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Mahnmal vor Häusern

Über 300 Stolpersteine: Wie eine Putzaktion in Karlsruhe die Erinnerung wachhalten soll

Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Damit die Erinnerung wachgehalten wird, werden sie regelmäßig geputzt.

Personen stehen um einen Stolperstein herum, eine Person putzt den Stein.
Am Stolperstein der Familie Cohn erfahren Teilnehmer auch mehr über die Geschichte des Ehepaars. Foto: Jörg Donecker

Damit die Erinnerung nicht verblasst, sollten sie ihren Glanz bewahren: Die sogenannten Stolpersteine, die vor vielen Karlsruher Häusern angebracht sind, in denen Verfolgte des nationalsozialistischen Gewaltregimes gelebt haben.

Diese Mitbürger wurden gewaltsam aus ihrem Zuhause vertrieben, verschleppt, deportiert und umgebracht. Die Namen und Schicksale der Opfer der Nazi-Diktatur zu bewahren, hat sich Gunter Demnig vorgenommen.

Stolpersteine in Karlsruhe stammen von Gunter Deming

Der 1947 geborene Künstler verlegt seit 1996 eigenhändig in vielen Städten Steine mit den Namen von Ermordeten als Beitrag zur Erinnerungskultur. Auf diese Weise schuf er mit 100.000 verlegten Steinen anerkanntermaßen das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

In Karlsruhe befinden sich mehr als 300 solcher Steine vor den Häusern meist jüdischer Mitbürger. 300 kleine Vierecke, die nachdenklich machen und noch immer tief erschüttern.

Dritte Putzaktion der Stolpersteine in Karlsruhe

Am Samstag fand zum dritten Mal eine Stolperstein-Putzaktion statt, diesmal in der Südweststadt.

Mit Eimern und Reinigungsmaterial versehen, wienern die Helfer die Steine, bis die Namen wieder lesbar sind. Organisiert wird die Aktion von dem Verein Lernort Kislau, dessen Mitglieder es sich seit zwölf Jahren zur Aufgabe gemacht haben, die „Erinnerung aufpolieren“ und über die badische Geschichte zu informieren.

Wir freuen uns jedesmal auf die Aktion und darauf, neue Menschen kennenzulernen.
Fabienne Bitz
Lernort Kislau

„Wir freuen uns jedesmal auf die Aktion und darauf, neue Menschen kennenzulernen“, so Fabienne Bitz vom Lernort Kislau. Bereits im vergangenen Jahr hatten sich viele Menschen zum Putzen der Vierecke eingefunden. Diese Tradition soll fortgesetzt werden.

Das Messing der Stolpersteine läuft mit der Zeit nämlich dunkel an und die Inschrift wird dadurch unleserlich. Bei der Reinigungsaktion wird der grobe Straßenschmutz zunächst mit einem Lappen, der Stein selbst später mit Metallputzmittel und Schwamm bearbeitet.

Insgesamt waren 15 Orte zu betreuen; das Leben zahlreicher einstiger Bewohner wurde mit kurzen Texten gewürdigt. Manches vertraute Gesicht war bei der Reinigungsgruppe dabei, doch immer wieder stoßen neue Interessierte hinzu.

Stolpersteine zur Erinnerung an Schicksale

Unter anderem nahmen Petra Rosenberg von der Flüchtlingshilfe sowie Amnesty Karlsruhe und Maria Rave-Schwank von der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) teil.

Letztere würdigte unter anderem Lina Fabry aus der Jollystraße, die von der Psychiatrie in der Illenau, Achern, nach Grafeneck verfrachtet und dort noch am gleichen Tag ermordet wurde.

Die erste Adresse des Nachmittags war das Ehepaar Erich und Lina Cohn in der Beiertheimer Allee 28, die in einer sogenannten „privilegierten“ Mischehe lebten, wodurch der Jude Erich Crohn halbwegs geschützt war.

Nach dem Selbstmord seiner Frau warteten dann Deportation und Tod auf den gelernten Buchhändler.

Betroffenheit, auch nach all den Jahren, ergreift die Runde. Sanft legen die Teilnehmer einen Stein und eine Rose auf den nun wieder blanken Stolperstein. Die Cohns sind nicht vergessen. Ebenso wenig die anderen Betroffenen.

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