Skip to main content

Meinung

von Heike Springhart

Gastbeitrag zu Weihnachten

Was der Karlsruher Landesbischöfin Heike Springhart trotz Terror und Krieg Hoffnung macht

Im Heiligen Land liegt das Leben vieler Menschen in Trümmern. Dass ausgerechnet in Bethlehem vor mehr als 2.000 Jahren Jesus Christus zur Welt kam, berührt die Karlsruher Landesbischöfin diese Weihnachten besonders.

Heike Springhart hält eine Predigt.
Heike Springhart ist seit April 2022 Landesbischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden. Die 48-jährige Theologin ist die erste Frau in diesem Amt. Foto: Christoph Schmidt/dpa

Zur Weihnachtszeit meiner Kindheit gehörte es, dass wir mit dem Pfarrer in einer kleinen Gruppe von Kindern und Jugendlichen auf den Fluren des Krankenhauses Weihnachtslieder gesungen haben. „Zu Bethlehem geboren ist uns ein Kindelein …“ – das mochte ich besonders gern, weil es so eine liebliche Melodie hat. Im letzten Jahr habe ich die Kirche in Bethlehem besucht, in deren Krypta ein mit einem Stern umfasstes Loch den Ort markiert, an dem Jesus geboren ist. Golden, prächtig. Das alles hat längst einen Riss bekommen.

In Bethlehem sind die offiziellen Weihnachtsfeierlichkeiten abgesagt

In den letzten Monaten nach dem Terrorangriff auf Israel und dem darauf entfesselten Krieg denke ich mit Sorge an die Menschen in Bethlehem, in Jerusalem, in Tel Aviv und in Gaza. Dass ausgerechnet in Bethlehem der Erlöser der Welt, der Friedensbringer, Jesus Christus zur Welt kam, das berührt mich in diesem Jahr besonders. Weder lieblich noch prächtig geht es dort in diesen Tagen zu. Die offiziellen Weihnachtsfeierlichkeiten sind abgesagt, aus dem sonst üblichen Trubel aus Weihnachtspilgern ist eine eigene, so gar nicht idyllische, stille Nacht geworden.

Vor einer Woche habe ich mir am Karlsruher Hauptbahnhof das Friedenslicht geholt. Wie in jedem Jahr haben die Pfadfinder es Anfang Dezember in Bethlehem entzündet und es gut gehütet nach Deutschland und Europa gebracht.

Das Friedenslicht aus Bethlehem nehmen traditionell Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Empfang und tragen es in die Gemeinden.
Das Friedenslicht aus Bethlehem nehmen traditionell Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Empfang und tragen es in die Gemeinden. Foto: Peter Gercke/dpa

Das Licht aus Bethlehem und die sorgsam weitergegebene Flamme zieht eine Spur des Friedens über die Welt direkt aus Bethlehem. In der Weihnachtskirche – direkt neben der Geburtskirche – in Bethlehem hat der Pfarrer eine besondere Krippe aufgebaut. Einen Haufen Trümmersteine, auf denen am Rand Holzfiguren stehen. In der Mitte liegt das Jesuskind, schutzlos zwischen den Trümmern. Es erinnert an all die Kinder und Erwachsenen, die unter den Trümmern des Krieges verschüttet sind, an so vielen Orten der Welt.

Wo vor mehr als 2.000 Jahren Jesus zur Welt kam, liegt heute die Welt und das Leben von unzähligen Menschen in Trümmern. Ausgerechnet aus Bethlehem kommt das Licht der Welt. Der Friedensbringer. Dass es gerade die kleine Stadt Bethlehem war, aus der der Retter der Welt kommt – darüber haben schon die Menschen in biblischen Zeiten gestaunt. Im Buch des Propheten Micha ist die Verheißung zu lesen, dass es Bethlehem ist – der kleinen Stadt unter den Städten in Juda –, aus der einmal der kommen wird, der der Messias für die Welt ist.

Weihnachten nährt die Hoffnung, dass ein Friedensstrahl auch dorthin leuchtet, wo die Welt in Trümmern liegt

Gott kommt dort zur Welt, wo die Welt in Trümmern liegt, wo es kalt und zugig ist. Das Friedenslicht kommt aus den Trümmern, es scheint in die Nächte, in denen Sirenen heulen und die Sorge um die gefangen Gehaltenen den Schlaf raubt. Weihnachten nährt die Hoffnung, dass ein Friedensstrahl auch dorthin leuchtet, wo es dunkel ist, auch bei uns: in verzweifelte und enttäuschte Herzen, in einsame Wohnungen, in zerrüttete Beziehungen. Das Licht des Friedens ist eine leise flackernde Flamme, zerbrechlich und schutzbedürftig. Die Verheißung und die Hoffnung dieses Weihnachtsfestes ist es, dass sich das Licht des Friedens nicht von den Trümmern begraben lässt.

Ausgerechnet aus Bethlehem kommt der Friedensbringer

Das ist vielleicht die größte Weihnachtsüberraschung, dass ausgerechnet aus Bethlehem der Friedensbringer kommt. Hüten wir das Licht – und bleiben wir beharrlich beim Beten und bei unserem Einsatz für den Frieden.

Über den Feldern bei Bethlehem klingt es aus den Mündern der Engel ja seit dem allerersten Weihnachtsfest: Friede auf Erden!

nach oben Zurück zum Seitenanfang