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Mit legendärer E-Street-Band

Vor dem Springsteen-Konzert am Hockenheimring: So haben wir den „Boss“ auf der Tournee erlebt

Drei BNN-Redakteure schildern ihre Eindrücke von Auftritten des 73-jährigen Rockstars Bruce Springsteen mit der E-Street-Band aus Ferrara, Düsseldorf und Wien.

Beim Auftritt von Bruce Springsteen im oberitalienischen Ferrara ist der Boden nach tagelangen Regenfällen aufgeweicht.
Schlammwüste bei Springsteen-Open-Air – diese Fans in Ferrara nutzen Plastiktüten als Überzieher. Foto: Rainer Haendle

Für seine Fans ist er nur der „Boss“, in der Musikwelt gilt er mit 350 Eigenkompositionen und 20 Grammy-Auszeichnungen als einer der erfolgreichsten Rockmusiker überhaupt.

Seine aktuelle Welttournee startete am 1. Februar in Tampa im US-Bundesstaat Florida und endet am 12. Dezember in San Francisco. Seit mehr als fünfeinhalb Monaten tritt Bruce Springsteen nun mit seiner E-Street-Band alle zwei bis drei Tage auf einer großen Open-Air-Bühne vor jeweils zigtausenden Zuschauern auf.

An diesem Freitag gastiert er auf dem Hockenheimring. Mehrere BNN-Redakteure haben seine Konzerte in den vergangenen Wochen schon besucht und schildern hier ihre Eindrücke:

Ferrara (Parco Urbano), 18. Mai 2023: 27 Songs von Bruce Springsteen & Co

Sind wir denn alle bekloppt? Die Frage könnte man sich hier im oberitalienischen Ferrara schon stellen: Nach tagelangen Regenfällen hat sich der städtische Park in eine Schlammwüste verwandelt, trotzdem tanzen wir wie die Wilden zu den Klängen, die der 73-jährige Rock-Opa da vorn auf der Bühne mit seiner Band von sich gibt.

Bruce Springsteen live in Ferrara
Bruce Springsteen live in Ferrara Foto: Carlo Vergani / Imago

„Bruuuce“ schallt es aus 50.000 Kehlen, dann legt das Energiebündel in der untergehenden Abendsonne mit „No Surrender“ (Keine Kapitulation) los. 27 Songs lang toben sich Springsteen & Co musikalisch auf der Bühne aus. Klassiker inbegriffen. Der Zugabenteil beginnt mit „Born in the U.S.A.“.

Eine Eintrittskarte für das Springsteen-Konzert am 18. Mai 2023 in Ferrara
Das Ticket für das Springsteen-Konzert Foto: Rainer Haendle

1964 bekam Springsteen seine erste Gitarre geschenkt, da kam ich gerade auf die Welt. Seine Songs haben mich ein Leben lang begleitet. Die Läufer-Hymne „Born to run“ erklang, als ich im Jahr 2005 die Startlinie des New York-Marathons überquerte.

Menschen vor einem Plakat zum Springsteen-Konzert in Ferrara
BNN-Redakteur Rainer Haendle beim Springsteen-Konzert am 18. Mai im oberitalienischen Ferrara Foto: Rainer Haendle

Nicht nur mich packen die Erinnerungen, den Österreichern, Finnen und Italienern neben mir geht es ähnlich. Das ist einer der Gründe, warum viele von uns hier das Springsteen-Konzert in die Urlaubsplanung eingebaut haben. Ja, wir sind bekloppt!

Nach drei Stunden packt Bruce die Akustikgitarre aus und verabschiedet sich mit „I’ll see you in my dreams“. Hoffentlich sehen wir uns nicht nur in den Träumen wieder, sondern spätestens bei der nächsten Tournee!

Düsseldorf (Merkur-Spiel-Arena), 21. Juni 2023: Phänomenale E-Street-Band

Wenn der noch nicht ganz alte Vater mit dem nicht mehr ganz jungen Sohn irgendwo in der Republik unterwegs ist, werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einer Bühne Gitarren geschrubbt.

Heute steht diese Bühne in der Merkur-Spiel-Arena, der Heimat von Fortuna Düsseldorf. Und auch wir sind mit Fortuna im Bunde, denn der Boss und seine phänomenale E-Street-Band (Van Zandt! Lofgren! Bittan! Weinberg! Und so weiter!) machen den Tag zu einem von jener Sorte, von der sie im Zugabenblock künden: „Glory Days“.

Open-Air-Konzert mit Fans in der Düsseldorfer Fußball-Arena
BNN-Redakteur Wilfried Lienhard (rechts) und sein Sohn beim Düsseldorfer Konzert von Bruce Springsteen. Foto: Wilfried Lienhard

Bruce Springsteen, das ist nicht nur ein Name, das ist eine Chiffre für Energie, für Ausdauer. Fast 15 Jahre jünger als er, stellt sich die Frage, woher er, der in seinem Erinnerungsbuch offen von Depressionen schrieb, diese unbändige Kraft nimmt, um 43.000 ekstatische Fans drei Stunden und 28 Songs lang zu begeistern.

Ein Leben ohne Springsteen-Songs? Soll es geben. Ein paar Stunden zuvor, beim zufälligen Schlendern durch die Stadt, fällt uns eine Menschenmenge vor dem Breidenbacher Hof auf. In der Luxusherberge ist der „rich man in a poor man’s shirt“ („ein reicher Kerl im Hemd eines Armen“), wie sich Springsteen in „Better Days“ selbst nennt, abgestiegen. Ein junges Pärchen fragt, auf wen die Menge wartet. Bruce Springsteen! Nie gehört.

Uns würde ohne die mittlerweile drei gemeinsamen Springsteen-Konzerte etwas fehlen. Gerne darf ein weiteres folgen. Die Stones können es ja auch nicht lassen.

Wien (Ernst-Happel-Stadion), 18. Juli 2023: Emotionale Geschichte vom „Boss“

Bruce Springsteen wäre nicht der „Boss“, wenn nicht jeder seiner Songs eine Geschichte erzählen, eine Botschaft vermitteln würde. Und für eine solche Botschaft nimmt er sich auch beim Konzert im altehrwürdigen Gemäuer des Wiener Ernst-Happel-Stadions viel Zeit. Es ist eine persönliche Botschaft – und sie ist emotional.

Vor dem Song „Last Man Standing“ erzählt er die Geschichte seiner ersten Band. Wie der Typ, der seine Schwester datete, ihn einlud mitzumachen.

Ein Typ namens George Theissder später sein Freund werden sollte und der vor einiger Zeit (2018) gestorben ist, genauso wie alle anderen Bandmitglieder – was den „Boss“ zum letzten Überlebenden der Gruppe namens The Castiles macht. Den Last Man Standing eben.

Zwei Personen vor der Bühne des Springsteen-Konzerts
Die BNN-Redakteure Sarah Gallenberger und Florian Krekel beim Springsteen-Konzert in Wien Foto: Florian Krekel

All das scheint Teil des Tourprogramms, seine Erzählung wird auf der Bühnenleinwand sinngemäß übersetzt. Doch nach dem Song wird der „Boss“ emotional. Er erzählt weiter, erzählt von dem Karton Bücher, von der Gitarre, der eine Saite fehlt und von dem Foto auf der Hochzeit des damals 19-jährigen Freundes.

Übersetzt wird da nichts mehr, der „Boss“ scheint spontan zu sprechen. Neben den wenigen Dingen, die ihm materiell blieben, sei da alles andere, was er im Herz behalte, sagt er und fasst sich an die Brust, sichtlich emotional.

Open Air von Bruce Springsteen
Der „Boss“ auf der Bühne im Ernst-Happel-Stadion in Wien Foto: Florian Krekel

Das Publikum geht mit, manch einer hat Tränen in den Augen. Der „Boss“ berührt, vor allem, als er als Zugabe den Song „I‘ll see you in my dreams“ spielt. Denn, so singt er, und man glaubt ihm ehrlich, es endet nicht mit dem Tod. Menschen liegen sich voller Emotion in den Armen, die Jubelstürme anschließend sind grenzenlos.

Springsteen hat ein Gespür für die Menschen. Und er ist, das stellt er bei seinem dreistündigen Konzert unglaublich eindrucksvoll unter Beweis: Der Godfather des Stadionrock. Energiegeladen, ohne stimmliche Abstriche rockt er bei über 30 Grad das Ernst-Happel-Stadion zusammen mit der E-Street-Band.

Im Publikum gibt es kein Halten. Die Menge grölt, als der 73-jährige Springsteen dann auch noch sein Hemd zerreißt und seinen durchtrainierten Oberkörper präsentiert. Egal, ob tief berührend, emotional, oder purer, echter, lauter (Stadion-)Rock: Der „Boss“ ist und bleibt der „Boss“. So einfach ist das.

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