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Im Hoepfner-Burghof

Warum ein Karlsruher Pfarrer einen Gottesdienst in der Kneipe abhält

Beim Kneipengottesdienst mit Pfarrer Dirk Keller im Hoepfner-Burghof war nicht nur die Umgebung anders als sonst. Was treibt ihn an?

Kneipengottesdienst im Burghof
Pfarrer Dirk Keller (rechts) und Pastoralreferent Alexander Ruf stehen vor den Besuchern beim Kneipengottesdienst im Hoepfner-Burghof. Foto: Jörg Donecker

„Das war ein richtiger Gänsehautgottesdienst“, freute sich Susanne Otto, dass sie noch am Kneipengottesdienst am Freitagabend teilnehmen durfte. Die junge Frau aus Freudenstadt, die seit fünf Jahren in der Tullastraße wohnt, hatte so etwas in ihrer Heimat noch nie erlebt.

Von dem ökumenischen Gottesdienst im Hoepfner-Burghof, den der evangelische Citypfarrer Dirk Keller und der katholische Pastoralreferent Alexander Ruf hielten, hatte sie zufällig erfahren und konnte den letzten freien Platz im gut gefüllten Nebenzimmer des Lokals ergattern.

Keller und Ruf sind die geistlichen Leiter der ökumenischen Einrichtung „Fächersegen“, die sich zur Aufgabe gemacht hat, das Christentum näher an die Menschen zu bringen und dazu ungewöhnliche Aktionen zu unternehmen. Wie eben etwa, zum Gottesdienst in ein Restaurant zu gehen.

Ein Pfarrer aus Liedolsheim gründete die Karlsruher Brauerei Hoepfner

Denn angesichts des historischen Ambientes war sich Keller nicht so recht sicher, ob er wirklich von einem „Kneipengottesdienst“ sprechen solle. Handele es sich doch eher zumindest um ein Wirtshaus oder sogar um ein Restaurant. Man blieb dann aber doch beim Begriff Kneipengottesdienst.

Das Motto lautete „Auf Dein Wohl im neuen Jahr“ und hielt sich an die evangelische Jahreslosung „Alles, was Ihr tut, geschehe in Liebe.“ Hausherr Friedrich-Georg Hoepfner ging in seiner Betrachtung zum Thema Liebe darauf ein, dass damit auch die Liebe zu Familie und Tradition und die Liebe zum Bierbrauen gemeint sein könne.

Und er schlug einen Bogen zu seiner Familiengeschichte. Denn der erste Hoepfner, der vor sieben Generationen Brauereibesitzer war, war der Sohn eines Liedolsheimer Pfarrers. Als die Brauerei im 19. Jahrhundert nach Karlsruhe umzog, hatten sich die damals bereits 29 bestehenden Brauereien gegen die Ansiedlung ausgesprochen. Hoepfner ist heute die einzige, die noch existiert.

Anders als bei einem feierlichen Gottesdienst in einer Kirche, war es angesagt, sich Getränke zu bestellen und sich gegenseitig das Wohl des begonnenen Jahres zuzuprosten. Und selbstverständlich aß man auch gemeinsam. Ruf betete vor dem Essen das Gebet aus seiner Kindheit „Komm Herr Jesus, sei unser Gast…“.

Gottesdienst-Besucher in Karlsruhe schreiben ihre Wünsche auf Bierdeckel

Die Wünsche, die die Teilnehmer fürs neue Jahr haben, konnten sie auf Fächersegen-Bierdeckel schreiben. Die Fürbitter zogen sechs dieser Filze zufällig aus einem Korb und verlasen sie. Alle Deckel, versprachen Keller, Ruf und der „gute Geist“ des Fächersegens, Manfred Richter, würden bewahrt und an Gott weitergegeben.

Musikalisch begleitete mit Matura Brass eine kleine Bigband den Kneipengottesdienst. Keller, der selbst einmal in einem Posaunenchor gespielt hatte, wusste, dass es für eine Bläserkombo besonders schwer sei, leise zu spielen.

Den sieben Musikern gelang dies. Sie begleiteten die Lieder. Dazwischen aber erzeugten sie mit Klängen von traditionellem Jazz bis zu Bierzeltmusik eine Atmosphäre, die zum Ort passte, die man aber in einer Kirche eher nicht erwarten würde.

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