiben.

Thermoselect-Anlage am Lago Maggiore wurde abgerissen

Das Versprechen, die Müllprobleme der Menschheit zu beenden, löste Thermoselect nicht ein. Nirgendwo in Europa findet die Technik Anwendung. Die Pilotanlage am Lago Maggiore ist längst abgerissen. In Ansbach steht noch eine Ferrari-rote Ruine. Dort sollte Karlsruhes Schwester-Anlage entstehen.

Äußerlich gleichen sich die zwei wie ein Ei dem anderen. Doch anders als in Karlsruhe wurde der Müllofen in Ansbach niemals eingeheizt. Der Bau des technischen Innenlebens wurde noch vor der Fertigstellung gestoppt. Die Karlsruher Erfahrungen wollte man in Franken nicht wiederholen. Die Anlage dort steht inzwischen kurz vor dem Abriss.

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