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Frühzeitiges Geräuschtraining

Silvester-Feuerwerk sorgt für Stress bei Tieren: Weingartener Kleintierzentrum gibt Haltern Tipps

Die Silvesterknallerei führt bei manchen Hunden, Katzen, aber zum Beispiel auch bei Hühnern zu Panik bis hin zu Traumata.

Steffi Golz vom Tierheim Karlsruhe hätte am liebsten ein  Böllerverbot rund um das Tierheim. Bei besonders ängstlichen Tiere kann eine medikamentöse Beruhigung sinnvoll sein. Das sollten Tierhalter jedoch rechtzeitig abklären.
Steffi Golz vom Tierheim Karlsruhe hätte am liebsten ein Böllerverbot rund um das Tierheim. Bei besonders ängstlichen Tiere kann eine medikamentöse Beruhigung sinnvoll sein. Foto: Johanna Fischerbauer

In wenigen Tagen knallt es wieder. Die Feuerwerkskörper an Silvester sind für viele Menschen eine schiere Freude, für Tiere jedoch eher eine Schreckenserfahrung.

„An Silvester lauern leider gleich mehrere Gefahren auf unsere Vierbeiner“, sagt Manuela Bencec, die Inhaberin einer Tierarztpraxis in Linkenheim-Hochstetten. Sie weist auf die Verletzungsgefahr durch Feuerwerkskörper hin und auf Panik, die bis hin zu psychischen Traumata führen kann.

Feuerwerkskörper können das Jagdverhalten von Hund und Katze aktivieren

Jule Geiger, Tiermedizinische Fachangestellte des AniCura Kleintierzentrums Weingarten, betont die Gefahren durch Fluchtunfälle: „Sowohl für Wild- als auch für Haustiere. Wildtiere laufen häufig verwirrt und panisch auf die Straße.“ Bei Hunden und Katzen aktivierten die Feuerwerkskörper oftmals das Jagdverhalten, sagt sie. Das könne zu Verletzungen durch Feuerwerkskörper führen.

Geiger empfiehlt deshalb, Katzen am Silvestertag frühzeitig nicht mehr aus dem Haus zu lassen. Kaninchen, Meerschweinchen, Hühner und ähnliche Kleintiere sollten im Stall bleiben. Dem Hund könnten Halter im Haus eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Das beinhalte etwa geschlossene Rollläden, einen laufenden Fernseher oder die Schleckmatte. Ansonsten gelte: „Nicht erst an Silvester an Silvester denken und Geräuschtraining frühzeitig starten.“

Wichtig für Silvester mit Tieren: Prävention statt Reaktion

Das spricht auch Manuela Bencec an. Wenn Hunde- und Katzenbesitzer bereits einige Wochen vor Silvester beginnen, im Haus Aufnahmen von Feuerwerk abzuspielen, habe das Tier eine Möglichkeit, sich an die Geräusche zu gewöhnen. Bencec rät davon ab, das Tier zu trösten. „Damit bestärken Sie sein ängstliches Verhalten und verschlimmern die Situation.“ Unterstützend wirkten hingegen Pheromonsprays und Thundershirts.

Bei besonders ängstlichen Tiere hält Bencec eine medikamentöse Beruhigung für sinnvoll. Das sollten Tierhalter jedoch rechtzeitig mit dem jeweiligen Hausarzt abklären. Nach ihrer Erfahrung kommt es häufig vor, dass Besitzer sich zu spät darum kümmern. Dann kämen manche Medikamente nicht mehr infrage. Denn: „Einige sollten bereits einige Tage vor Silvester verabreicht werden.“

Allgemein gilt laut Bencec Prävention statt Reaktion: „Wenn man ein junges Tier hat, das sein erstes Silvester erlebt, ist es sehr wichtig, dass dieses mit positiven Erinnerungen verknüpft wird.“ Sollte das Erlebnis einmal negativ behaftet sein, werde die Angst oft von Jahr zu Jahr schlimmer. Wenn Kunden an Silvester zu Bencec in die Praxis kommen, gehe es meist um Angstzustände der Tiere. „Es werden aber auch entlaufene Tiere vorgestellt, die sich verletzt haben.“

Ein geplantes Feuerwerk pro Gemeinde sollte absolut ausreichen und würde vielen Tieren große Angst ersparen.
Jule Geiger
Tiermedizinische Fachangestellte

Bei Jule Geiger in Weingarten kommen „nicht besonders häufig, aber immer mal wieder“ Patienten zu Silvester. Sie schätzt, dass ein Großteil ihrer Patienten an diesem Tag unter Stress und Todesangst leidet. Deshalb spricht sie sich für ein Böllerverbot aus. „Ein geplantes Feuerwerk pro Gemeinde sollte absolut ausreichen und würde vielen, vielen Tieren große Angst und manchen den Tod ersparen“, sagt sie. Vor allem Vögeln und Wildtieren.

Böller an Silvester sorgen für Stress der Tiere im Karlsruher Tierheim

Das sieht auch Steffi Golz vom Tierheim Karlsruhe kritisch. Sie wünscht sich deshalb ein Böllerverbot rund um das Tierheim. Schwerwiegende Vorfälle habe es dort bisher noch nicht gegeben. „Da das Tierheim zum Glück eher am Ortsrand liegt, ist die Böllerei hier nicht ganz so heftig wie in der Innenstadt“, sagt sie. Sie mache sich trotzdem Sorgen um den Stress für die Tiere.

Auch deshalb schaue ein Mitarbeiter am Silvesterabend im Tierheim nach dem Rechten. Er sorge dafür, dass alle Hunde im Innenbereich eingesperrt sind und die Klappe für die Katzen geschlossen ist. Das unterscheide sich jedoch wenig von anderen Abenden. Deshalb sei das für die Hunde nichts Besonderes. Im Tierheim greife man nach Bedarf auf medikamentöse Hilfe zurück. Hunde, die besonders gestresst sind, bekommen über diese Tage etwas Homöopathisches oral verabreicht.

Ohrenschutz gegen Reizüberflutung bei Hunden ist möglich

Ihre Empfehlung für Hundehalter ist es, schon Stunden zuvor nicht mehr ohne Leine mit dem Hund spazieren zu gehen. „Auch hier beginnt oft schon mehr oder weniger die Knallerei“, warnt sie. Besser sei es, das Tier mit Leine und Geschirr zu sichern. Das betreffe vor allem Hunde, die besonders große Angst vor den Böllern haben.

Helfen verdunkelte Fenster, die Schleckmatte oder ähnliche Mittel nicht mehr vor der Reizüberflutung, hat Golz einen Extratipp parat: „Man kann bei manchen Hunden auch die Ohren mit gewissen Hilfsmitteln abdecken, damit sie den Lärm weniger wahrnehmen.“

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