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Zeitreise in der Vogtei in Bretten

Vereinigung Alt-Brettheim lässt Rittertum wieder aufleben

Wer kennt sie nicht, spannende Geschichten von Abenteuerlust, Edelmut und Ritterstolz? Ein Experte lässt auf Einladung engagierter Brettener Bürger hinter die Kulissen blicken.

Drei Männer in historischem Ambiente
Kenner des Ritterstandes: Leo Vogt (links) und Thomas Lindemann (rechts) von der Vereinigung Alt-Brettheim holten den Kunsthistoriker Bernd Neuhaus aus Berlin in die Vogtei. Foto: Achim Hartlieb

„Ritter sein ist herrlich, aber auch gefährlich!“ Wer kennt sie nicht, die atemberaubenden Heldentaten der Ritter um König Artus oder das unvergängliche Epos der drei Musketiere? Spannende Geschichten, von Abenteuerlust, Edelmut und Ritterstolz durchzogen, prägen das Bild eines mittelalterlichen Mannes, der werteorientiert, wagemutig und ehrbar in den Diensten seines Herren steht.

Kaum zu glauben, dass ein Stand von adliger Provenienz samt seinem machtvollen Habitat dem Untergang geweiht sein sollte. Wer oder was konnte das Ende des Ritterstandes besiegeln?

Vereinigung Alt-Brettheim belebt die Vogtei

Auf Einladung der Vereinigung Alt-Brettheim um dessen Vorsitzenden Thomas Lindemann gab der Berliner Kunsthistoriker Bernd Neuhaus Auskunft bei einem Vortrag in der Vogtei.

Im Zentrum stand das Herrschaftsgebiet Burgund. Eingebettet zwischen dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und einem innerlich zerrissenen Frankreich kann sich in der Gegend um Gent, Lüttich und Lille ein Machtzentrum entfalten, das den berühmten Zentren Florenz, Toccata, Mailand und Venedig um nichts nachsteht.

An einem Bild eines Burgunderteppichs, Chiffre für die rauschenden Ritterfeste in dieser Region seiner Zeit, verdeutlicht Bernd Neuhaus detailreich die militärische und kulturelle Bedeutung dieses damaligen Adelsstandes der Ritter, der um das 12. Jahrhundert europaweit in Blüte steht. 

Ritterturniere sind Großereignisse

Mit dem Aufkommen von Fernwaffen driften die Ritter ins Abseits. Jedoch zunächst nicht ganz: Sie verlegen ihr Kampfgeschehen vom Schlachtfeld auf den Turnierplatz. Ritterturniere sind damals Großereignisse in den Metropolen der Zeit, farbenprächtig, bildgewaltig und laut.

Wie wurde man eigentlich Ritter? Ein Nachkomme aus den damals kinderreichen Adelsfamilien wird auserkoren und von frühester Kindheit an zum Ritter ausgebildet. Er durchläuft bei seinem Herrn eine lange Zeit, in der er sich in kämpferischen Auseinandersetzungen bewähren muss.

Lieber Gefangennehmen als Blutvergießen

Die Grausamkeit der Kriegsführung späterer Jahrhunderte kennt man dabei nicht. Ehrbare Ritter haben kein Interesse daran, Tote und Verletzte zu zählen. Im Gegenteil: Man versucht, möglichst viele Gefangene zu machen, um diese dann gegen Lösegeld wieder einzutauschen. 

Es ist mit erheblichem finanziellem Aufwand verbunden, dem Ritterstand zugehörig zu sein. Man braucht Ländereien und Menschen, die sie bestellen und die erforderlichen Abgaben leisten. Im ausgehenden Mittelalter gewinnen die Fürstentümer an Bedeutung. Diese sind als größere Machtzentren auch Finanzzentren. Die Ritter haben zunehmend das Nachsehen.

Neue Waffen besiegeln Ende des Rittertums

Das eigentliche Ende des Rittertums läuten die Distanzwaffen ein. Zuerst die Armbrust, die allmählich Durchschlagskraft entwickelt. Ritter Löwenherz ist eines der ersten Opfer dieser Waffe. Schon um das Jahr 1300 haben die Chinesen das Schießpulver nach Europa gebracht, wo es perfektioniert wird. Ab 1400 haben Kanonen mit Steinkugeln als Munition zur Folge, dass Stadtmauern und Stadttoren nicht mehr sicher sind. Um diese Zeit kommen auch die Langbögen zum Einsatz.

Die im 15. Jahrhundert aufkommende mobile Artillerie ändert zudem die Strategie der Kriegsführung massiv. Landsknechte bilden nun als bezahlte Söldner große wehrhafte, bis zu 100 Mann starke „Haufen“. Rekrutierung und Ausbildung sind einfach. Für junge, arbeitslose Männer wird es wirtschaftlich attraktiv, sich diesen Heeren anzuschließen. Sie erhalten die lange Hellebarde und sind nach kurzer Ausbildung schnell einsatzbereit. Damit ist das Ende des Ritterstands besiegelt.

Romantisches Bild entwickelt sich im Nachhinein

Die Erinnerung an diese glorreiche Epoche jedoch lebt fort. Bereits im Spätmittelalter und stärker noch nach der Französischen Revolution etabliert sich anhand des üppigen Bildmaterials ein detailreiches romantisches Ritterbild.

Generationenübergreifend, vom Kettenhemd bis zum Plattenpanzer: Der letzte Ritter, Kaiser Maximilian, zeigt stolz seine Rüstung, allzeit bereit, sich beim nächsten Ritterturnier wieder ins Kampfgetümmel zu stürzen. 

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