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Aktueller Stand

Hochwasserrückhalteraum Elisabethenwört: Deshalb wollen Gemeinden dagegen klagen

90 Millionen Euro soll der neue Hochwasserrückhalteraum auf Elisabethenwört kosten. Warum stößt das Projekt auf Ablehnung und was ist der Stand der Dinge?

Elisabethenwört: Die Luftaufnahme zeigt die Insel und ihre Vegetation.
Elisabethenwört: Die Luftaufnahme zeigt die Insel und ihre Vegetation. Foto: Regierungspräsidium Karlsruhe

Die Dammrückverlegung auf Elisabethenwört beschäftigt seit acht Jahren die Dettenheimer und Philippsburger. Nun soll das Hochwasserschutzprojekt in die nächste Runde gehen.

Das Regierungspräsidium kündigt an, die Planfeststellung für den Bau eines Rückhalteraums in der Variante der „Kleinen Dammrückverlegung“ zu beantragen.

Kleine Dammrückverlegung in Rußheim.
Kleine Dammrückverlegung in Rußheim. Foto: BNN

Bei einer Infoveranstaltung in Dettenheim-Rußheim kam dieser Vorstoß bei den meisten Besuchern nicht gut an. Bürgermeister Stefan Martus (Uli) aus Philippsburg kündigte sogar öffentlich ein Gerichtsverfahren an.

Was hat es mit dem Projekt und dem Konflikt auf sich? Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen zum Stand der Dinge.

Worum geht es?

Das Vorhaben des Landesumweltamts soll dem Hochwasserschutz dienen. Der Plan ist, den Damm in Richtung der Gemeinden Philippsburg und Dettenheim zurückzuverlegen. Elisabethenwört ist einer von 13 Rückhalteräumen des Integrierten Rheinprogramms in Baden-Württemberg. Die Rückhalteräume sollen der Verbesserung des Hochwasserschutzes am Oberrhein dienen. Somit soll der neue Rückhalteraum nicht zwingend die Gemeinden vor Ort schützen, sondern soll auch Hochwasser an anderer Stelle am Rhein verhindern.

Was ist bisher passiert?

Das Projekt beschäftigt das Land und die Gemeinde seit dem Jahr 2015. Ursprünglich standen drei Varianten zur Auswahl. Eine große Variante, bei der vorgesehen war, dass der Damm noch näher an die Gemeinde gebaut wird, eine mittlere Variante und die nun bevorzugte kleine Variante. Außerdem wurde über einen Polder diskutiert. Mit dem könnten der Zufluss des Wassers auf die Insel wie mit einem Tor gesteuert werden. Die Gemeinde setzt sich für diese Variante ein. Auch eine Bürgerinitiative hat sich dafür gebildet. Die Flutkatastrophe an der Ahr hat dem Thema Hochwasserschutz 2021 zudem neue Bedeutung zugemessen.

Wie ist der Stand der Dinge?

„Es geht nicht mehr darum Anregungen zu geben“, stellt die Moderatorin Ivonne Knapstein zu Beginn des Infoabends in Rußheim fest. Das folgende Gemurmel unter den Besuchern macht klar: Zufrieden sind die Dettenheimer damit nicht. Vertreter des Regierungspräsidiums Karlsruhe stellen den Stand der Dinge vor. Die kleine Dammrückverlegung wird ohne Polder geplant. Begründung: Auch bei der Variante eines gesteuerten Polders wären ökologische Flutungen erforderlich, um die naturschutzfachlichen Vorgaben zu erfüllen. Durch die Flutung des Geländes soll eine Auenlandschaft entstehen.

Wie reagiert die Politik vor Ort auf diesen Vorstoß?

Dettenheims amtierende Bürgermeisterin Ute Göbelbecker (Freie Wähler) zeigt sich in ihrer Ansprache unzufrieden mit dem aktuellen Entwurf. Philippsburgs Bürgermeister Martus wird noch eindeutiger. Er verweist auf ein Gespräch mit Regierungspräsidentin Sylvia Felder und Referatsleiter Armin Stelzer und sagt: „Leider wird das Regierungspräsidium nach wie vor die politisch festgelegte Dammrückverlegung E-Wörth ins Antragsverfahren bringen und damit ein langwieriges Gerichtsverfahren in Kauf nehmen.“ Auch der neugewählte Dettenheimer Bürgermeister Frank Bolz (CDU) unterstützt diesen Schritt.

Was soll das Projekt kosten und wie ist der Zeitplan?

Es handelt sich um eine Fläche von 400 Hektar, die Platz für 11,9 Millionen Kubikmeter Wasser bietet. Der alte Damm wird an zwei Stellen abgetragen, damit Wasser auf die Insel Elisabethenwört fließen kann. Der neue Damm wird 4,4 Kilometer lang. Der ganze Bau soll fünf Jahre dauern und 90 Millionen Euro kosten. Auf der Insel entsteht zudem ein Schlutensystem. Das kann man sich wie Kanäle vorstellen, die das Wasser durch die Insel leiten und ableiten.

Welche Kritik gibt es an dem Projekt?

„Eigentlich sind wir gar nicht so weit weg von dem, was wir wollen“, sagt Roland Lay von der Bürgerinitiative Rußheimer Altrhein. Es geht ihnen vor allem um die Polder, die den Zufluss des Wassers auf die Insel steuern könnten. Da der zweite Damm sehr nah an Rußheim ist wolle man verhindern, dass das Wasser ungesteuert gegen den Damm drückt. Außerdem sei es gegebenfalls sinnvoll, die Polder zu schließen, wenn ein Hochwasser im Anmarsch ist, damit diese erst geöffnet werden, wenn das Wasser vor Ort ist und die Insel nicht vorher schon voll Wasser steht.

Welche weiteren Sorgen haben die Bürger?

Einige Besucher der Veranstaltung haben Sorge vor einer Schnakenplage. Sie vermuten, dass das Wasser durch die Schluten nicht abläuft und so ein stehendes Gewässer entsteht. Auch die Notwendigkeit von Brunnen stößt auf Kritik. Durch den Rückhalteraum könnte das Grundwasser steigen, deswegen werden Brunnen in Rußheim geplant. Brunnen mit Pumpen sollen der Grundwassererhaltung dienen. Das verbrauche unnötig Energie, so eine der Besucherinnen. Manche Besucher kritisieren auch, dass durch die Flutung wertvolle Ackerfläche verloren geht.

Wie war die Resonanz zur Veranstaltung?

Regierungspräsidentin Sylvia Felder ist zufrieden mit der Veranstaltung, mit der anhaltenden Kritik an dem Projekt hat sie gerechnet. Sie ist froh, dass nun nochmal die Möglichkeit zum Austausch besteht. Dafür sei das Format mit den Infoständen am besten geeignet, meint auch Referatsleitung Armin Stelzer. Die Bürger hingegen haben teils das Gefühl, dass extra keine Stühle hingestellt wurden, damit die Veranstaltung schnell endet.

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