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Wiederbeleben am Festtags-Tisch

Auch über Weihnachten arbeiten diese Helfer und retten Leben

Während andere gemütlich unterm Weihnachtsbaum sitzen, schieben sie Dienst für die Allgemeinheit. Ein Notarzt, eine Telefonseelsorgerin und ein Feuerwehrmann erzählen.

Arzt John Kerner steht vor einem Notarztwagen.
John Kerner hat über die Feiertage Bereitschaftsdienst als Notarzt. Diesmal unter Corona-Bedingungen. Die obligatorische Maske hat der Brettener nur für das Foto abgelegt. Foto: Frank Britting

Die einen speisen fürstlich an der gedeckten Weihnachtstafel und packen anschließend im Kreise ihrer Liebsten unterm Christbaum Geschenke aus.

Die anderen müssen arbeiten, weil sonst der Betrieb stillsteht oder gar Menschenleben auf dem Spiel stehen.

Wir haben nachgefragt bei Menschen, die auch an Weihnachten im Einsatz sind für andere, die auf diese Hilfe angewiesen sind.

Dramatischer Notarzt-Einsatz am Weihnachtsbaum

An einen dramatischen Einsatz an Weihnachten erinnert sich John Kerner noch sehr gut. Er ist Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin und leitender Notarzt am Standort Bretten. Seit mehr als zehn Jahr macht der 46-jährige Familienvater aus Neuthard am 25. Dezember zusammen mit einem befreundeten Notfallsanitäter den Feiertagsdienst.

Ich habe gelernt, dass es sich lohnt, weiter zu kämpfen.
John Kerner, Leitender Notarzt

Dies war auch an einem Feiertag vor einigen Jahren der Fall. Über den Notruf war die Meldung eingegangen, dass ein 35-jähriger Mann um die Mittagszeit plötzlich zusammengebrochen sei und bewusstlos auf dem Boden liege. Mit Blaulicht eilten sie zum Einsatzort und fanden den jungen Mann zwischen Weihnachtsbaum und Festtagstisch regungslos am Boden liegen, die Familie sichtlich geschockt.

Sofort begannen sie mit der Reanimation - ein dramatischer Kampf um Leben oder Tod. „Wir haben uns zwei Stunden lang mit höchstem Einsatz bemüht, den Mann zu stabilisieren und zwischendurch immer wieder befürchtet, dass das nicht gut gehen könnte und die Hoffnung fast schon aufgegeben“, berichtet der Notarzt. Schließlich gelang es doch, den Patienten so weit stabil zu bekommen, dass er mit dem Rettungswagen in die Klinik gebracht werden konnte.

Nach fünf Tagen war der Patient überm Berg

Doch dort stellte sich heraus, dass die Ursache des Zusammenbruchs nicht wie vermutet ein Herzinfarkt war, sondern eine Herzmuskelentzündung, die eine Weiterverlegung in eine Spezialklinik erforderlich machte. Durch einen glücklichen Umstand fand sich auch eine Klinik, die einen entsprechenden Platz mit dem nötigen Herzunterstützungssystem frei hatte.

Auch bei diesem Transport begleitete Doktor Kerner den Patienten und lieferte ihn am Abend dort ab. Nach fünf Tagen war der junge Mann über dem Berg.

„Der Zufall wollte es, dass ich eine Woche später wieder in diese Klinik kam und mich nach dem Patienten erkundigte. Er hatte die Geschichte völlig unbeschadet überstanden und saß im Bett und las Zeitung“, erzählt der Notarzt. Der Einsatz habe ihn geprägt und den Eindruck verstärkt, dass es sich lohnt, weiterzukämpfen, auch wenn eine Situation aussichtslos erscheine.

Den größten Verdienst bei der Rettung des Patienten schreibt der Brettener Notfallmediziner allerdings dessen Schwager zu. Der hatte als ausgebildeter Ersthelfer sofort mit Herzmassage und Beatmung begonnen und so die etwa acht Minuten überbrückt, bis der Notarzt eintraf.

Auch in diesem Jahr wird John Kerner am ersten Weihnachtsfeiertag wieder mit seinem befreundeten Notfallsanitäter Dienst machen, dieses Mal allerdings unter besonderen Corona-Bedingungen.

Höchst selten brennt ein Weihnachtsbaum

Feuerwehrmann Karlheinz Leichle von der Feuerwehr Bretten
Karlheinz Leichle von der Feuerwehr Bretten erinnert sich nur an wenige Weihnachtseinsätze. Foto: Tom Rebel

Bereitschaftsdienst an Heiligabend gibt es zwar bei der Freiwilligen Feuerwehr schon lange nicht mehr. Zumindest nicht in der Feuerwache. Denn Feuerwehrleute sind ohnehin rund um die Uhr in Bereitschaft und haben den digitalen Melder immer in der Tasche.

Was aber nicht heißt, dass sie nicht auch an Heiligabend oder während der Feiertage zu einem Brand oder einem Unfall gerufen werden können. Doch anders als vielleicht erwartet, war es in den vergangenen Jahren in Bretten über Weihnachten überaus ruhig.

Nur einmal – und das ist schon über 20 Jahre her – gab es auf der alten B293 ein paar Tage vor Weihnachten einen schweren Unfall.
Karlheinz Leichle, stellvertretender Kommandant der Brettener Gesamtwehr

Mehr noch: „Ich kann mich an keinen einzigen größeren Einsatz an Weihnachten erinnern“, sagt Karlheinz Leichle, der stellvertretende Kommandant der Brettener Gesamtwehr. Und der ist schon seit 44 Jahren Feuerwehrmann und hat ein gutes Gedächtnis. Kein größerer Brand, kein abgefackelter Christbaum.

Einen brennenden Feuerwerkskörper auf dem Balkon oder einen kokelnden Baumstumpf habe es schon mal gegeben, das sei dann aber eher gegen Silvester gewesen.

Orkan Lothar war für die Feuerwehr wohl der größte Weihnachts-Einsatz

Nur einmal, am zweiten Weihnachtsfeiertag - stand Leichle fassungslos bei der Kirche St. Laurentius. „Da fegte der Orkan Lothar übers Land, und wir bekamen die Meldung, dass vom Kirchendach Ziegel nach unten fielen“, erinnert sich der Feuerwehrmann.

Als sie dort ankamen, stand ein Mann in Schwarz - nicht der Pfarrer - neben dem Langschiff und schaute nach oben, während ihm die Ziegel nur so um die Ohren flogen. „Ich verstehe bis heute nicht, warum ihn kein einziger getroffen hat“, erzählt Leichle kopfschüttelnd. Umgehend habe man den Mann dann in Sicherheit gebracht.

„Nur einmal – und das ist schon über 20 Jahre her – gab es auf der alten B293 ein paar Tage vor Weihnachten einen schweren Unfall“, erinnert sich Leichle. Ein älteres Ehepaar kollidierte damals frontal mit einem Schneeschieber und überlebte den Unfall nicht. Seither herrscht Ruhe an Heiligabend. Und wenn es nach Karlheinz Leichle geht, könnte dies auch die nächsten Jahre so bleiben.

Bei der Telefon-Seelsorge steht das Thema Einsamkeit an Weihnachten ganz oben

Bettina Grimberg, eine der Leiterinnen der Telefonseelsorge Karlsruhe, hat das Telefon am Ohr.
Bettina Grimberg, eine der Leiterinnen der Telefonseelsorge Karlsruhe, rechnet über die Weihnachtstage aufgrund von Corona mit vermehrten Anrufen Foto: Meike Terner-Doll

Das Thema Einsamkeit steht derweil für Bettina Grimberg und ihre knapp 80 Mitarbeitenden im Fokus. Die Pfarrerin ist eine der Leiterinnen der Telefonseelsorge Karlsruhe, bei der auch immer wieder Ratsuchende aus Bretten anrufen. Wie wird Weihnachten in diesem Jahr? Wer wird kommen? Wie kann ich diese Feiertage überstehen und gestalten? Das seien die Fragen der vorwiegend älteren alleinstehenden Anrufer, die sich bis Heiligabend melden.

„Wir denken, das das in diesem Jahr noch viel stärker der Fall sein wird, weil man sich ja nicht mit Freunden treffen kann und auch sämtliche Veranstaltungen wegfallen“, erklärt Grimberg. Deshalb werde man wohl noch eine zweite Leitung schalten, die rund um die Uhr besetzt ist.

Nach Heiligabend wächst die Enttäuschung

Es sei das Bedürfnis, mit jemandem zu reden, die eigene Situation zu schildern und jemand zu haben, der zuhört, beschreibt die Seelsorgerin das Bedürfnis der Anrufer. „Es ist ja nicht so, dass wir Lösungen hätten, doch wir können Mut machen, Impulse geben, was der Mensch tun kann, um den Abend für sich schön zu gestalten“, sagt Grimberg. Das Wichtigste sei, dass man da sei, zuhöre und Verständnis und Zuwendung äußere.

Nach Heiligabend ändert sich nach Erfahrungen der Telefonsorge das Thema: An den Feiertagen ginge es dann mehr um die Enttäuschung, dass das Fest nicht so schön war, wie erwartet, dass jemand nicht gekommen sei oder dass es Konflikte und Streit in der Familie gegeben habe, bekundet die Telefonseelsorgerin. Auch an diesem Weihnachtsfest haben die Mitarbeiter wieder ein offenes Ohr für alle Einsamen und Bedrückten.

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