Skip to main content

Kultur ohne Grenzen

Zugewanderte lernen bei einem großen Projekt das Staatstheater in Karlsruhe kennen

Sprache ist der Schlüssel für Integration? Ja, Kultur aber auch. In einem gemeinsamen Projekt lassen das Landratsamt Karlsruhe, der Arbeitskreis für Aus- und Weiterbildung und das Badische Staatstheater zugewanderte Menschen hinter die Theaterkulissen blicken.

Menschen stehen in einem Kreis zusammen und strecken die Arme in die Höhe.
Jeder einzelne Teilnehmer des Workshops durfte sich mit einer Geste vorstellen – der Rest ahmte sie nach. Foto: Rake Hora

Ein Kleiderbügel liegt auf dem Boden. Was kann er alles sein? Mehr als einfach nur ein Kleiderbügel? Die Fragezeichen wachsen über den Köpfen der rund 20 Menschen, die im Kreis um den Kleiderbügel stehen und nicht richtig wissen, was sie tun sollen.

Theaterpädagogin Anna Müller liefert die Initialzündung und macht typische Bewegungen eines Golfspielers. „Ein Golfschläger!“, raten die Teilnehmer richtig. Es folgen Geigen, Regenschirme, Pfeil und Bogen, Paddel und Schwerter. Das Eis im Theaterworkshop ist gebrochen.

Es ist ein Workshop der besonderen Art. Er richtet sich an Menschen, die nach Deutschland zugewandert oder geflüchtet sind. Viele sprechen schon gut deutsch, andere haben gerade erst begonnen, die Sprache zu lernen.

Sie kommen aus Australien, von den Philippinen, aus Vietnam, Kuba, dem Irak, Syrien und Palästina. Manche von ihnen waren noch nie im Theater – auch nicht in ihrer Heimat.

Zugewanderte Menschen sollen das Theater in Karlsruhe kennenlernen

Bei dem Projekt „Kultur ohne Grenzen“ arbeiten die Kreisintegrationsstelle des Landratsamtes Karlsruhe, der Arbeitskreis für Aus- und Weiterbildung und das Badische Staatstheater Karlsruhe zusammen. Zugewanderte Menschen sollen das Staatstheater kennenlernen – nicht nur als Publikum, sondern auch „hinter den Kulissen“.

Finanziert wird das Projekt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge über das Programm BGZ (Bundesprogramm Gesellschaftlicher Zusammenhalt).

Unser Wunsch ist, dass viele Zugewanderte erreicht werden.
Darja Segel, Integrationsbeauftragte

„Unser Wunsch ist, dass viele Zugewanderte erreicht werden“, erklärt die Integrationsbeauftragte des Landkreises, Darja Segel. Bis 2023 sind Workshops, Führungen, Teilnahme an Proben und Austauschtreffen geplant. Vorgesehen ist auch, dass mit Theater erfahrene Menschen einzelne Projektteilnehmer persönlich rund um das Thema Theater begleiten.

In verschiedenen Netzwerken wie Integrationskursen und Familienzentren wurde für das Projekt geworben.

Ein Mann hat einen Kleiderbügel in der Hand und steht inmitten eines Kreises aus Menschen, die die Theaterarbeit kennenlernen möchten.
Was tun mit einem Kleiderbügel? Spielen! Diese Erfahrung machten Menschen aus unterschiedlichen Ländern bei einem Workshop am Badischen Staatstheater. Foto: Rake Hora

Ein „gegenseitiges Befruchten“ wünscht sich Ulrike Kaiser vom Arbeitskreis für Aus- und Weiterbildung. Menschen, die andere Erfahrungen mit Kultur und Kultureinrichtungen aus ihren Heimatländern mitbringen, soll die hiesige Theaterwelt näher gebracht werden.

Gleichzeitig sollen aber auch die Gespräche über das Beobachtete und Erlebte einen Einblick in die jeweils andere Tradition eröffnen.

Theater lebt vom Sinnlichen.
Judith Blumberg, Agentin für Diversität

„Kulturelle Teilhabe ist auch Teil von sozialer Teilhabe und Integration“, erklärt Judith Blumberg. Sie ist Agentin für Diversität am Badischen Staatstheater und in ihrer Funktion bestrebt, das Theater mehr zu öffnen. „Theater lebt vom Sinnlichen“, sagt sie, „dieses Projekt soll die Teilnehmer als Menschen mit Interessen und Fähigkeiten ansprechen.“

Die Theaterpädagogen Benedict Kömpf-Albrecht und Anna Müller locken den Teilnehmern an diesem Abend ihre Fähigkeiten in verschiedenen Übungen raus. Sie lernen sich kennen, erklären, was der andere gut kann: Eine Architektin ist dabei, ein Bildhauer, eine Lehrerin.

16-Jähriger Junge aus dem Irka möchte jetzt ein Praktikum am Badischen Staatstheater in Karlsruhe machen

Ducky aus Australien ist Software-Entwicklerin. Sie lebt seit vier Jahren in Karlsruhe, wo sie nach einer Programmiernacht auf ihrer Europa-Reise einfach geblieben ist. „Super“, findet sie den Workshop: „Ich liebe Spielen und das ist ein riesiges Spiel.“ Sie würde gerne öfter kommen.

Miriam arbeitet seit einem Jahr als Ingenieurin in Deutschland. In ihrer Heimat auf den Philippinen gab es Theater nur in der Schule oder in der Großstadt. „Hier gibt es mehr Möglichkeiten“, sagt sie. Sie schätzt an dem Workshop besonders, dass sie andere Menschen kennenlernen kann.

Nach einer weiteren Runde „Spielen“ – die Teilnehmer stellen pantomimisch ein Schwimmbad, ein Restaurant, ein Bauernhof und eine Pyramide dar – folgt eine große Fragerunde: Wie viele Menschen arbeiten im Theater? „700 bis 800 Menschen aus 46 Nationen“, antwortet Theaterpädagoge Kömpf-Albrecht.

„Welche Berufe gibt es“ und „Kann ich ein Praktikum machen“, möchte ein 16-jähriger Junge aus dem Irak wissen. In einem sind sich schließlich alle einig: Sie möchten wieder kommen und das „richtige, große Theater“ anschauen.

nach oben Zurück zum Seitenanfang