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900 neue Wohnungen

Die Karlsruher Volkswohnung spricht über die große Krise der Baubranche und die Perspektive eigener Projekte

So viel neuer Wohnraum wie in den kommenden zwei Jahren hat die Wohnungsgesellschaft noch nie in so kurzer Zeit übergeben. Aber die Krise trifft auch sie hart.

Luftbild August-Klingler-Areal im Bauzustand
Es ist eines der größten Vorhaben der Karlsruher Volkswohnung in den vergangenen Jahren. Die Bebauung des August-Klingler-Areals biegt ein auf die Zielgerade. Ende 2024 sollen die ersten Wohnungen an die Mieter übergeben werden. Foto: Volkswohnung

Von einem Rekord sprechen die Verantwortlichen bei der Karlsruher Volkswohnung nicht. „Peak“ – also ein Gipfel – sei erreicht. „2024 und 2025 werden wir insgesamt etwa 900 Wohneinheiten übergeben“, erklärt Stefan Storz, Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsgesellschaft. Mit der Ankündigung neuer Bauvorhaben tut sich Storz schwer. 2025 könnte es wieder zu einem Spatenstich kommen – wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die sind aktuell so schlimm, dass Bauprojekte anderer Projektentwickler ins Straucheln geraten sind.

„Der Branche geht es extrem schlecht“, urteilt Daniel Fluhrer, Baubürgermeister (Parteilos) der Stadt. Und die Nachfrage nach Wohnraum in der Stadt ist extrem hoch. Bis 2035 fehlen 14.000 Wohnungen, erklärte Fluhrer noch vor einem Jahr.

Der Branche geht es extrem schlecht.
Daniel Fluhrer
Baubürgermeister, Stadt Karlsruhe

Das war zum Richtfest auf dem August-Klingler-Areal, wo 2024 und 2025 350 Wohnungen übergeben werden sollen. Das neue Quartier bietet dann Platz für etwa 900 Bewohnerinnen und Bewohner. Beim Jahrespressegespräch der Volkswohnung verzichtet er auf die Nennung des Wohnungsbedarfs.

Keine Hilfe von außen

„Als kommunale Wohnungsgesellschaft stehen wir mehr noch als die gesamte Immobilienbranche im Sturm, da wir die deutlich angestiegenen Kosten nicht an unsere Mieter weiterreichen wollen. Wir sehen auch nicht, dass uns in dieser Lage jemand zur Seite springen wird“, schildert Fluhrer die Zwänge der Volkswohnung.

Immerhin seien die nun 900 Wohnungen ein Mehrfaches dessen, was sonst an zusätzlichem Wohnraum von der Volkswohnung über die vergangenen Jahre hinweg fertiggestellt worden ist. „So viel auf einmal wurde sonst nur direkt nach dem Krieg gebaut“, fügt Storz noch an.

Die Umstände in der Branche sind seit vielen Monaten schon schlecht. Stefan Storz schildert die Auswirkungen an den Baustellen in der Stadt: „Materiallieferungen haben auf sich warten lassen.“ Und selbst, wenn Baustoffe verfügbar sind, gibt es weniger für das Geld: Die Baukosten sind gestiegen, um etwa 40 Prozent.

Die Baubranche gibt die Kosten für Materialien weiter. Und auch andere Faktoren spielen in die Kalkulationen der Unternehmen hinein. Die kommende Maut-Erhöhung für Lkw von 200 Euro pro Tonne Kohlendioxid werde sich auf die Baukosten auswirken, kündigt die Branche in dieser Woche an.

Messerscharfe Kalkulationen fordern auch die Entwicklungen der Zinsen: An den Neubauten in der Pfinzstraße in Durlach illustriert Storz das. „Für die drei Wohnhäuser hat die Volkswohnung 15 Millionen Euro investiert. Unter den aktuellen Finanzierungsbedingungen würde der Bau 23 Millionen Euro kosten“, sagt der Geschäftsführer.

Zinskosten übersteigen die Mieteinnahmen

„Da auch wir unsere Vorhaben über Kreditaufnahmen finanzieren, spielen die gestiegenen Zinsen ganz erheblich in unsere Kalkulationen hinein“, sagt der Geschäftsführer. Nur die Zinslast für die Gebäude in der Durlacher Pfinzstraße würde mit den Konditionen von heute 780.000 Euro betragen – bei Mieteinnahmen von 760.000 Euro.

Die Volkswohnung sähe sich mit Erstellungskosten im Neubau von über 5.000 Euro für den Quadratmeter konfrontiert, spricht Storz. Unter diesen Bedingungen könne selbst eine frei finanzierte Wohnung nicht unter 17 Euro monatlicher Kaltmiete für den Markt bereitgestellt werden.

Das stadtbildprägende Hochhaus in der Rheinstraße 91-93
Das Hochhaus in der Rheinstraße 91-93 ist eines der Leuchtturm-Vorhaben der Volkswohnung, wenn es um energetische Sanierung geht – viel häufiger möchte man nun im Bestand arbeiten. Foto: Rake Hora

Solange die Rahmenbedingungen so ungünstig blieben, werde man sich bei der Volkswohnung auf die Planung von Modernisierungsvorhaben, weitere Kostensenkungen und die Entwicklung von Quartieren konzentrieren. Außerdem, betonen die Verantwortlichen, bringe allein die Übergabe von 900 Wohnungen in den kommenden zwei bis drei Jahren jede Menge Arbeit für die Angestellten der Wohnungsgesellschaft mit sich.

„Mit Blick auf die gegenwärtigen und absehbaren Herausforderungen, fokussieren wir uns nun stärker auf unseren Bestand“, kündigte Baudezernent Fluhrer an. Was ebenfalls in den Blick rücken werde: serielles Bauen. Geschäftsführer Storz betont die Effizienz, die durch das Bauen in Serie erreicht werden könnte.

Wohngebäude in Serie, so Storz, seien günstiger in der Planung, dem Bau und in der Abnahme. Die Reihenfertigung könne sich schon in zwei bis drei Jahren durchgesetzt haben. Noch seien rechtliche Vorgaben und Möglichkeiten nicht so weit. Dass die Rahmenbedingungen aber geschaffen werden würden, daran zweifelt Storz nicht.

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