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Viel Mehrarbeit

Weingartener Winzer sprechen von einem schwierigen Jahr

Im April war es zu kühl, im Juni und Juli zu trocken. Zu Beginn der Reife war es dann zu nass und zu heiß. Jetzt hoffen die Winzer auf eine schnelle Lese.

Thomas Heiland bei der Lese von Pinot-Trauben.
Thomas Heiland liest Pinot-Trauben. Er kann sich vorstellen, dass der 2023er ein guter Jahrgang wird. Foto: Marianne Lother (Archiv)

Der Weinbau ist ein schwieriges Thema. Denn ganz schnell wird aus „viel“ „zuviel“. In der Hardt und im Kraichgau beginnen darum einige Winzer bereits jetzt mit der Weinlese. „Ein insgesamt schwieriges Jahr“, lautet ihr einheitliches Urteil.

„Das Wetter war falsch verteilt“, sagt Winzerin Lea Siegrist aus Weingarten. Im April sei es zu kühl, im Juni und Juli zu trocken gewesen, dann zum Beginn der Reife zu nass und zu heiß. In den kompakten Klonen entwickle sich dann schnell Fäulnis. Darum wünsche sie sich einen zügigen Herbst.

Andreas Klumpp vom Weingut Klumpp aus Bruchsal bestätigt das. Er wird voraussichtlich an diesem Donnerstag mit der Lese beginnen. Momentan entblättern die Winzer im Bruchsaler Raum noch spät reifende Rotweinsorten. Während der Hitzeperiode hätte dies noch zu Verbrennungen auf den Trauben geführt. Die Blätter beschatten die Früchte. Jetzt sei es sinnvoll, auch zur Erleichterung der Handlese.

Junganlagen litten besonders unter Hitze und Trockenheit

Die heißen und trockenen Bedingungen bis Mitte Juli hätten vor allem den Junganlagen große Schwierigkeiten bereitet, so Klumpp weiter. Um die Reben zu unterstützen, hatte er in diesen Anlagen eine frühe und konsequente Ertragsreduktion vorgenommen, auch um den Qualitätsstandard zu halten. Der folgende Regen habe zwar die Rebstöcke vor Trockenschäden bewahrt, war dann aber in Summe zu viel.

Im Juli und August hat Klumpp die kompakten Trauben in der Mitte durchgeschnitten. Das habe einen enormen Arbeitsaufwand mit sich gebracht. Aber es habe sich gelohnt, dadurch sähen seine Weinberge noch sehr gut aus. Viele Rebsorten werden nun gleichzeitig reif, so dass eine schnelle Lese erforderlich werde.

Schweres Hagelgewitter zerschlägt den Weißburgunder

„Das viele Wasser lässt die Traubenbeeren platzen, begünstigt Fäulnis und in manchen Regionen das Problem der Kirschessigfliege“, bestätigt Thomas Heiland. Das Weinjahr habe eigentlich gut begonnen. Auch der Regen habe den Reben gutgetan. „Bis August hingen noch viele gesunde Trauben am Stock, es sah eigentlich sehr gut aus.“ Dann kamen sehr hohe Temperaturen, starke Regenfälle und ein schweres Hagelgewitter, das vor allem über Weingarten wütete.

„Unseren Weißburgunder werden wir nicht mehr retten können“, bedauert er. Er pflegt einen Hang an der „Schönen Aussicht“, den der Hagel regelrecht zerschlagen habe. Das folgende feuchtheiße Wetter habe dann die Bildung von Essigbakterien und Fäulnis begünstigt. Andererseits stünden die Rebsorten, die von Hagel und Pilzkrankheiten verschont geblieben seien, insgesamt gut da.

Er will bis Mitte September seinen Pinot holen. Lockerbeerige Trauben seien wegen der besseren Durchlüftung im Vorteil. Er baue auch Riesling an, der sei ohnehin nicht so empfindlich wie Pinot. Wichtig sei jetzt, die Traubenzone so zu gestalten, dass sie gut abtrocknen kann. Er kann sich schon vorstellen, dass unterm Strich der 2023er ein guter Jahrgang werde.

Gerd Siegrist führte am Weinwandertag in Weingarten eine Gruppe und zeigte sehr anschaulich beschädigte Rebstöcke. „Je nach der Windrichtung, aus der der Hagel kam, traf es die Trauben mehr oder weniger schlimm“, erklärt er. Er könne sich nicht entsinnen, dass es in den vergangenen Jahren jemals so heftig gehagelt habe. Wo es noch möglich sei, rate er zum Ausschneiden von Mehltaubefall und Essigfäule. Das mache zwar viel Arbeit, sei aber das Einzige, was noch getan werden könne.

Sorgfältige Selektion von Hand zahlt sich aus

Auch Volker Hartmann von der Weinmanufaktur Weingarten war mit dem Ausschneiden fauliger Beeren beschäftigt. Aber der Behang sei so gut, dass sich das eventuell kompensieren lasse, meint er. Es bedeute allerdings eine Menge Mehrarbeit für den Winzer. Denn solch eine sorgfältige Selektion könne nur von Hand geschehen.

Er ist trotz der schwierigen Witterungsbedingungen zuversichtlich hinsichtlich Menge und Qualität. Er hat bereits mit der Lese begonnen. Zuerst seien die Sektgrundweine Auxerrois und Weißburgunder dran, berichtet er. Am Samstag will er die Trauben für den Weingartener Cremant lesen lassen. Trotz aller Schäden sei noch genügend Traubenmaterial vorhanden, dass dieses Weingartener Aushängeschild noch in genügender Menge in den Verkauf gebracht werden könne. Danach müsse man von Tag zu Tag entscheiden.

Anhaltender Regen wäre jetzt verhängnisvoll

Es sei dieses Jahr schwierig und erfordere Mehrarbeit, aber nicht unmöglich, einen guten Wein zu bekommen, fasst Hartmann zusammen. Allerdings sei Nordbaden in den vergangenen Jahren auch verwöhnt gewesen. Dieses Jahr sei es eben nicht so. Einig sind sich alle der Winzer: Anhaltender Regen oder noch einmal Hagel würde auf der Zielgeraden einen großen Schaden anrichten.

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