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Jahrhundertealte Brauchtumspflege

Ausnahmezustand in Oberderdingen bei der Feier von Lichtmess

Oberderdinger Kuchenreiter holen Weißbrotlaibe an der Mühle ab und führen damit eine Tradition fort. Kinder und Musikverein wirken mit.

Am Lindenplatz im Oberderdinger Unterdorf begrüßt Bürgermeister Thomas Nowitzki die zahlreichen Gäste beim ersten Stopp des Kuchenreiterumzuges. Darunter an die 280 Kinder der Grundschule und der Kindergärten.
Am Lindenplatz im Oberderdinger Unterdorf begrüßt Bürgermeister Thomas Nowitzki (mit Mikrofon) die zahlreichen Gäste beim ersten Stopp des Kuchenreiterumzuges. Darunter viele Kinder aus der Grundschule und den Kindergärten. Foto: Gerhard Obhof

An die 200 Besucher haben sich am Freitagmorgen zum Start des traditionellen Kuchenreitens bei der oberen Mühle in Oberderdingen eingefunden. Nach einer musikalischen Eröffnung durch den örtlichen Musikverein begrüßte Bürgermeister Thomas Nowitzki die zahlreichen Gäste.

Acht Reiter holen in Oberderdinger Mühle Brotlaibe ab

Nowitzki dankte den acht Reitern, den Musikern und den Besitzern der Mühle für ihre Mitwirkung bei dieser Traditionsveranstaltung und gab einen historischen Rückblick zum Entstehen des Kuchenreitens, um das sich so manche Geschichten ranken.

„Seit 2016 haben wir auch Reiterinnen in den Kreis der Kuchenreiter aufgenommen. Ohne diese Entscheidung hätten wir heute echte Probleme“, meinte Nowitzki.

Nach der Überlieferung holten sechs ledige Burschen die Weißbrotlaibe hoch zu Ross an der Mühle ab und brachten sie in den Amthof. Heute überwiegen die Reiterinnen.

Zum 24. und letzten Mal dabei ist Nicolai Merdian. „Im kommenden Jahr werde ich verheiratet sein und darf nicht mehr mitreiten, höchstens zu Fuß dabei sein“, sagte Merdian.

Der jüngste Kuchenreiter ist fünf Jahre alt

Der jüngste Kuchenreiter, in inzwischen vierter Teilnehmergeneration, ist der fünfjährige Matteo Rostan auf einem Pony von Opa Rotfritz. Begleitet wird er von seinen Eltern Martin und Alexandra. „Er wollte unbedingt mitreiten“, betonte Martin Rostan und fügte hinzu: „Tradition muss man leben.“

Bereits im Ortslagerbuch von 1722 wird der Brauch beschrieben. Dieser wird seit 72 Jahren, seit er nach dem Krieg wieder aufgenommen wurde, noch immer auf gleiche Weise zelebriert.

Über viele Jahrhunderte war Oberderdingen unter der Herrschaft des Klosters Herrenalb. Die Weißbrotlaibe waren Teil der von den Mühlen zu entrichtenden Abgaben an die jeweiligen Ortsherren. Als im Jahre 1806 die Klöster aufgelöste wurden, hatte die Gemeinde die Mühle übernommen und die Pflicht zur jährlichen Lieferung der Brotlaibe als Last ins Grundbuch eintragen lassen.

Die heutigen Eigentümer der oberen Mühle, Sibylle und Steffen Wendel aus Bruchsal, erfüllen damit nicht nur ihre Pflicht, sondern freuen sich nach eigenen Worten, an dieser besonderen Tradition teilhaben zu können.

Auf Lindenplatz warten über 280 Kinder

Bei der nächsten Station am Lindenplatz warteten bereits über 280 Grundschul- und Kindergartenkinder mit ihren Erziehern und Lehrern und vielen Eltern, um diesen besonderen Tag in Oberderdingen mitfeiern zu können.

Alle Kinder hatten ein aus einer Weidenrute und mit bunten Bändern geschmücktes „Weidenpferdchen“ mit einem „Lichtmesslaibchen“ dabei und führten zu den Klängen des Musikvereins Tänze auf.

Lichtmessmarkt rund um den Marktplatz

Nowitzki bedankte sich bei Dieter Weisert, der seit Jahren die „Weidenpferdchen“ für die Schulen und Kindergärten herstellt. Im Anschluss führte der Zug zum Verwaltungsgebäude der E.G.O. und von dort weiter in den Ort. Im historischen Ortskern rund um den Marktplatz gab es den ebenfalls traditionellen Lichtmessmarkt.

Zum Brauch gehört abends ein Lichtmesstanz, bei dem dann die Weißbrotlaibe verzehrt werden.

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