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Monate im Voraus ausverkauft

Wie ein 80er-Jahre-Musical zum Hit am Sandkorn-Theater in Karlsruhe wurde

So viel Zuspruch wie noch nie verzeichnet das „Sandkorn“-Theater Karlsruhe mit dem Musical „Mit Vollgas in die 80er“. Auch andere Bühnen punkten mit Musik.

Die Schauspielerin Vivien Andrée in einer Szene des Musicals „Mit Vollgas in die 80er“ am Karlsruher Theater „Das Sandkorn“.
Der Erfolg des Musicals „Mit Vollgas in die 80er“ (Szene mit Vivien Andrée) hat das Team am Karlsruher Theater „Das Sandkorn“ selbst überrascht. Zusatztermine einzurichten war gar nicht so einfach. Foto: Ingo Cordes

„Wir hatten zwar geahnt, dass die 80er-Jahre ein Thema sind, das die Leute interessiert“, sagt Daniela Kreiner. „Aber dass uns die Tickets derart aus den Händen gerissen werden, das haben wir noch nie erlebt.“

Daniela Kreiner ist Geschäftsführerin am Karlsruher Theater „Das Sandkorn“. Dort läuft seit Ende September das Musical „Mit Vollgas in die 80er“. Und das hat sich zum erfolgreichsten Stück entwickelt, seitdem das Sandkorn im Dezember 2017 nach einer Insolvenz mit neuer Struktur und neuer Leitung neu gestartet ist.

Natürlich hätten wir gern die Zauberformel.
Erik Rastetter
Leiter „Das Sandkorn“ Karlsruhe

Was ist das Erfolgsgeheimnis? „Das wüssten wir auch gern“, sagt Erik Rastetter, künstlerischer Leiter des Theaters. „Natürlich hätten wir gern die Zauberformel, um so etwas auch wiederholen zu können.“

Schon vor 80er-Revue gab’s Musik am „Sandkorn“ Karlsruhe

Nun ist es nicht die erste musikalische Produktion des Privattheaters, die sich auf eine Ära oder Zeitläufte fokussiert. Schon das Stück „1968 – Als der Planet Feuer fing“, das 2018 Premiere hatte, verzeichnete starken Zulauf. Gleiches galt für den Nachfolger „Summertime“, mit dem eine musikalische Zeitreise durch ein Jahrhundert von 1919 bis 2019 geboten wurde.

Was jetzt passiert ist, hat eine andere Dimension.
Daniela Kreiner
Geschäftsführerin „Das Sandkorn“

„Was jetzt passiert ist, hat aber eine andere Dimension“, sagt Kreiner. Wenn an diesem Montag die letzte Vorstellung der laufenden Saison zu Ende geht, dann schlagen 47 Aufführungen in rund sechs Monaten zu Buche. Nahezu alle waren bereits Wochen, teilweise sogar Monate im Voraus ausverkauft.

Schon für Dezember Karten für „Mit Vollgas in die 80er“ verkauft

Und damit nicht genug: Selbst bei der Wiederaufnahme-Staffel im Spätherbst gibt es für die ersten sechs Termine vom 29. November bis 9. Dezember schon jetzt kaum noch Tickets. Besser stehen die Chancen bei acht weiteren Terminen vom 14. bis 30. Dezember, für die der Vorverkauf bereits läuft. Von Januar bis März 2025 seien weitere 24 Aufführungen geplant, kündigte das Sandkorn nun an.

Sucht man nach den Gründen für den Erfolg, dann ist es wohl eine Mischung aus unterschiedlichen Faktoren, die sich glücklich gefügt haben. Im Gegensatz zu „1968“ und „Summertime“ werden die Songs diesmal nicht mit Klavierbegleitung interpretiert, sondern mit einer kompletten Band.

Neben den populären Songs von „99 Luftballons“ bis „Carbonara“ sieht Rastetter auch das vierköpfige Ensemble als Glücksfall: „Wir haben Akteure, die Charisma auf die Bühne bringen und alles mit einem Augenzwinkern präsentieren“, sagt Rastetter.

Opernsängerin als Rockröhre im „Sandkorn“ Karlsruhe

Heimlicher Star der Show ist die Opernsängerin Rebecca Raffell, die enorme Rockröhren-Qualitäten auffährt. Sie spielt die frühere Band-Leadsängerin Katrin, deren Tochter Julia (Vivien Andrée) sie überreden will, noch einmal mit ihrem einstigen Gesangspartner Jan (Ralph Hönicke) aufzutreten. Denn Julias Freund Patrick (Florian Kondur) will einen legendären Musikclub aus dem Dornröschenschlaf wecken.

Die Handlung des selbst entwickelten Stücks (Konzept: Günther Knappe und Erik Rastetter, Regie: Karsten Engelhardt) ist freilich vor allem Anlass, möglichst viele bekannte Hits jener Zeit unterzubringen.

Was in der Planung kein Selbstläufer war. „Die Auswahl war hart“, sagt der musikalische Leiter Paul Taube. „Es sollte ja nicht um ein Potpourri unserer persönlichen Lieblingssongs gehen. Wichtig war, dass die Musik eine Dramaturgie ergibt, die das Publikum direkt abholt.“

Deshalb sei auch die Detailarbeit an den Originalsounds wichtig gewesen: „Die Songs laufen ja immer noch im Radio, deshalb hat da jeder jede Note im Ohr.“

Zusatz-Termine sind nicht so einfach zu planen

Bleibt die Frage: Wenn der Publikumszuspruch so groß ist, warum wird das Stück dann nicht einfach in dieser Saison noch weiter gespielt? „Ganz so einfach lässt sich ein Spielplan nicht organisieren“, sagt Geschäftsführerin Kreiner.

Mit insgesamt neun Mitwirkenden – neben dem Ensemble gibt es eine fünfköpfige Live-Band – sei die Produktion für Sandkorn-Verhältnisse überdurchschnittlich aufwendig. Eine allzu optimistische Terminplanung hätte aufgrund der Gagen wirtschaftlich riskant werden können. Nun mussten erst passende Termine gefunden werden, da alle Beteiligten als frei schaffende Künstler auch andere Engagements haben.

Kammertheater Karlsruhe punktet schon länger mit Musik

Wer in der bisherigen Aufführungsstaffel keine Karten bekommen hat und nicht bis November auf einen Theaterabend mit viel Musik warten möchte, kann im Kammertheater Karlsruhe fündig werden. Dort hat der von 2012 bis 2022 amtierende Intendant Ingmar Otto die Zugkraft musikalischer Produktionen bereits etabliert.

Der bislang langfristigste Dauerbrenner war das 2017 herausgekommene Stück „Show must go on“ über das Leben und die Musik von Queen-Sänger Freddie Mercury.

Aktuell noch zu sehen ist Ottos 2020 entstandene Inszenierung „Bed of Roses“ über ein Klassentreffen, für das sich eine frühere Schulband mit Songs von Bon Jovi, Nirvana, Green Day und anderen Rockstars wieder zusammentut (noch bis 14. April). Abgelöst wird das Stück durch die zweite Staffel der Meat-Loaf-Hommage „Heaven can wait“ (17. April bis 5. Mai).

Staatstheater Karlsruhe zeigt Klassiker als Musical

Und auch am Badischen Staatstheater gilt: Mit Musik geht alles besser. Mit Anna Bergmanns Inszenierung von „Romeo und Julia“ bespielt das Schauspiel in dieser Saison das ansonsten der Oper vorbehaltene Große Haus.

Dem Zuspruch dürfte es sicher nicht abträglich gewesen sein, dass Spartendirektorin Bergmann den Shakespeare-Klassiker als Musical eingerichtet hat. Und auch dort brilliert eine ausgebildete Opernstimme: Frida Österbergs Darbietung als Julia allein wäre schon das Eintrittsgeld wert.

Service

„Mit Vollgas in die 80er“ wieder ab 29. November am Theater „Das Sandkorn“, www.das-sandkorn.de.
Musikalische Stücke am Kammertheater Karlsruhe: „Bed of Roses“ 10. bis 14. April, „Heaven can wait“ 19. April bis 5. Mai, „Abba – Waterloo im Bällebad“ ab 21. Juni. www.kammertheater-karlsruhe.de.
Am Badischen Staatstheater läuft „Romeo und Julia“ noch am 28. April und zum Saisonabschluss am 21. Juli. www.staatstheater.karlsruhe.de.

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