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Schmarotzer richten Schaden an

Warum die Mistel ein Problemfall für viele Bäume im Hardtwald ist

Sie waren schon mal beliebter, die merkwürdigen Pflanzen, die Bäume nutzen, um der Sonne entgegen zu wachsen. Den Germanen waren sie heilig, in der Neuzeit galten sie zeitweilig als Wundermittel gegen Krebserkrankungen, als Weihnachtsschmuck sind sie immer noch beliebt, und vielen Vogelarten bieten sie wertvolle Nahrung. Und dennoch gerät die Mistel zunehmend in Verruf.

Mistel auf Pappel in Linkenheim
Mistel auf Pappel in Linkenheim Foto: Foto: Franz Lechner

„Misteln sind ja Halbschmarotzer und daher in den Hardtwäldern vor allem für unsere Kiefern ein Problem“, erklärt der beim neu gegründeten Staatsforstbetrieb Forst BW arbeitende Forstbeamte Christoph Weihrauch.

Wissenschaftliche Daten haben die Forstbeamten vom Forstbezirk Hardtwald zwar keine, aber „wir haben schon den Eindruck, dass die Misteln auch bei uns in den Hardtwäldern in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben“, sagt Weihrauch, der beim Forstamt Hardtwald unter anderem für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Viele Apfelbäume sind durch die Mistel abgestorben.
Hans-Martin Flinspach , Vorsitzender der Streuobstinitiative

Dagegen ist die Situation in den Streuobstwiesen der Region eindeutig. „Bei uns haben die Misteln massiv zugenommen“, sagt der Vorsitzende der Streuobstinitiative für den Landkreis Karlsruhe, Hans-Martin Flinspach aus Weingarten. Dabei sprechen die beiden nicht über hundertprozentig identische Pflanzen. „Misteln, die auf Kiefern wachsen, und jene, die vor allem auf Apfelbäumen, aber auch auf Weiden und Pappeln wuchern, sind zwei verschiedene Unterarten“, erklären Flinspach und Weihrauch.

Mistel richtet auch in Streuobstwiesen Schaden an

Probleme bereiten die verschiedenen Mistelformen aber sowohl dem Forstbeamten als auch dem Naturschützer. „Vor allem in den Streuobstwiesen entlang des Rheins, also beispielsweise bei Linkenheim und Dettenheim, sind bereits viele Apfelbäume durch die Mistel abgestorben“, beklagt Flinspach. Und Weihrauch erzählt, dass die normalerweise wenig schädlichen Halbschmarotzer den durch die Trockenheit ohnehin schon stark geschädigten Kiefern teilweise den Rest gäben.

Tatsächlich waren es wohl vor allem die vielen niederschlagsarmen Jahre, die aus den Misteln erst eine Bedrohung machten. Als Halbschmarotzer sind sie nämlich fähig Fotosynthese zu betreiben und daher nur teilweise auf die Ernährung durch ihren Wirt angewiesen.

Allerdings zapfen sie die Wasser- und Nährstoffbahnen ihrer Wirte an und versorgen sich dort mit Nährstoffen. Und vor allem mit Wasser. Wenn Wasser dann ohnehin knapp ist, wie in den vergangenen niederschlagsarmen Jahren, wird aus dem für Bäume relativ harmlosen Halbschmarotzer eine tödliche Gefahr.

Auch Klimawandel trägt dazu bei

Der Klimawandel macht aus der Mistel also eine zusätzliche Belastung für verschiedene Baumarten, aber er ist wohl nicht die eigentliche Ursache für die Zunahme der Halbschmarotzer. „Der Hauptgrund für deren rasante Vermehrung ist wohl der schlechte Zustand vieler Streuobstwiesen“, vermutet Flinspach.

„Viele Obstbäume werden heute von ihren Besitzern nicht mehr geschnitten, sodass die Misteln auf den Bäumen ungebremst wuchern können.“ Könne die eigentlich sehr langsam wachsende Pflanze aber ungestört ihre weißen beerenartigen Früchte entwickeln, breite sie sich vor allem mit der Hilfe von Misteldrosseln und anderer Vogelarten rasch auf weitere Bäume aus, erklärt der Vorsitzende der Streuobstinitiative. Darum sei es so wichtig, die Misteln schon im Anfangsstadium ihres Wachstums zu bekämpfen.

Und der Naturschützer weiß auch, wie man die Mistel auf Obstbäumen bekämpft. „Man muss die befallenen Äste zurückschneiden, und zwar so weit, dass auch die unsichtbar unter der Rinde wachsenden Mistelteile entfernt werden“, erklärt Flinspach. Was übrigens tatsächlich erlaubt ist. Die Mistel steht nämlich keineswegs unter Naturschutz, wie viele Menschen glauben. „Sie darf, und wenn wir unsere ökologisch wertvollen Streuobstwiesen erhalten wollen, muss sie sogar bekämpft werden“, betont Flinspach.

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