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Weinprobe online

Weingüter aus der Region Bretten setzen in der Corona-Krise auf Onlinehandel

Keine Weinfeste, geschlossene Restaurants: Auch Weingüter haben es als Lieferanten in der Pandemie schwerer. Gleicht der Online-Verkauf die Verluste aus?

Weinfässer reihen sich in einem Keller aneinander.
Auch wenn Weinkeller und Fässer nicht überlaufen: Der Weinabsatz ist schwierig in der Pandemie. Winzer behelfen sich mit Online- und anderen kreativen Angeboten. Foto: Tom Rebel

Der Lockdown in der Gastronomie und ausfallende Feste ziehen auch Umsatzeinbußen in der Lieferkette nach sich. So fehlen den Weingütern in der Region Einkäufe von Veranstaltern, von Restaurants und auch der Absatz an die gutseigene Gastronomie. Einige behelfen sich mit Online-Weinproben oder indem sie ihre Webshops voranbringen. Andere halten sich wacker mit Kurzarbeit und anderen kreativen Lösungen, erfuhren die Brettener Nachrichten.

Die Weinkeller sind bei ihm trotz allem nicht voll, „da wir Mitte Mai ja Spätfrost hatten“, so Philipp Plag vom gleichnamigen Weingut aus Kürnbach. Von sonst etwa 100.000 Flaschen im Jahr fiel infolge gefrorener Blüten rund ein Drittel der Ernte aus.

Unser Ab-Hof-Verkauf ist glücklicherweise immer schon stark.
Philipp Plag Inhaber Weingut Plag in Kürnbach

Seine Weine werden immer wieder mit Preisen versehen. Lemberger, Weißburgunder und Schwarzriesling sind seine meistverkauften. Der jüngste Preis, von Meininger, ging erst kürzlich bei ihm ein für den Plag`schen Syrah 2020. Er wirft einen Blick auf die Urkunde, die in seinem Büro hängt und stellt fest: „Sie trägt kein Datum.“

Glücklicherweise sei sein Hof-Verkauf immer schon stark mit rund 70 Prozent des Umsatzes. „Dennoch trifft uns die Krise, auch weil Weinfeste wegfallen. Seitens der Gastronomie entfallen uns mindestens 20 Prozent Umsatz“, sagt Plag. Der Kassensturz zum Jahresende wird Genaueres zeigen.

Keine Hochzeiten, keine großen Geburtstagsfeiern

Ähnlich ist die Lage beim Familienbetrieb Steinmetz aus Oberderdingen. Auch dort fehlen vor allem die großen Feste. Die Gastronomie sei nicht ihr Hauptabnehmer, sagt Silvia Steinmetz. „Aber in diesem Jahr wollte niemand Hochzeit feiern oder einen großen Geburtstag.“

Mangels Weinproben – gerade vor Weihnachten – entfällt die Möglichkeit, den eigenen Wein zu präsentieren. Und das ist maßgeblich für die Nachfrage. Sich online zur Probe mit Kunden zu treffen, „das ist nicht so unseres“, sagt Silvia Steinmetz. Da fehle ihr „das Persönliche, das gesellige Miteinander“.

Ein Mann riecht an einem Rotweinschwenker, im HIntergrund sind Weinfässer zu sehen.
Viele Noten: Philipp Plag aus Kürnbach, hier beim Genießen von Weinaromen, fuhr in diesem Jahr wegen Spätfrostes im Mai eine geringere Ernte ein. Nun, in der Pandemie, setzt er auf seinen Hofverkauf und Online-Weinproben. Foto: Tom Rebel

Das sieht auch Armin Schäufele vom Bioweingut Kelterhof in Großvillars so. Bei ihm erfolgte die Belieferung mit dem hofeigenen Wein sonst zu 60 Prozent an die ebenfalls eigene Gastronomie in Großvillars. Das bedeute zwar auch, dass 40 Prozent der Lieferungen an andere Gastronomen im Lockdown derzeit flachfallen. Aber Schäufele will nicht jammern. Er freut sich über jeden Kunden.

Weinprobe online ist nicht jedermanns Sache

„Einige kommen aus Karlsruhe, machen einen Ausflug und kaufen bei uns ein.“ Er sei mit dem Absatz zufrieden, gemessen an den Möglichkeiten derzeit. „Kommt nur ein Drittel der Kunden, verkauft man eben an diese“, so Schäufele. Da der Großteil der Mitarbeiter in Kurzarbeit ist, fährt sein Weingut noch einen bescheidenen Überschuss ein, sagt er.

Und sein Versand lege zu, um etwa 20 Prozent seien Käufe im Onlineshop gestiegen, bei Wein und Essen. Der Kelterhof ist auf dem Portal Marktfee.app vertreten, auf dem man die Speisen- und Weinkarten einsehen, Wein und Essen ordern und zahlen kann. Der berührungsarme Vorgang mit wenig Wartezeit beim Abholen komme den Corona-Regeln entgegen.

Bei Philipp Plag hat die Gastronomie-Kundschaft zwar, nach dem Hofverkauf, einen größeren Anteil als bei der Online-Kundschaft. Sein Webshop habe aber in der Krise deutlich zugelegt. Plag schätzt, er bringe 2020 etwa die Hälfte mehr ein. Und für seine erste Online-Weinprobe in Kürze habe er bereits 35 Pakete mit je sechs Flaschen verkauft, 100 sollen es werden.

Bestellungen werden meist abgeholt

Das Weingut Steinmetz bietet Rabatt-Aktionen an den Samstagen im Advent. „Natürlich bedeutet das dennoch Verlust, aber wir wollen vor allem unserer treuen Kundschaft danken. Die hat uns sehr unterstützt“, so Silvia Steinmetz. So gebe es im Advent beispielsweise mal 20 Prozent auf Wein, dann mal 20 Prozent auf Prickelndes.

Die Kunden holten ihre Bestellungen, die sie telefonisch oder per Email tätigen, meist persönlich ab. Einen Onlineshop auf der Website zu integrieren, war schon ein Gedanke. „Aber“, so Silvia Steinmetz, „das hätte man im März wissen müssen, ob sich die Investition lohnt. Niemand hat gedacht, dass es so lange gehen würde“.



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