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Digitalisierung auf dem Feld

Warum „Spot Spraying“ in der Landwirtschaft im Karlsruher Norden noch kein Thema ist

Es soll den Einsatz von Unkrautvernichter reduzieren und so die Landwirtschaft umweltfreundlicher machen: „Spot Spraying“ gilt als Zukunftstechnologie. Bei Karlsruher Landwirten ist es noch weitgehend unbekannt.

Ein Regner bewässert bei Bornheim Felder mit Gemüse. +++ dpa-Bildfunk +++
Automatische Beregnungsanlagen haben sich längst durchgesetzt. Bis das Spot Spraying so weit ist, wird es noch eine Weile dauern. Foto: Henning Kaiser/dpa

Die Digitalisierung im Alltag schreitet unaufhaltsam voran. In allen Lebensbereichen wird nach Möglichkeiten gesucht, den technischen Fortschritt für Erleichterungen zu nutzen, so auch in der Landwirtschaft.

„Spot Spraying“ oder auch „Smart Spraying“ heißt eine neue Methode, die im Pflanzenschutz eingesetzt wird und ein erhebliches Einsparpotenzial bietet. Man versteht darunter eine hochpräzise Einzelbehandlung gegen Unkräuter. Nur die zu behandelnden Pflanzen werden punktgenau mit Unkrautvernichtungsmitteln besprüht.

Kameras erkennen präzise den Unterschied zwischen Nutzpflanze und Unkraut

Sogenannte „Online-Feldmanager“ erkennen mit hochauflösenden Kameras und künstlicher Intelligenz einzelne Pflanzen und unterscheiden in Echtzeit Nutzpflanzen von Unkräutern. Ziel ist es dabei auch, der Vorgabe der EU-Kommission, bis 2030 den Pflanzenschutzmittelaufwand zu halbieren, näherzukommen.

Unter den landwirtschaftlichen Betrieben nördlich von Karlsruhe fand sich auf Anfrage noch keiner, der diese neuartige Technik einsetzt. In den Höfen zwischen Pfinztal und Dettenheim ist sie sogar weitgehend unbekannt.

Viele verzichten ganz auf chemischen Pflanzenschutz, wie zum Beispiel Ulrich Ratzel aus Linkenheim oder der Biolandhof Petrik in Pfinztal, und beschäftigen sich ohnehin nicht mit dem Thema.

Landwirte in Pfinztal, Eggenstein und Graben gaben an, noch nie oder nur flüchtig davon gehört zu haben. „Da muss man erst einmal abwarten, wie sich das entwickelt“, meint ein Ackerbauer, der nicht genannt werden möchte.

Landwirt aus Stutensee zieht biologische Verfahren dem Digitalen vor

Hans-Peter Jenisch ist Ortsobmann Stutensee des Kreisbauernverbands Karlsruhe und Rhein-Neckar. Seine Felder liegen im Landschaftsschutzgebiet „Blankenlocher Wiesen“. „Hier ist der Integrierte Pflanzenschutz nach dem Schadschwellenprinzip vorgeschrieben, den wir ohnehin betreiben“, erklärt er.

Das bedeutet, es wird eine Kombination von Verfahren eingesetzt, wobei biologische und pflanzenzüchterische Maßnahmen bevorzugt werden und die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß begrenzt wird.

Zur Ermittlung der Schadschwelle werden beispielsweise beim Winterraps Gelbschalen aufgestellt. Diese werden mit Wasser und etwas Spülmittel gefüllt und dienen der Erfassung von Schädlingen. Die so gesammelten Schadinsekten müssen fotografisch dokumentiert und gemeldet werden. Das Landwirtschaftsamt führt genaue Kontrollen durch.

Jenisch kennt keinen Betrieb in seinem Verband, der das Spot Spraying bereits anwendet. Die Technik kennt er aus der Fachpresse und hält sie für noch nicht ganz ausgereift.

„Spot Spraying“ kann große Mengen Unkrautvernichter einsparen

In der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift „Profi – Magazin für professionelle Agrartechnik“ stellt Anja Böhrnsen, promovierte Agrarwissenschaftler, die Funktionsweise des Spot Sprayings an einem Beispiel der Firma Geo-Konzept vor.

In einem ersten Schritt wird die zu behandelnde Fläche mit einer Kameradrohne beflogen. Die so erstellten Einzelbilder werden dann mittels einer speziellen Software zu einem Gesamtluftbild zusammengefügt. Beim Laden dieses Farbbildes stellt das System die Fläche in verschiedenen Grüntönen dar, in dem gezeigten Fall wuchsen an dunkelgrünen Stellen Disteln und der Getreidebestand wurde hellgrün dargestellt.

Der Nutzer kann nun über einen Regler festlegen, wo die Schwelle für die Zuordnung der Bildpixel zur Kategorie Unkraut liegen soll. Nach Fertigstellung der Applikationskarte berechnet das Programm den Anteil Unkrautnester an der Gesamtfläche, die Größe der zu behandelnden Fläche und wie viel Spritzbrühe dafür mindestens gebraucht wird.

Da etliche Unkrautarten oft nur nesterweise auftreten, lassen sich bei ihrer chemischen Bekämpfung durch eine Teilflächenbehandlung erhebliche Herbizid-Mengen einsparen. Das vorgestellte System kostet als Gesamtpaket einschließlich Drohne und Photo-Software rund 10.000 Euro.

Projekte zum „Spot Spraying“ gibt es in Bretten und Sinsheim

Die Firma Farmblick aus Sulzfeld berät landwirtschaftliche Betriebe im gesamten deutschsprachigen Raum. Ein Sprecher schätzt die Einsparmöglichkeit von Pflanzenschutzmitteln beim Spot Spraying auf 70 bis 90 Prozent.

In der näheren Umgebung betreuen sie Projekte in Sinsheim und Bretten. Sie übernehmen dabei die Auswertung der Daten. Der Preis richtet sich nach der Art des Unkrauts und beträgt 25 Euro pro Hektar bei Disteln und 20 Euro bei Ampfer.

Durch die Einsparungen hatten sich die Mehrkosten von 5.000 Euro bereits nach drei Jahren amortisiert.
Uwe Lengert
Landwirt im Lindenhof bei Stutensee

Uwe Lengert vom Lindenhof bei Stutensee arbeitet seit zehn Jahren im Pflanzenschutz mit einer GPS-gesteuerten Technik. Bei unförmigen Flächen schaltet sie automatisch ab und sorgt dafür, dass keine unnötige Restmenge verbleibt.

„Durch die Einsparungen hatten sich die Mehrkosten von 5.000 Euro bereits nach drei Jahren amortisiert“, stellt er zufrieden fest. Aktuell besteht noch kein Bedarf, sie auszutauschen. Mit Spot Spraying wird sich Lengert erst danach näher befassen.

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