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Videodreh in Karlsruher Kneipe

Wie die Karlsruher Mittelalter-Rocker Saltatio Mortis den TikTok-Hit „Wellerman“ in einen Irish Pub brachten

Eine bundesweit erfolgreiche Karlsruher Band, die nicht auftreten darf. Eine Kneipe, die nicht öffnen darf. Und ein alter Song als Social-Media-Hit – all das kommt zusammen in „Wellerman“ von Saltatio Mortis.

Saltatio Mortis, Bild vom Videodreh „Wellerman“ im Karlsruher Irish Puh „Scruffy’s“: Sänger Jörg Roth alias Alea mit den Dudelsackspielern Robin Biesenbach alias Luzi (links) und Christian Sparfeldt alias El Silbador (rechts).
Angemessen altertümliche Atmosphäre: Die Karlsruher Mittelalter-Rockband Saltatio Mortis drehte, abgesichert durch Corona-Schnelltests, im Irish Pub „Scruffy’s“ ihr neues Video. Im Bild: Sänger Jörg Roth alias Alea mit den Dudelsackspielern Robin Biesenbach alias Luzi (links) und Christian Sparfeldt alias Elsi (rechts). Foto: Simon Volz

Im Mittelalter gab’s noch keine Shantys. Doch das alte Seemannslied „Wellerman“, das jüngst zum Social-Media-Hit geworden ist, lässt sich so perfekt im Stil der Mittelalter-Rockband Saltatio Mortis spielen, dass sich nicht die Frage stellt, warum sie den Song gecovert hat. Sondern eher, warum Saltatio Mortis nicht schon eher einen Shanty ins Repertoire genommen hat.

Auslöser dafür, dass die bundesweit erfolgreiche Formation eine eigene, stilecht mit Dudelsack dargebotene Version eingespielt hat, war der TikTok-Trend des Songs. Losgetreten hat ihn der schottische Postbote Nathan Evans, als er im Dezember 2020 seine Aufnahme hochlud, die eine Welle weiterer Interpretationen nach sich zog, unter anderem von so bekannten Musikern wie Queen-Gitarrist Brian May oder Trivium-Sänger Matt Heafy.

Der große Erfolg mag an der aufmunternden Stimmung des Songs liegen, der wie so viele Seemannslieder damals gesungen wurde, um die schwere Arbeit auf See erträglicher zu gestalten. Seine hoffnungsvolle Aussage, dass Durchhalten am Ende belohnt wird, passt möglicherweise in die von der Pandemie geprägten Zeit.

Videodreh im zweiten Wohnzimmer in Karlsruhe

Für die Präsentation haben Saltatio Mortis sich auf ihre Wurzeln in Karlsruhe besonnen. „Als wir uns überlegten, wie und wo wir ein Video drehen wollen, kam uns als erstes das ,Scruffy’s’ in den Sinn“, sagt Gründungsmitglied und Drehleier-Spieler Gunter Kopf alias Falk. „Für eine Rockband wie uns mit mittelalterlichen und folkigen Wurzeln ist diese Atmosphäre so etwas wie unser zweites Wohnzimmer.“

Pubchef Paul Burke war von der Idee begeistert. Durch Schnelltests aller Beteiligten war der Videodreh coronakonform möglich. Und so erlebt man nun einen Song, der zum ausgelassenen Feiern einlädt, präsentiert von einer Band, die derzeit nicht auftreten darf, in einer Kneipe, die derzeit nicht öffnen darf.

Dabei hätten Saltatio Mortis gerade im vergangenen Jahr mit dem 20-jährigen Bandbestehen viel Grund zum Feiern gehabt. Zahlreiche Auftritte waren geplant, Videodrehs vereinbart worden und das neue Album sollte erscheinen. Wegen Corona kam alles anders. Immerhin konnte im Oktober trotz aller Widrigkeiten das Studioalbum „Für immer frei“ erscheinen, auf dem die Karlsruher Spielleute ihr mittelalterliches Instrumentarium mit einer modernen Punkattitüde verbinden.

Das Video zu „Löwenherz“ entstand in der Pfalz

Saltatio Mortis positionieren sich darauf gegen Rechts, gegen die Wegwerfgesellschaft und für die Umwelt, gegen Gleichgültigkeit und mangelnde Toleranz. Selten zuvor klang die Formation facettenreicher und moderner, ohne dabei ihre Wurzeln zu verleugnen.

„Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, keine belanglose Musik zu machen“, meint Gunter Kopf dazu. „Wir sehen uns aber nicht als eine belehrende Band und wollen nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt ziehen. Wir wollen denen, die sich einsetzen, aber gern den Soundtrack dafür liefern.“ Klischees und musikalische Wiederholungen sind ihnen zuwider. Daher überschreiten sie auf ihren Veröffentlichungen auch gerne die eine oder andere Grenze zwischen Musikgenres.

Schon kurz zuvor, im September, hatten Saltatio Mortis mit „Löwenherz“ die dritte Singleauskopplung des Albums mit einem Video vorgestellt. Auch dieses entstand in der Region: Gedreht wurde in der romantisch-schönen Atmosphäre der Burg Trifels oberhalb der südpfälzischen Stadt Annweiler, dem historischen Ort der Gefangenschaft des englischen Königs Richard Löwenherz – eine Figur, die schon immer von großer Bedeutung für die Totentänzer war.

Hoffnung auf die Zeit nach Corona

Von der Musik über den Text bis hin zum Skript, dem Dreh, dem Schnitt und den Effekten stammt alles von der Band, die Idee für das Drehbuch und die Geschichte des Videos hatten Schlagzeuger Timo Gleichmann alias Lasterbalk sowie Dudelsackspieler Robin Biesenbach alias Luzi zusammen mit dem Kameramann Simon Volz.

Am 10.08.2018 waren Saltatio Mortis zu Gast bei den BNN. Links im Bild: Schlagzeuger Timo Gleichmann alias Lasterbalk, rechts: Gründungsmitglied und Drehleier-Spieler Gunter Kopf
Am 10.08.2018 waren Saltatio Mortis zu Gast bei den BNN. Links im Bild: Schlagzeuger Timo Gleichmann alias Lasterbalk, rechts: Gründungsmitglied und Drehleier-Spieler Gunter Kopf Foto: BNN

Dass für „Löwenherz“ gewissermaßen ein Dreh an Originalschauplätzen möglich war, ist Matthias Weber von der Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz zu verdanken, der der Band mit Rat und Tat zur Seite stand. Als Ergänzung dazu besuchten die Musiker die Landesausstellung „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“ im Landesmuseum Mainz.

Die Austellungsführung durch die Museumsleiterin Birgit Heide ist auf dem Youtube-Kanal der Band zu sehen. „Die Ausstellung war ein Traum“, erzählt Gunter Kopf. „Sobald es wieder möglich ist, würden wir uns sehr freuen, wenn die Mühe, die sich die Kuratoren gemacht haben, dadurch belohnt wird, dass viele Menschen die Ausstellung besuchen.“

Auch wenn das Krisenjahr 2020 für Saltatio Mortis wie für alle Musiker finanziell katastrophal war, so haben sich die Mittelalter-Rocker nicht komplett ausbremsen lassen, sondern die Prioritäten verschoben. In der Hoffnung, dass nach Corona dann auch wieder zusammen gefeiert werden kann – in Konzerthallen und in Kneipen.

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