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Digitalisierung im Gesundheitswesen

Ärztin aus Linkenheim-Hochstetten sieht Chancen in elektronischer Patientenakte

Bei der Einführung des E-Rezepts gibt es noch Probleme. Die elektronische Patientenakte bringt nach Einschätzung einer Ärztin aus Hochstetten viele Vorteile.

Die Kunden von Matthias Wever in Linkenheim-Hochstetten kommen mit den E-Rezepten gut zurecht und nutzen zur Einlösung eher die Gesundheitskarte als die App.
Die Kunden von Matthias Wever in Linkenheim-Hochstetten kommen mit den E-Rezepten gut zurecht und nutzen zur Einlösung eher die Gesundheitskarte als die App. Foto: Pia Frei

Seit Jahresbeginn ist es offiziell. Das rosafarbene Papier-Rezept für verschreibungspflichtige Medikamente wurde vom elektronischen Rezept abgelöst. Die Praxis sieht anders aus. Noch kommen in Linkenheim-Hochstetten fünf von sechs Kunden mit einem Papier-Rezept in die Linco und Hardt Apotheken von Matthias Wever.

Stellt der Arzt ein sogenanntes E-Rezept aus, nutzen die meisten Patienten aktuell ihre Gesundheitskarte zum Einlösen. Auf die E-Rezept-App greifen nur Wenige zurück. „Bislang kann ich die Anzahl der E-Rezepte, die wir über die App erhalten haben, noch an einer Hand abzählen“, sagt Wever.

Wer die App nutzen möchte, kann sie sich von den App Stores oder der gematik-Webseite auf sein Smartphone herunterladen. Daneben braucht es eine ID-App und einen PIN von der Krankenkasse zur Identifizierung.

Mit der App können weitere Funktionen genutzt werden: Rezepte archivieren, auf Informationen zu Medikamenten und Wechselwirkungen zugreifen oder Medikationserinnerungen einstellen.

Apothekenbesuch direkt nach Arzttermin hat mit E-Rezept seine Tücken

„Der Kunde kann in der App unsere Apotheke anklicken und das Rezept an uns übertragen“, so Wever. „Wird es gewünscht, liefern wir über unseren Bringservice, ohne dass jemand bei uns persönlich vorbeikommen muss.“

Ob Gesundheitskarte oder App, der unmittelbare Apothekenbesuch nach dem Arzt ist beim E-Rezept nicht immer möglich. „Das E-Rezept ist für uns nur dann abrufbar, wenn es vom Arzt elektronisch signiert wurde“, erklärt Wever. „Es kam schon vor, dass wir die Gesundheitskarte eingelesen haben, aber noch kein Rezept im System vorhanden war.“

Elektronische Rezepte sollen nach jahrelangen Verzögerungen 2024 den Durchbruch schaffen und zum Standard für Millionen Patientinnen und Patienten werden.
Elektronische Rezepte sollen nach jahrelangen Verzögerungen 2024 den Durchbruch schaffen und zum Standard für Millionen Patienten werden. Foto: Fabian Sommer/dpa

Zum einen könne es zu Verzögerungen bei der Übertragung kommen, zum anderen würden Ärzte auch sogenannte Stapelsignaturen veranlassen, bei denen eine Vielzahl von E-Rezepten gleichzeitig freigegeben werden.

Grundsätzlich kann ein Patient von seinem Arzt verlangen, dass er das E-Rezept als Ausdruck mit Barcode erhält. Linda Mandel, Fachärztin für Allgemeinmedizin der Praxis Hochstetten, zweifelt allerdings an der Sinnhaftigkeit.

Ärztin aus Linkenheim-Hochstetten sieht viele Vorteile in elektronischer Patientenakte

„In diesem Falle bringt die Digitalisierung nichts. Wir haben doppelte Arbeit, versenden digital und drucken zusätzlich aus.“ Auch unter Umweltaspekten sei dieses Vorgehen nicht empfehlenswert.

Die klassischen rosa Papier-Rezepte kommen weiterhin bei Pflegeheimen zum Einsatz. Denn nur so können Rezepte gesammelt an die Apotheke gegeben und die verschriebenen Medikamente von dieser an das Pflegeheim geliefert werden. Auch bei Hausbesuchen wird weiter auf Papier gesetzt.

Für die im Januar neu eröffnete Praxis Hochstetten ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen zukunftsweisend, auch bei der Patientenakte. „Eine elektronische Patientenakte würde die Behandlungsqualität stark verbessern. Es kostet immens viel Zeit in den Kliniken nachzufragen, was hat der Patient, welche Medikamente nimmt er ein, was wurde an Vordiagnostik bereits gemacht“, so Mandel.

„Wir machen heute noch viele Doppeluntersuchungen, nur weil Berichte nicht digital zugänglich sind.“ Neben Online-Termin-Vereinbarungen werden in Hochstetten bereits die Anamnese vor dem Erstbesuch und die Vereinbarungen zum Datenschutz von den Patienten zu Hause mit dem Computer erledigt. Alternativ stehen Tablets in der Praxis zur Verfügung. Falls nötig, kann aber auch auf die klassische Papiervariante zurückgegriffen werden.

Expertin für Seniorenhilfe kritisiert Umsetzung beim E-Rezept

Ankica Herzog, Inhaberin von Help & Clean, findet die Grundidee der E-Rezepte gut, die Umsetzung allerdings mangelhaft. Mit ihrem Unternehmen unterstützt sie Senioren bei der Bewältigung ihres Alltags.

„Ältere Menschen sind mit digitalen Medien oft überfordert. Krankenkassen schicken Schreiben mit QR-Codes, obwohl unsere Kunden noch nicht einmal ein Smartphone besitzen.“ Informationen zu E-Rezepten habe es im Vorfeld gar nicht gegeben.

E-Rezept kann erneute Wege zum Arzt ersparen

Dennoch überwiegen beim E-Rezept wohl die Vorteile. Es vereinfache administrative Abläufe in den Arztpraxen, so dass mehr Zeit für die Versorgung der Patienten vorhanden sei. Die Rezepte würden bei der Erstellung auf formale Richtigkeit überprüft. Rückfragen seitens der Apotheker wären somit weniger oft notwendig.

Sind in der Apotheke verordnete Medikamente vergriffen, könne vom Arzt digital ein anderes verschrieben werden. Patienten würden sich bei Folgerezepten im gleichen Quartal den erneuten Weg zum Arzt ersparen. Verfügen sie über die App, könne sogar der Weg zur Apotheke entfallen und das Medikament mit dem Bringservice nach Hause geliefert werden.

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