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Mit eigener Schlachtung

Ehemaliges Stutenseer Gasthaus „Sonne“ prägte Spöck fast 200 Jahre lang

Die Spöcke „Sonne“ war aus einer einfachen Straußwirtschaft hervorgegangen. Das heutige Wohnhaus hat eine bewegte Geschichte.

„Sonne“ in Spöck
Beliebte Dorfwirtschaft: Bereits 125 Jahre war die „Sonne“ in Spöck in Betrieb, als dieses Foto 1910 entstand. Den Namen trug die frühere Straußwirtschaft allerdings erst seit 1827. Foto: Heimat- und Kulturfeunde

Im Juni 1980 schloss in der Spöcker Spechaastraße die „Sonne“ nach dem Tod von Wirt Hermann Hofheinz. Er hatte sie 1950 mit der Metzgerei von Familie Hilpp übernommen und führte sie ab 30. September mit seiner Frau Johanna. In den Ortsnachrichten war damals zu lesen, dass die Eheleute bemüht seien, den guten Ruf der „Sonne“ weiter zu pflegen.

In ihrer Anzeige empfahlen sie sich mit Sinner-Bier sowie guten Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Schlachtung. Hofheinz ging bei Hilpps in die Lehre und legte dann seine Meisterprüfung im Metzgerhandwerk ab.

Spöck „Sonne“
Nach Schließung 1980 wurde der Gastraum der Spöcker „Sonne“ zu Wohnzwecken umgebaut. Die Pforte zum früheren Lokal in der Spechaastraße wurde geschlossen. Foto: Alexander Werner

Erbaut wurde die „Sonne“ im Jahr 1774. 1785 wurde Ludwig Elser die einfache Straußwirtschaft verliehen. Eine Straußwirtschaft ist nicht das ganze Jahr über geöffnet. 1803 soll Christoph Paulus Wirt gewesen sein. Er heiratete 1803 die Tochter von Elsers Bruder, dem Löwenwirt Christoph Elser.

Einbrecher im Jahr 1823

Im April 1894 wurde für beide „Auswanderenden“ die Schuldenliquidation anberaumt. Definitiv Straußwirt war auch noch Paulus’ Bruder Georg Friedrich. In der Nacht vom 8. auf 9. Juli 1823 drang ein Einbrecher gewaltsam ins Haus ein. Er stahl Paulus einen ledernen Gurt mit 30 Gulden, ein Säckchen mit fast 20 Gulden und acht Hemden.

Noch zu Paulus’ Lebzeiten erhielt das Lokal 1827 das Schildrecht „Zur Sonne“ und durfte damit Reisende beherbergen. Vermutlich führte damals bereits sein Sohn Friedrich das Lokal. Nachfolger wurde ab 1848 sein Schwiegersohn Johann Philipp Fetzner, dann die Fetzners Karl Friedrich und Karl Ludwig. Im Juni 1871 beantragte Georg Friedrich Hofheinz die Konzession. Fünf Jahre nach seinem Tod versteigerten seine Erben im März 1885 das zweistöckige Wohn- und Wirtshaus mit seinen Nebenanlagen. Wirt wurde im Juli Adolf Süß.

Die „Sonne“ ging ins Eigentum der Seldeneck’schen Brauerei Mühlburg über, die 1897 eine Schlachtstätte beantragte. Ab Juli 1903 war Friedrich Wilhelm Hartmann und ab November 1905 Metzger Hermann Roth Wirt. Ihm wurde im Herbst 1809 das Gehöft gesperrt, weil unter seinen Schweinen die Rotlauf-Seuche ausbrach. Im März 1914 folgten die Eheleute August Grimm und im September 1920 Karl Merklein.

Erst kamen die Sozialdemokraten, dann die Nationalsozialisten

Wie im November 1924 versammelten sich nun Sozialdemokraten im Lokal. Am 17. Oktober 1925 gaben sie sich dort bei einer von 170 Landtagswahlveranstaltungen kämpferisch. Ziel war, „am bewährten Weimarer Kurs im Musterländle Baden auch ferner festzuhalten“. Am 7. März 1926 ging es bei einer Versammlung darum, ein Volksbegehren zur entschädigungslosen Enteignung der Fürsten zu unterstützen.

Im April 1927 fand sich Merklein unter den Preisstiftern beim Liedolsheimer Pferderennen. Einen Monat nach dem Konzessionsgesuch von Otto Leopold Hofheinz wurde im April 1931 Sonnenwirtin Rosa Merklein nach langem Leiden mit 44 Jahren tot im Bett aufgefunden.

Im September 1931 ersteigerte der Metzger Jakob Hilpp aus Bruchsal die „Sonne“ zum Preis von 17.400 Mark. Mit Konzession vom März 1932 führte Hilpp das Lokal mit seiner Frau Berta. Im Dezember 1933 tagte dort die NS-Gewerbeorganisation Hago. Im April 1937 gab eine große Trauergemeinde mit vielen Auswärtigen Hilpp das letzte Geleit. „Eintracht“ und „Liederkranz“ sangen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Ära Hofheinz

Vertreter der Metzgerinnung Bruchsal, der Sanitätskolonnen und der Wirte-Innung legten Kränze nieder. Im Mai 1938 bestand Sohn Wilhelm seine Meisterprüfung als Metzger. Er fiel im Zweiten Weltkrieg. Im Oktober 1949 warben die Pächter-Eheleute Helmut Wolf zu Kirchweih mit Unterhaltungsmusik.

Im Februar 1950 gab Familie Hilpp bekannt, dass sie die Wirtschaft mit Metzgerei wieder selbst übernommen habe. Nur rund ein halbes Jahr später begann dann die lange Ära von Hofheinz. Die Metzgerei gab er jedoch schon 1975 auf. Beliebt waren der Stammtisch und das zünftige Essen mit Höhepunkte zu Kirchweih. Im Lokal verkehrten auch Mitarbeiter vom Rathaus gegenüber.

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