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Projekt für Gehörlose und Hörende

Reden allein reicht nicht: Gehörlose in Karlsruhe wünschen sich mehr Teilhabe

Wie kann die Kommunikation mit Gehörlosen gelingen? Darauf möchten die Betroffenen ihre hörenden Mitmenschen in einem gemeinsamen Workshop mit dem Pantomimen Jomi aufmerksam machen.

Franziska Paschek, Gebärdensprachdolmetscherin, übersetzt während einer Pressekonferenz der Landesregierung, die aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus im Internet gestreamt wird, das Gesagte. Links der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90 / Die Grünen).
Politik für alle: Franziska Paschek, Gebärdensprachdolmetscherin, übersetzt während einer Pressekonferenz der Landesregierung, was Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) verkündet. Foto: Sebastian Gollnow

Reden, verstehen und gehört werden, das sind Grundbedürfnisse von Menschen. Jeder kennt die Hilflosigkeit, wenn man sich im Ausland in einer fremden Sprache nicht so ausdrücken kann, wie man es möchte. Für viele Gehörlose ist das Alltag, wenn sie auf Hörende treffen.

„Trotz Inklusion und Integration werden wir in der Gesellschaft immer noch nicht richtig wahrgenommen“, schreibt Silke Tibor. Auf die Antwort, ob es im Alltag mit Hörenden Probleme gibt, antwortet die Schriftführerin des Gehörlosen-Sportvereins Karlsruhe: „Ein klares Ja!“

Gehörlose, so Tibor, stoßen überall auf Barrieren. Hörende würden sich nicht die Mühe machen, mit ihnen zu kommunizieren. Meist helfe man sich mit Papier, Stift oder dem Handy oder auch mit Körpersprache und Mimik aus, nur selten in Lautsprache. Auch das Gespräch mit Silke Tibor und den BNN erfolgt schriftlich – die vermeintlich einzige Lösung, denn Gebärdendolmetscher, die die Sprachbarriere abbauen könnten, sind laut Tibor nur selten im Einsatz.

Hörenden fehlen oft die Hintergrundinformationen

Die Gründe für die Schwierigkeiten sind vielfältig. „Wir fallen nur auf, wenn wir uns in Gebärdensprache unterhalten“, schreibt Tibor. Viele Hörende seien im Umgang mit Gehörlosen verunsichert. Denn es fehlten die Hintergrundinformationen und der Umgang mit den Betroffenen.

Deswegen möchte der Gehörlosen-Sportverein, der über 300 Mitglieder zählt, die Öffentlichkeit sensibilisieren und Aufklärungsarbeit leisten. „Es wäre gut, wenn sich die hörenden Mitmenschen an uns wenden, wenn sie Projekte umsetzen, dann können wir ihnen Tipps geben“, schreibt Silke Tibor.

Für ein erstes Projekt hat sich der Gehörlosen-Sportverein mit dem Behindertenbeauftragten des Landkreises Karlsruhe, Reimar Neumann, zusammengetan. Mit Maximilian Kastner, dem Geschäftsstellenleiter des Gehörlosen-Sportvereins, hat er einen Workshop mit dem Pantomimen Jomi organisiert. In diesem sollen die Themen Pantomime, Körpersprache, Mimik, Gestik und Theater erarbeitet werden.

Gefördert wird der Workshop aus dem Programm „Impulse Inklusion“ des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg. Der Pantomime Jomi ist selbst gehörlos. Er war der erste deutsche Student, der in Paris bei dem weltbekannten Pantomimen Marcel Marceau sein Studium abschloss.

Das ganze Leben ist Kommunikation.
Reimar Neumann, Behindertenbeauftragter

„Das ganze Leben ist Kommunikation, und Kommunikation ist sehr unterschiedlich“, erklärt Neumann das Ziel des Workshops, „wir wollen Brücken bauen und Kontakte knüpfen, unabhängig von Kommunikationsformen.“

Hörende und nicht hörende Menschen, Mitbürger, die schon immer deutsch sprechen oder eine andere Muttersprache haben, Flüchtlinge aus der Ukraine oder anderen Ländern, alle seien willkommen. Mit dem Projekt solle gezeigt werden, dass Kommunikation immer funktioniere.

Anmeldung

Die Teilnahme an den Workshops ist kostenfrei. Alle Veranstaltungen finden im Gehörlosenzentrum Daxlanden in Karlsruhe statt. Anmeldung per E-Mail an kastner@gsvkarlsruhe.de oder unter (0721) 50 17 72.

„So individuell Hörbehinderungen sein können, so individuell kann Kommunikation stattfinden“, sagt Geschäftsstellenleiter Kastner. Viele Gebärden seien intuitiv und gingen in die Richtung, wie sie im normalen Leben auch umgesetzt würden. Gerade Kinder könnten diese Barrieren besser überwinden.

„Gebärde des Monats“ soll veröffentlicht werden

Nicht nur der Gehörlosen-Sportverein plant mehr Aktionen: Der Behindertenbeauftragte möchte eine „Gebärde des Monats“ etablieren, die in den Amtsblättern im Landkreis veröffentlicht werden soll sowie in Kitas und in Geschäften aushängen könnte. „Dadurch wird niemand Gebärdensprache lernen, aber es ist ein erster Schritt aufeinander zuzugehen“, sagt Neumann.

Start soll in Ettlingen sein. Laut Neumann wohnen dort mit 40 Betroffenen die meisten Gehörlosen im Landkreis Karlsruhe, und das Netzwerk Ettlingen mit verschiedenen Sozialträgern biete einen guten Startpunkt.

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