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Autorin zeigt sich beeindruckt

Der lange Schatten der Jugendwerkhöfe trübt die „Ostalgie“

Der Jugendclub im Sandkorn begeistert das Publikum am Mittwochabend bei der Premiere des neuen Stücks „Weggesperrt“.

Anja (Nergiz Yildiz, rechts) und Gonzo (Soriana Afonina, Mitte), haben unter der gnadenlosen Aufseherin (Julia Edinger) im berüchtigten Jugendwerkhof Torgau zu leiden.
Anja (Nergiz Yildiz, rechts) und Gonzo (Soriana Afonina, Mitte), haben unter der gnadenlosen Aufseherin (Julia Edinger) im berüchtigten Jugendwerkhof Torgau zu leiden. Foto: Ron Teeger

Die drei Leiterinnen des Jugendclubs im Sandkorn, Birgit Voigt, Kristine Wacker und Jessica Börsig, zeigen jedes Jahr aufs neue, dass die Jugend von heute weder stört, noch uninteressiert ist, sondern – wenn man sich ihrer annimmt und die Chance ergreift, die Weisheit des Alters mit der Energie der Jugend zu kombinieren – sich etwas Großartiges erschaffen lässt.

Zur Premiere von „Weggesperrt“ (Bühnenfassung von Jacqueline Edelmann) am Mittwochabend im ausverkauften Sandkorn-Theater in Karlsruhe ist die Autorin des gleichnamigen Buches, Grit Poppe, aus Potsdam angereist. Mit ihrem Buch habe sie besonders die negativen Erlebnisse von Jugendlichen in den Jugendwerkhöfen der ehemaligen DDR in Erinnerung rufen und so der Ostalgie und Verdrängung entgegenwirken wollen, erzählt sie im Gespräch.

Sie zeigte sich beeindruckt von der Intensität und dem Geschichtsinteresse der jungen Karlsruher Schauspielerinnen und Schauspieler. „Die Jugendlichen haben das total intensiv gespielt“, lobte die Autorin. Das junge Ensemble, zwischen 15 und 23 Jahren, habe den Stoff sehr verinnerlicht, obwohl die Zeit in der DDR nichts mit den Jungen Leuten direkt zu tun habe.

Stück zeigt Abgründe der DDR-Jugendfürsorge

Nergiz Yildiz bestach in ihrer Rolle als Anja, die, nachdem ihre Mutter wegen eines Ausreiseantrags verhaftet wird, in die Mühlen der Umerziehungseinrichtungen der DDR gerät, mit einem unglaublich dichten Spiel. Genau wie Soriana Afonina: Als Gonzo holte sie mit scheinbar grenzenloser Energie alles aus ihrer Rolle heraus. Nicht minder intensiv zeigte sich Nele Hagmann, die als Tom eine große emotionale Bandbreite offenbarte.

So gelang es den drei Darstellerinnen, ihre Verzweiflung, die Demütigungen und Misshandlungen direkt in die Herzen des Publikums zu transportieren. Es ist schon schwierig, die Protagonisten einer Geschichte glaubwürdig zu spielen, aber bei den Antagonisten ist es eine Kunst für sich. Hier zeigten Noah Lackner (Ronny/Herr Nitzschke) als Aufseher und Julia Edinger (Frau Gabler/Frau Feist) als Aufseherin im Jugendwerkhof Torgau eine Leistung, die mit „meisterhaft“ nicht übertrieben bewertet ist.

Jugendliche zeigen große schauspielerische Leistung

Menschen zu verkörpern, die kalt und emotionslos keine Probleme damit haben, Kinder und Jugendliche unter dem Deckmäntelchen der Fürsorge psychisch und physisch zu misshandeln, ist etwas, das sich bei freundlichen Menschen so gegensätzlich zum eignen Wesen verhält, dass selbst Profis mitunter daran scheitern.

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen die vielen Nebencharaktere, die sich als wichtige Bindeglieder für das Stück erwiesen. Anja Dombaj (Frau Falkner/Simone/Daniela), Eren Ehmann (Rico/Frau Dobel), Stina Schmidt (Mascha/Frau Wieland), Lasse Schmidt (Charlie), Mareike Walter (Elin/Doreen), Natalie Dauth (Kilian) und Michael Davidovski (Stasi/Olaf) überzeugten hierbei allesamt in ihren Rollen.

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