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Ein Kilometer langer Blumenschmuck

Prozessionen und Blumenteppiche: Wie Menschen in Bretten und Karlsdorf Fronleichnam feiern

Einen rund ein Kilometer langen Blumenteppich konnten Einheimische und Gäste an Fronleichnam in Karlsdorf bestaunen. In Bretten war der Blumenschmuck nicht ganz so üppig. An beiden Orten fanden Prozessionen statt.

Fronleichnam Karlsdorf-Neuthard 2022
Die Prozession an Fronleichnam hat in Karlsdorf eine lange Tradition. Der Ort ist in der Region bekannt für seinen rund einen Kilometer langen Blumenteppich. Foto: Dominic Körner

Einige Menschen schmücken an Weihnachten ihr Haus, andere verwandeln es zu Halloween in eine Gruselgruft. Joachim Klein aus Karlsdorf-Neuthard legt sich stattdessen an Fronleichnam ins Zeug. Der 47-Jährige ist einer von vielen Bürgern, die zum Feiertag einen riesigen Blumenteppich im Ort erschaffen.

Für Familie Klein eine farbenfrohe Tradition: „Ich habe schon als Kind dabei geholfen“, sagt Klein. Der Blumenteppich in Karlsdorf ist über den Ort hinaus bekannt. Auf einer Länge von rund einem Kilometer zog er sich durch den Ort – bis zur St.-Jakobus-Kirche, wo der Festgottesdienst stattfand.

Einen etwa 200 Meter langen Abschnitt in der Dettenheimer Straße hatte Klein mit weiteren Mitstreitern gestaltet, dazu einen schmuckvollen Altar in seinem Hof.

Die Vorbereitungen begannen bereits vor Wochen. „Motivsuche, Schablonen schneiden, Blumen sammeln“, zählt Klein auf, was sich alles an Vorarbeit hinter dem Projekt verbirgt. Damit die Blüten zum Feiertag nicht welk sind, wurden sie in Keller und Scheune kühl gelagert. Ab 6 Uhr morgens schmückten Bürger die Straßen.

Ein Kilometer langer Blumenteppich zieht sich an Fronleichnam durch Karlsdorf

Klein, der sich laut eigener Aussage in jedem Jahr neue Motive ausdenkt, beeindruckt das Blumenmeer im Ort auch nach mehr als vier Jahrzehnten: „Das ist schon ein imposanter Anblick“, sagt er. In Karlsdorf ist man stolz auf den blumigen Blickfang zu Fronleichnam. „In Weingarten gibt es das auch“, sagt Fona Leicht schmunzelnd, „aber der ist nicht so lang wie bei uns.“

Der Blumenteppich ist ein imposanter Anblick.
Joachim Klein, Bürger aus Karlsdorf-Neuthard

Dabei war bis vor einigen Tagen keineswegs sicher, dass es auch diesmal etwas wird mit dem Blumenteppich im Ortskern. „Viele Leute, die früher dafür zuständig waren, sind mittlerweile zu alt dafür“, sagt Leicht. Sie könnten sich nicht mehr bücken, die körperliche Arbeit falle ihnen schwer.

Deshalb muss nun die jüngere Generation dabei helfen, die Tradition am Leben zu halten. „Dieses Jahr stand das Projekt auf der Kippe“, räumt Leicht ein, „es war schwierig, Leute zu finden.“ Geklappt hat es schließlich doch. Die Gemeinde hatte Gras auf Sportplätzen und Wiesen gemäht und neben der Schule gelagert. Dort konnten Bürger zugreifen, die noch ein wenig Grün für ihren Blumenteppich benötigt.

Hinzu kamen Blüten in allen erdenkbaren Farben, von der Butterblume bis zur Rose. „Die Menschen haben sich gegenseitig geholfen“, sagt Leicht. „Wenn einer noch Gras gebraucht hat, bekam er es vom Nachbarn.“ Im Mittelpunkt des katholischen Hochfests am zweiten Feiertag nach Pfingsten steht die Eucharistie – die Umwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi.

Brettener Stadtkapelle begleitet Prozession vom Stadtpark zum Marktplatz

Der vor etwa 750 Jahren entstandene Name bedeutet „Leib des Herrn“. In vielen Pfarrgemeinden wird seit dem 13. Jahrhundert die geweihte Hostie als Leib Christi durch die Straßen getragen.

Der Blumenteppich in Karlsdorf war nicht nur ein Hingucker, er war ein sozialer Treffpunkt. Die Bürger aus dem Ort kamen zusammen, sie bewunderten und fotografierten den Blumenschmuck, einige hielten ein Schwätzchen. Nach dem Gottesdienst zogen die Besucher unter musikalischer Begleitung des Musikvereins durch das Dorf.

Fronleichnam Karlsdorf-Neuthard 2022, Joachim Klein
Joachim Klein legt kurz vor der Fronleichnams-Prozession noch einmal Hand am Blumenteppich vor seinem Haus an. Foto: Dominic Körner

Eine Fronleichnams-Prozession gab es auch in Bretten. Dort liefen rund 200 Gläubige nach dem festlichen Gottesdienst im Stadtpark zu den Klängen der Stadtkapelle über die Weißhofer Straße bis zum Marktplatz, wo ein 30 Meter langer Blumenteppich auslag.

In Gedanken war man auch bei den Menschen in der Ukraine, die unter dem russischen Angriffskrieg leiden. Der aus Blüten geformte Wunsch „Frieden“ einte die Bürger am Marktplatz. Die Polizei regelte den Verkehr. Autofahrer mussten während der Prozession Geduld mitbringen, einige von ihnen drehten um.

„Fronleichnam ist mein Lieblings-Feiertag“, sagte ein kleiner Besucher strahlend. „Ich liebe die Blumen!“ Auch Meike Müller freut sich jedes Jahr auf die Prozession. Ihr gefalle das „Wir-Gefühl“ bei der Prozession durch die Stadt. „Das ist bei uns einfach Tradition.“

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