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Weitere Personaluntergrenzen

So kämpfen regionale Kliniken, um alle Patienten versorgen zu können

Die Personaluntergrenzen in den Kliniken werden ab Januar 2020 auf weitere Stationen ausgeweitet. An den RKH-Kliniken des Landkreises Karlsruhe wurden die bereits bestehenden Untergrenzen, die seit Januar 2019 gelten, bisher immer erfüllt.

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Auf den Intensivstationen von Krankenhäusern gelten die Personaluntergrenzen schon seit Anfang des Jahres. Foto: Susanne Prautsch/dpa

Seit Januar gelten in deutschen Krankenhäusern Personaluntergrenzen für Intensivstationen sowie für Stationen der Kardiologie, Geriatrie und Unfallchirurgie. Damit soll eine bessere Betreuung der Patienten erreicht werden. In der Praxis führte dies aber auch dazu, dass Kliniken Betten nicht mehr belegen konnten oder ganze Stationen abmelden mussten, weil das Fachpersonal fehlt.

Ab 2020 will Gesundheitsminister Spahn diese Untergrenzen auf Herzchirurgie, Neurologie und die Schlaganfalleinheiten ausweiten. Unser Redaktionsmitglied Jörg Uwe Meller sprach mit Susanne Stalder, der Regionaldirektorin der Regionale Kliniken Holding (RKH) des Landkreises Karlsruhe, über die Auswirkungen auf die Krankenhäuser Bruchsal und Bretten.

Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit den Personaluntergrenzen?

Stalder: Wir waren selbst davon überrascht, dass wir die Untergrenzen bisher immer erfüllt haben. Wir müssen die Zahlen vierteljährlich an das InEK-Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus melden. Bislang haben wir die Untergrenzen jeden Monat eingehalten.

Haben Sie 2018 nach Ankündigung der ersten Personaluntergrenzen zusätzlich Personal eingestellt, um gegenzusteuern?

Stalder: Wir haben das überwiegend mit dem Personal geschafft, das wir bereits hatten. Hilfreich ist, dass wir die Vorgaben nicht tagesgleich einhalten müssen. Wir müssen im Schnitt die Schichten einhalten. Das heißt, man kann die eine oder andere Schicht auch mal „reißen“. Wir hatten uns das Ganze schwieriger vorgestellt, es ist aber immer noch schwierig genug.

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Susanne Stalder, die Regionaldirektorin der RKH-Kliniken des Landkreises Karlsruhe Foto: Arnd Waidelich

Wird die Lage in den Landkreis-Kliniken ab 2020 kritisch?

Stalder: Kritisch nicht, aber es erfordert immer Anstrengungen. Wir sind in der glücklichen Situation, dass wir den vereinbarten Stellenplan in der Pflege nach wie vor besetzt haben. Im Gegensatz zu vielen anderen Krankenhäusern bekommen wir immer noch Initiativbewerbungen. Auch profitieren wir sehr von unserer Pflegeschule der RKH Kliniken des Landkreises Karlsruhe. Wir freuen uns, dass regelmäßig zahlreiche Absolventen an unseren Klinikstandorten bleiben möchten. Somit können wir unsere frei werdenden Stellen jeweils großzügig im April und Oktober besetzen.

Ist die neue Verordnung gut für die Patienten?

Stalder: Sie kann Schwierigkeiten machen, weil man in manchen Situationen Patienten nicht aufnehmen sollte, wenn man die Vorgaben ganz eng auslegt. Wir nehmen sie auf, auch wenn es etwa auf der Intensivstation gerade nicht passt. Ein Notfall ist ein Notfall. Wir wollen uns nicht unterlassene Hilfeleistung vorwerfen lassen. Die Devise wurde von Professor Jörg Martin, dem Geschäftsführer der RKH-Kliniken, so festgelegt, weil wir nicht wollen, dass die Patienten unter der Verordnung leiden. Die Durchschnittsvorgaben haben wir bisher immer eingehalten.

Wie sieht es mit dem Pflegepersonal aus? Ist die Verordnung gut für die Pflegerinnen und Pfleger?

Stalder: Jein. Sie macht die Arbeit nicht unbedingt leichter. Was die Weiterentwicklung anbelangt: Die Zusage zu haben, dass die Stellen finanziert werden, wenn man sie besetzen kann – was wir Gott sei Dank können – ist gut. Wir haben also was davon. Wie das nächstes Jahr aussieht, kann ich noch nicht einschätzen. Da kommt ein ganz neues Finanzierungsmodell. Die Pflege wird aus dem G-DRG-System mit den Fallpauschalen ausgegliedert. Das wird sich wohl auf die Budgets der Krankenhäuser auswirken. Und das ist keine gute Entwicklung – wenn das wirklich so kommt. Man kann es noch nicht wirklich greifen.

„Schon bevor die Untergrenzen festgelegt wurden, haben wir am SRH Klinikum Karlsbad-Langensteinbach viele Maßnahmen ergriffen, um die Pflege im Sinne von Patienten und Mitarbeitern weiter zu stärken“, heißt es auf BNN-Anfrage aus dem Klinikum. „Bereits vor einem Jahr haben wir in konstruktiver Zusammenarbeit mit verdi den ersten Entlastungstarifvertrag in einer privaten Klinik abgeschlossen. Der Vertrag regelt den Aufbau zusätzlichen Personals in der Pflege und eine Mindestbesetzung bei Nachtdiensten. Insgesamt haben wir in den letzten zwei Jahren über 20 examinierte Pflegekräfte zusätzlich eingestellt. Damit die Fachkräfte ihre Arbeitszeit stärker auf die Patienten konzentrieren können, haben wir Stationsassistenzen und Stationshilfen für administrative Aufgaben eingestellt. Die Essensbestellungen übernehmen Servicekräfte. Die Ausbildung in der Pflege haben wir ausgebaut und attraktiver gestaltet. Die Anzahl der Ausbildungsplätze am Klinikum wurde von 100 auf 125 erhöht. Alle Maßnahmen haben wir ergriffen, obwohl die bestehenden Pflegeuntergrenzen für uns als spezialisiertes Fachkrankenhaus bisher nicht galten. Wir gehen davon aus, dass wir die gesetzlichen Anforderungen in den Bereichen, die uns betreffen werden, erfüllen werden. Wo wir nachjustieren müssen, werden wir das tun.“

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