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Frühling im Winter

Kracher-Wetter zu Silvester: Zum Jahreswechsel wird es frühlingshaft

Mit Temperaturen um die 17 Grad wird es zu diesem Jahreswechsel ungewöhnlich warm. Das wirft viele Traditionen über den Haufen und schafft neue: am Rhein öffnet sogar ein Biergarten.

Bügel eines Skilifts sind vor einer grünen Piste zu sehen. +++ dpa-Bildfunk +++
Keine Schneeflocke in Sicht: Die Aussicht auf warme Temperaturen zum Jahreswechsel mögen verfrorene Menschen erfreuen. Die Liftbetreiber im Schwarzwald allerdings können dem Frühling im Winter sicher nichts abgewinnen. Foto: Marijan Murat picture alliance/dpa

Des Einen Freud, des Anderen Leid: Für das Silvesterfeuerwerk in Baden-Württemberg erwarten Wetterexperten sehr gute Bedingungen und rekordverdächtig warme T-Shirt-Temperaturen. Nach den Prognosen der Meteorologen wackeln gleich mehrere, teils jahrzehntealte Höchstwerte.

„Rekorde werden bei uns in Karlsruhe und der Region aber höchstwahrscheinlich nicht überschritten“, sagte Andreas Fink, Professor am Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Die

Temperaturprognosen pendelten sich für den Silvestertag derzeit zwischen 16 und 17 Grad ein. „Das liegt in der Nähe der Rekordwerte. Ob sie übertroffen werden, ist allerdings nicht sicher.“

Hohe Temperaturen im Dezember gab es immer mal wieder

So ungewöhnlich es sich auch anfühlen mag – Temperaturen zwischen zehn und 18 Grad gab es in der letzten Dezemberdekade immer mal wieder. Zum Beispiel: In der damals an der Durlacher Allee gelegenen Wetterstation wurden vor fast 100 Jahren, am 30. Dezember 1925, schon einmal 17 Grad gemessen. Ein weiterer Höchstwert herrschte 1974 in Rheinstetten: Dort wurden am zweiten Weihnachtsfeiertag frühlingshafte 17,8 Grad gemessen.

„In Stuttgart könnte es am kommenden Samstag durchaus 18, tatsächlich vielleicht auch 19 Grad warm werden“, so der DWD-Meteorologe Andreas Pfaffenzeller am Mittwochmorgen. „Am Rhein und am Fuße des Schwarzwaldes sind auch mal 20 Grad möglich.“

In der Nacht zum 1. Januar erwartet der Deutsche Wetterdienst (DWD) für Stuttgart etwa elf Grad. „Das sind Temperaturen, die wir normalerweise im Dezember natürlich nicht haben“, so der DWD-Mann. Der Dezemberrekord für den Südwesten ist zum Jahreswechsel 2022 allerdings kaum zu knacken: Im südbadischen Müllheim war es am 16. Dezember 1989 laut DWD 24 Grad warm.

Bei klarer Luft ist der Sternenhimmel gut zu sehen

Die beiden Wetterexperten rechnen mit sehr guten Bedingungen für das Silvesterfeuerwerk. In der letzten Nacht des Jahres werde es in Baden-Württemberg aller Voraussicht nach nicht regnen und erst recht nicht schneien.

„Zu Beginn des Silvestertages könnte es in Karlsruhe noch ein wenig regnen. In der Nacht bleibt es aber eher trocken und klar, bei Temperaturen um die zehn Grad. Die Sterne dürften zu sehen sein“, so KIT-Meteorologe Fink. Das gilt allerdings nicht für die Höhen. Der DWD erwartet vor allem im Bergland starke bis stürmische Böen – am Feldberg sogar schwere Sturmböen.

Apropos Feldberg: Beim Blick auf die Wetterprognosen wird es den Betreibern der Skilifte auf dem höchsten Berg im Land nicht gerade warm ums Herz. Weil weit und breit kein Schneeflöckchen in Sicht ist, haben die Lifte ihren Betrieb schon vor Weihnachten eingestellt.

Auch am Seibelseckle, unterhalb des Mummelsees, einem der – laut Webseite – „schneesichersten Skilifte im nördlichen Schwarzwald“ schiebt die vorherrschende Warmluftfront die erhoffte Wiederaufnahme des Liftbetriebs in immer weitere Ferne.

Liftbetreiber sind nicht erfreut

Für alle Schwarzwälder Liftbetreiber kommt das einer mittleren Katastrophe gleich. Dabei hatte die diesjährige Skisaison, nach den Einbußen durch die Corona-Jahre, noch ganz hoffnungsvoll begonnen.

Massiv unterstützt durch Schneekanonen liefen die Lifte des Freizeit- und Sportzentrums Mehliskopf, des Bühlertallifts Hundseck sowie der Skiliftbetriebe Unterstmatt und Seibelseckle schon kurz nach dem zweiten Dezemberwochenende an.

Doch das Schneeglück war nur von kurzer Dauer. Mit den derzeitigen Temperaturen dürfte es um das wichtige Weihnachtsgeschäft, das traditionell 50 Prozent des Saisonumsatzes ausmacht, geschehen sein.

Ganz und gar nicht mit einem Weihnachtsgeschäft hatten dagegen die Eisdielen gerechnet. Traditionell verabschieden die sich jedes Spätjahr in eine längere Winterpause.

Bis Februar – wie die Internetseite der preisgekrönten Eismacher Cimino, mit Filialen in Karlsruhe, Gaggenau und Plittersdorf beispielsweise verrät. Auch telefonisch herrscht dort derzeit Eiszeit. Schade. Zum Nachmittagsspaziergang am vermutlich sonnigen Neujahrstag hätte ein Eis ganz hervorragend gepasst.

Biergarten öffnet spontan

Oder auch ein Bierchen im Biergarten. In diese Marktlücke aber stößt das Zollhaus in Neuburgweier. Mit Blick auf den frühlingshaften Neujahrstag entschloss sich Pächterin Marina Müller spontan zu einer außerplanmäßigen Öffnung ab 11 Uhr.

„Bei 17 Grad muss man ja auch keinen Glühwein anbieten. Kühle Getränke und ein paar Speisen haben wir immer da“, sagt sie.

Zeit für neue Silvestertraditionen also. Schwere winter-warme Kost wie Raclette oder Fondue sieht der Karlsruher Metzgermeister Heiko Brath für den Jahreswechsel 2022/23 sowieso nicht mehr im Trend. Wintergrillen dagegen schon. „Das wird seit Jahren immer beliebter und bietet sich diesmal zu Silvester richtig an.“

Den Neujahrsschwimmern sind die Temperaturen egal

An ihrem traditionellen Neujahrsschwimmen am Grötzinger Baggersee will die DLRG Durlach aber auf jeden Fall festhalten. Auch wenn es den Wasserratten dort eigentlich nie kalt genug sein kann.

„Der Kick ist halt größer, je kälter das Wasser ist“, sagt Alina Kümmel von der Stützpunktleitung Grötzingen. Ein paar Grad mehr oder weniger machten aber auch keinen großen Unterschied. Ob 17 Grad Lufttemperatur oder zwei – „am Ende ist eh alles kalt“, sagt die Schwimmerin.

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