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Schwarzwild und Co.

Was im Herbst im Karlsruher Norden gejagt wird

Immer häufiger dringen Wildschweine in die Städte vor und durchwühlen auch mal Vorgärten. Jäger aus der Region nördlich von Karlsruhe sprechen über die Situation in den Revieren.

Jäger legt an
Für einen sicheren Schuss: Jäger Achim Oberacker aus Dettenheim demonstriert die Anwendung des Pirschstocks, der seinem Bergstutzen eine stabile Auflage verschafft. Foto: Jürgen Hotz

„Die Prävention der Afrikanischen Schweinepest (ASP) und Zuwachsraten von bis zu 300 Prozent bei Wildschweinen führen seit Jahren dazu, dass Schwarzwild das ganze Jahr zum Abschuss freigegeben ist“, sagt Thomas Geiger, Jäger aus Stutensee-Friedrichstal. Ausnahme Mutterschutz: Bachen, die Frischlinge führen, dürfen nicht geschossen werden.

Früher, nach 1945, sei die Brut- und Setzzeit im Frühjahr bis April gewesen, die Hauptjagdzeit ab September. Und es sei viel Niederwild bejagt worden. „Doch schon in den 1980er Jahren gab es kaum noch Fasane, Hasen und Karnickel“, so Geiger.

Das Ausbleiben harter Winter sowie der Anbau von Monokulturen wie Mais in der Landwirtschaft seien Gründe für die Schwarzwildplage. „Extreme Trockenheit führt zu einem Mastjahr, in dem die Bäume extrem treiben.“ Die Folge seien massenhaft Eicheln und Bucheckern – noch mehr Futter für die Schwarzkittel.

Wildfleisch ist kein Biofleisch

Geigers Revier verläuft im Hardtwald bis zum Karlsruher Schlosspark, wo er auch Rehwild schießt. „Wildfleisch ist qualitativ das natürlichste Fleisch, das es gibt“, ist er überzeugt. Trotzdem dürfe es nicht Biofleisch genannt werden, da sich „bio“ über das Futter zertifiziere. Niemand könne nachweisen, ob das Wildschwein auch nur Biomais gefressen habe.

Eine Quote habe er als Jäger nicht zu erfüllen. Jagdpächter hingegen erhielten geregelt durch die Verordnung Rehwildbewirtschaftung ohne behördlichen Abschussplan (RobA) in regelmäßigen Abständen forstliche Gutachten, in denen der Verbiss pro Fläche festgehalten sei.

Daraus erwachse, wie viel Rehwild im Revier sein dürfe. Als Faustregel zur Feststellung der Anzahl gelte: „Zähl die Rehe, die du siehst. Die doppelte Menge hast du dann.“

Wildschweine ohne natürliche Feinde

„Reviere mit 1.000 Hektar – das war einmal. Heute bewegen sie sich zwischen 200 und 250 Hektar – zu klein für Wildschweine, weshalb sie häufig das Revier wechseln, in die Stadt vordringen und auch mal Vorgärten umwühlen“, erklärt Geiger.

Durch die selektierte Jagd entstehe kontrovers diskutierter Jagddruck: „Ein Wildschwein, das älter als zwei Jahre ist, gibt es nicht.“ Doch fehlten die natürlichen Feinde. Jäger sorgten für das Gleichgewicht. Allerdings nehme die Zahl der Jäger zu – bis zu 180 pro Jahr. Seit Corona seien vor allem auch online ausgebildete Jäger hinzugekommen, aber: „Eine gehörige Portion Praxis gehört dazu.“

Bei der Ansitzjagd stirbt das Tier ohne Stress.
Thomas Geiger, Jäger aus Stutensee

Qualitative Unterschiede beim Fleisch entstehen auch durch die Jagdart: „Bei der Drückjagd, bei der die Tiere im Wald aufgescheucht werden, verändert Adrenalin den Geruch des Fleischs und seine Farbe Richtung gräulich-grünlich“, sagt Geiger. „Bei der Ansitzjagd dagegen fällt der Schuss und das Tier stirbt ohne Stress.“

„Hauptsächlich Schwarzwild gemäß ASP, weibliches Rehwild und Kitze“, sagt Achim Oberacker aus Dettenheim in voller Montur mit Fernglas und Gewehr, Messer, Stirnlampe und Windprüfer am Fuß seines Hochsitzes. Sein Revier erstreckt sich über gut 240 Hektar vom Klärwerk bis zum Rheindamm und Alt-Dettenheim.

„Wenn mehrere Tiere auf die Lichtung zum Äsen treten, gucke ich, welches schwach ist. Ein verschmierter Spiegel (Hinterteil) deutet auf Durchfall, das Tier schieße ich dann.“ Oberacker trifft gemäß RobA anhand der vorgefundenen Rahmenbedingungen eine Zielvereinbarung zur effektiven Bejagung des Rehwilds.

Auch Nutrias werden geschossen

Nutrias, die sich am Ufer von Bächen aufhalten und bis zu zehn Kilo wiegen können, schieße er auch: „Die unterwühlen die Ufer. Wege können dadurch einbrechen. Außerdem fressen sie Mais- und Getreidefelder ab.“

Jagddruck sehe er eher bei Spaziergängern, die sich nicht an die Wege hielten und gedankenlos ihre Hunde von der Leine ließen. Höflich darauf angesprochen, werde oft gepöbelt, als seien sie im Recht. „Ein Rottweiler ist kreuz und quer über die Felder gerannt, am Ende fand ich mehrere tote Junghasen“, erzählt Oberacker. „Das ist eigentlich Wilderei.“

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