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Selbstbewusstsein wächst Stein um Stein

Tamara Wegmer aus Stutensee-Staffort malt sich durch schwierige Zeiten

Es begann mit dem Bemalen von Steinen, um Menschen in der Corona-Pandemie eine Freude zu machen. Doch daraus wurde mehr. Inzwischen hat die Künstlerin aus Stutensee in sich entdeckt.

Tamara Wegmer präsentiert ihr allererstes Bild auf dem Weg in ihren neuen Werdegang
Tamara Wegmer präsentiert ihr allererstes Bild auf dem Weg in ihren neuen Werdegang Foto: Foto: Marianne Lother

Ein Sprichwort heißt: Das Leben sucht sich immer einen Weg. Auch dort, wo man es am wenigsten vermutet. Diese Erfahrung hat Tamara Wegmer aus Stutensee-Staffort deutlich gespürt. Im Jahr 2019 hat sie sich nach 27 Jahren von ihrem Ehemann getrennt. Im März 2020 starb ihr Vater, im Juni folgte ihre Mutter. Aus dieser Situation voll Leid und Trauer fand sie einen Ausweg. Sie begann zu malen.

„Mein Vater war ein richtig guter Hobbymaler“, erinnert sie sich. Er habe tolle Bilder gemalt und sich immer gewünscht, dass sie eines Tages in seine Fußstapfen trete. Er habe ihr eine Staffelei gekauft, aber sie habe zu dieser Beschäftigung keinen Zugang gefunden. Dann kam Corona. Die Menschen waren isoliert und durften keine Freunde treffen.

Plötzlich begegnete ihr im Internet die Idee, Steine zu bemalen und sie auf den Straßen auszulegen, um damit anderen Menschen eine Freude zu machen. Tamara griff die Idee gerne auf. Behutsam gestaltete die Betreuerin in der Kernzeit der Stadt Stutensee die ersten Exemplare. Sie bezog die Kinder mit ein und von Tag zu Tag wuchs ihre Freude am kreativen Schaffen.

Erst Stifte, dann Ölkreide, dann Acryl

Beginnend mit ganz einfachen Motiven wagte sie mehr und mehr. Sie malte aufmunternde, fröhliche Motive, um Anderen in dieser bedrückenden Zeit einen Sonnenstrahl zu schenken – gerade zu einer Zeit, zu der sie selbst Trost und Zuspruch gebraucht hätte. Doch als sie ihre Werke der großen Facebook-Gemeinde postete, erhielt sie unerwartet viel und unerwartet positive Rückmeldungen. Die Freude, die sie aussandte, kam zurück. Sie hatte das Schlagwort vom positiven Denken ganz unbewusst umgesetzt und Erfolg damit geerntet.

Tamara Wegmer lernte, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Stein um Stein wuchsen nicht nur ihr Selbstbewusstsein, sondern auch ihre Kreativität, bis eines Tages jemand zu ihr sagte: „Du solltest mit dem Malen beginnen.“ Der Rat fiel auf fruchtbaren Boden und die Erzieherin, die sie immer noch ist, entdeckte in sich die Künstlerin.

Sie kaufte Farben und Unterlagen und begann. Zunächst zaghaft, mit Stiften, dann mit Ölkreiden, schließlich wurde es Acryl. Das pastose, leicht zu verarbeitende Material kam ihrem Wunsch, abstrakt zu malen, am meisten entgegen. Acryl erlaubt einen großzügigen ausdrucks- und gefühlvollen Farbauftrag. Ganz verschwand das Gegenständliche nicht aus ihren Bildern. Immer noch ist eine Anlehnung an Erinnerungen, Ereignisse oder Situationen zu erspüren.

Wegmer sieht eigene Entwicklung mit Staunen

Im Fortgang ihres Schaffens wurde sie von Bild zu Bild mutiger. Neben dem Ausdruck von überwältigenden Gefühlen arbeitete sie Aussagen in ihre Bilder ein, die etwas über ihre Kindheit und ihre Träume verrieten. Viele Rückmeldungen bestätigen ihr Talent, und das will sie weiter ausbauen.

Eines Tages rief der Leiter des Gewaltpräventionszentrums Walldorf bei ihr an. Er habe ihre Bilder auf Facebook gesehen, sie gefielen ihm und er brauche Bilder, um seinen noch kahlen Arbeitsraum auszustatten, und für sie wäre es eine Gelegenheit, ihre Bilder zu präsentieren. Tamara Wegmer nahm die Herausforderung an und belieferte den Interessenten mit neuen, vor allem großformatigen und farblich plakativen Bildern.

Sie sieht ihre Entwicklung und die Resonanz von Außen selbst mit Staunen. Aus dem tiefen Verlust erwuchsen ihr offenbar Flügel und ein Stück weit erfüllt sie jetzt das Vermächtnis ihres Vaters. Ihr größter Wunsch wäre jetzt, mit „richtigen“ Künstlern in Kontakt zu kommen, das eine oder andere zu lernen und sich inspirieren zu lassen.

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