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Ein Kind Vaubans

Saarlouis: Feste feiern in historischen Kasematten

Der Sonnenkönig reiste persönlich an, um seiner Stadt ein Wappen zu schenken. Heute ist Saarlouis die sechstgrößte Stadt des Saarlandes. Das militärische Erbe wird längst zivil genutzt. Die Kasematten beherbergen die "längste Theke des Saarlands".

bastion in der Stadt Saarlouis im Saarland
Geboren aus dem Wunsch nach Macht: Saarlouis wurde gegründet, um Frankreichs Anspruch auf die Gebiete an der Saar zu unterstreichen. Foto: wit
Der Sonnenkönig reiste höchstpersönlich an, um seinem neuen Städte-Schätzchen die Ehre zu erweisen. Mit seinen 35 000 Einwohnern ist Saarlouis eine größere Kleinstadt, doch historisch gesehen ein echtes Schwergewicht, um das sich Deutsche und Franzosen balgten. Das militärische Erbe ist noch da,  wird allerdings zweckentfremdet - als längste Theke des Saarlandes.

Saarlouis:  ein Kind Vaubans

Ein echtes Juwel die neue Stadt. Chef-Architekt Vauban ist höchst zufrieden mit seinem jüngsten Werk, das Frankreichs Anspruch auf den Landstrich am Saarufer unterstreichen soll.

Einer der schönsten und angenehmsten Orte im Königreich

notiert der Festungsbauer, der Tausende von französischen Soldaten und Handwerker aus dem Landesinnern schuften ließ.

Grundriss der Stadt Saarlouis im Saarland.
Wie ein Stern hat der Festungsbauer Vauban Saarlouis geplant. Foto: wit

Louis Quatorze ist ebenfalls höchst erfreut über die städtische Schönheit. Zur Einweihung reist er höchstpersönlich in den Osten seines Landes. Er bestaunt Wäle, Wassergräben und Bastionen in Form eines Sterns und schenkt dem Neuzugang seines Reiches ein Wappen mit Lilien, Wolken und Sonne – Letzteres eine Anspielung auf die eigene Person. Eine solch moderne, symmetrische Superstadt mit Kasernen für 4 000 Soldaten, Brunnen für die Trinkwasser-Versorgung der Bevölkerung und noblen Wohnhäusern hat die Welt noch nicht gesehen.

Die Stadt wächst - erzwungenermaßen

Dass ein Großteil der Untertanen nicht französisch, sondern wie die Nachbarn im Umland einen fränkischen Dialekt spricht, stört Majestät zunächst nicht. Wenn sich einer querstellt, greifen die neuen Herren eben durch. Als die Menschen aus dem benachbarten Wallerfangen den Umzug verweigern, wird ihr Dorf kurzerhand dem Erdboden gleichgemacht. Notgedrungen ziehen sie nach Saarlouis. Das uneinnehmbare Bollwerk hat nur einen Zweck – dem Erbfeind im Osten die Macht des französischen Königs zu demonstrieren.

das deutsche Tor in Saarlouis im Saarland
Das deutsche Tor erinnert an den Einzug der Preußen in Saarlouis. Foto: None

Die Franzosen gehen - die Preußen kommen

150 Jahre später ist diese Epoche vorbei. In den Amtssitz des französischen Gouverneurs zieht der preußische Kommandant ein. Überm Deutschen Tor thronen preußischer Adler und Krone. Frankreich sieht bestürzt die Kanonen auf sich gerichtet. Dass ein Teil der Untertanen nur französisch spricht, nehmen die neuen Herrn in Kauf, angesichts des Zugewinns an Land und Macht.

Ein Wachsoldat namens Lacroix

Nur einer bleibt beim Abzug der französischen Truppen auf der Strecke - ein Wachsoldat namens Poilu Lacroix. Von ihm wird erzählt, dass er in der Nacht zuvor so ausgiebig mit Einheimischen gezecht hatte, dass er den Aufbruch seiner Kameraden verschlief.

Natürlich hat keiner der Schlafmütze ein Haar gekrümmt; er erlangte vielmehr eine gewisse Berühmtheit, in Saarlouis gar Unsterblichkeit. Mal prangt er als Mosaik an einem Privathaus, mal grüßt er die Spaziergänger von seinem Denkmalsockel.

die Kasematten von Saarlouis im Saarland
Die Kasematten beherbergen heute Cafés und Restaurants. Foto: wit

Saarlouis: mitten in Europa

Einst war Saarlouis, 1680 gegründet, ein Geschöpf des Krieges, geboren aus dem Wunsch nach Macht. Heute liegt die ehemalige Grenzstadt, Inbegriff der Zerrissenheit eines ganzen Kontinents, mitten in Europa. Grenzen haben  ihren Schrecken verloren . Nach Luxemburg, der Metropole des Geldes, sind es 70 Kilometer;  nach Metz, der lothringischen Perle an der Mosel, keine 50 Kilometer.

Das Städtchen gibt sich frankophil

Kein Wunder, dass sich das 35 000-Einwohner-Städtchen frankophil gibt. Die Menschen pflegen mit Inbrunst das Savoir-vivre und in die Umgangssprache hat sich eine Fülle französischer Begriffe eingeschlichen. Bredullje, Fisematenten und Trottwa haben auch dem Zeitgeist der NS-Schergen getrotzt: die wollten Saarlouis kurzerhand zu Saarlautern eindeutschten. Das Haltbarkeitsdatum der Germanisierungsbemühungen war ähnlich lang wie das Tausendjährige Reich.

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An den großen Sohn der Stadt, Michel Ney, erinnert das Restaurant in seinem Geburtshaus. Foto: wit

Schlemmergalerie in den Kasematten

Ihr militärisches Erbe nutzt die einst schönste Stadt Frankreichs jetzt zivil. Auf dem kleinen Markt, dem ehemaligen Paradeplatz, führen die Marktfrauen das Kommando. In den kopfsteingepflasterten Gassen der Altstadt, wo die Festungssoldaten flanierten, reiht sich ein Café, ein Restaurant ans nächste. Gleich um die Ecke gibt der reichlich überdimensionierte Große Markt alljährlich die Kulisse für die Emmes ab, das größte Volksfest im Saarland, bei dem schon Heino die Bühne rockte. Auf der Vauban-Insel, mitten im Stadtpark und umflossen von einen Saaraltarm, darf es bei Festen auch mal lauter zugehen. Und die bombensicheren Kasematten sind heute eine einzige Schlemmergalerie mit Cafés, Restaurants und Cocktailbars. Das brachte dem begrünten Wall den Ehrentitel „längste Theke des Saarlandes“ ein.

die Vauban-Insel im Herzen von Saarlouis im Saarland
Die Vauban-Insel im Herzen von Saarlouis diente einst den französischen Korps. Heute kann hier ungestört gefeiert werden. Foto: wit

Chillen auf Saarlouis Vauban-Insel

Wer über die Schleusenbrücke schlendert, sich am malerischen Blick auf den verwunschenen Saar-Arm erfreut, ahnt kaum, dass auch dieses Bauwerk dem Schutz der Garnison diente. Mit der Pont-écluse konnte die Saar um satte sechs Meter aufgestaut werden, sodass sich mögliche Angreifer buchstäblich nasse Füße geholt hätten.

Michel Ney: der berühmteste Sohn von Saarlouis

Ganz in der Nähe steht das Denkmal des wohl berühmtesten Sohnes der Stadt: Michel Ney, Sohn eines Böttchers aus der Biergasse und laut Napoleon der „Tapferste der Tapferen“. Der Aufsteiger schaffte es bis zum Marschall von Frankreich und zum Herzog von Elchingen. In seinem Geburtshaus, einem der schönsten Gebäude der Altstadt, treffen sich heute Geschäftsleute zum Business-Lunch.

Touristischer Geheimtipp Saarland

Es ist eine ziemliche Ungerechtigkeit, dass das Saarland, jahrhundertelang Zankapfel feindlicher Brüder, von den Touristenströmen oft links liegen gelassen wird. Wer hier durchfährt, will meist gen Frankreich und hat kaum Blicke für Deutschlands kleinstes Flächen-Bundesland übrig. Ihm heftet das Vorurteil an, der Wurmfortsatz von Rheinland-Pfalz zu sein, übersät mit Abraumhalden und rostenden Fördertürmen.

Dabei ist der Landstrich an Saar und Mosel eine echte Sommerfrische aus sanft geschwungenen Hügeln und lauschigen Talauen, herrlichen Obstbaumhainen, Weingärten und üppigen Kornkämmerchen. Ein Land mit Potenzial, wie Günter Wagner glaubt.

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Ausdruck des Wandels: Das Saarpolygon im nahen Ensdorf erinnert an den 2012 zu Ende gegangenen Steinkohlebergbau im Saarrevier. Foto: wit

Günter Wagner: ein Glücksfall für Saarlouis

Jahrzehntelang drehte sich im Leben des 58-Jährigen alles um Pizza – verständlich, wenn man weiß, dass Wagners Vater Ernst der Erfinder der Tiefkühlvariante war. In Otzenhausen im Norden des Saarlandes hatte der Patriarch sein Pizza-Imperium aufgebaut, die ganze Familie eingespannt und ordentlich verdient, bevor er das florierende Unternehmen an Nestlé verkaufte.

Mit seinem Anteil am Verkauf erfüllte sich Günter Wagner, gelernter Koch und Absolvent der Hotelfachschule, einen Lebenstraum: eine noble Herberge zwischen Tradition und Moderne, wo jeder Einrichtungsgegenstand Wagners Liebe zu schönen Dingen unterstreicht.

Wagners Lebenstraum: das "Maison"

Ein Haus wie das „La Maison“ würde man eher in München, vielleicht noch in Saarbrücken erwarten, aber im beschaulichen, etwas provinziellen Saarlouis?

Ich habe mich bewusst für die Geburtsstadt meiner Frau entschieden

erzählt der Feingeist über sein „Baby“. Wo früher Recht gesprochen wurde, im ehemaligen Oberverwaltungsgericht, nächtigen nun Geschäftskunden des örtlichen Ford-Werks, Bewegungsfanatiker, die wandernd oder Rad fahrend das Saarschleifenland erkunden, oder Gourmets, die sich von Küchenchef Martin Stopp im sterne-gekrönten Restaurant „Louis“ verwöhnen lassen.

Gelernt hat der junge Küchenchef bei dem Drei-Sterne-Star Klaus Erford, dem er einst auf die Bühlerhöhe folgte. Jetzt zelebriert er höchsten Gourmet-Genuss mit französischem Einschlag im alten Gerichtssaal, ein prächtiger Salon mit einer Handvoll stilvoll eingedeckter Tische.

das Hotel "La Maison" in Saarlouis im Saarland
Geadelt durch das niederländische Königspaar: Das Hotel „La Maison“, untergebracht in einem ehemaligen Gerichtsgebäude. Foto: wit

Ein Hotel als Schatzkammer

Das First-Class-Domizil ist eine solche Schatzkammer aus originellen Unikaten und außergewöhnlichen Fundstücken, dass es längst international gefeiert wird. Eine Vielzahl namhafter Architektur- und Designpreise prasselten auf das Gesamtkunstwerk herab, Gourmetmagazine preisen den „neuen kulinarischen Fixpunkt“ im Saarland.

Besuch vom niederländischen Königspaar

Der endgültige Ritterschlag erfolgte vor wenigen Monaten. Als das niederländische Königspaar im Saarland vorbeischaute, nach angeblich 104-jähriger Pause, quartierten sich Maxima und Willem-Alexander in den gleichsam modernen wie verspielten Suiten der historischen Villa ein.

Ein eigenes Gästehaus kann oder will sich das kleine Bundesland nämlich nicht leisten, doch wer braucht das schon, wenn er einen solch Schatz wie das „La Maison“ hat. Für die renommierte „New York Times“ ist das Haus in Saarlouis eine von acht empfehlenswerten Adressen in Europa. Die Begründung: weil sich der Gast in der Vier-Sterne-superior-Herberge wie zu Hause fühle.

Informationen

Führungen:Übernachten:

Das Genuss-Arrangement am Wochenende beinhaltet zwei Übernachtungen mit Frühstück, zwei Vier-Gänge-Menüs, Leihfahrräder für zwei Tage sowie die Saarland Card. Das Paket kann ab 295 Euro pro Person im Parkzimmer gebucht werden.

Beim Gourmet-Arrangement gibt es als Höhepunkt ein siebengängiges Menü im „Louis”. Das Paket umfasst zudem drei Übernachtungen mit Frühstück, zwei Vier-Gänge-Menüs im „Pastis”, Leihfahrräder für zwei Tage und die Saarland Card. Kosten ab 534 Euro pro Person.

Auskünfte:
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