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Gemeinnützige Einrichtung

Unerlässliche Helfer: Wie ein BfD-ler und eine Ukrainerin die Tafel Bretten unterstützen

Sie verräumen Ware, kontrollieren Ausweise – und sind manchmal auch Konfliktmanager. Jonathan Munz (18) und Olga Borshchevska (55) helfen mit in der Brettener Tafel. Was sie motiviert.

BfD-ler Jonathan und die ukrainische Helferin Olga sortieren im Tafelladen Bretten Obst, das von Supermärkten gespendet wurde.
In der Warenaufbereitung: BfD-ler Jonathan Munz und die ukrainische Helferin Olga Borshchevska sortieren im Tafelladen Bretten Obst, das von Supermärkten gespendet wurde. Foto: Julia Trauden

Olga Borshchevska hat einen geschulten Blick. Mit flinken Händen greift sie die Orangen, Äpfel und Bananen aus der grünen Kiste, begutachtet sie von allen Seiten und sortiert sie ein.

Was noch brauchbar ist, kommt in den Einkaufswagen, der neben ihr steht. Es wird später in die Regale und Auslagen verräumt. Was nicht mehr genießbar scheint – etwa Bananen, die zu matschig und zu braun sind – kommt in eine Kiste unter dem Tisch.

Zwischen Deutschkurs und Einsatz bei der Brettener Tafel

Jeden Dienstag von 9.30 Uhr bis 13 Uhr ist Olga hier in der Brettener Tafel und hilft beim Sortieren und Einräumen der Ware.

Die 55-Jährige, die im März 2022 mit ihren beiden Töchtern und dem Enkel vor dem Krieg in der Ukraine geflohen ist und in Knittlingen lebt, ist zugleich Kundin und Mitarbeiterin des Tafelladens.

Ich möchte Leuten helfen. Und ich habe ja Zeit.
Olga Borshchevska (55)
ehrenamtliche Mitarbeiterin der Tafel Bretten

Ehrenamtliche Mitarbeiterin wohlgemerkt, denn für ihren Einsatz bekommt Olga, die in ihrer Heimatstadt Saporischja als Schichtleiterin in einer Großbäckerei gearbeitet hat, kein Geld. „Ich möchte Leuten helfen“, erklärt sie auf Deutsch. „Und ich habe ja Zeit.“

Wenn Olga nicht im Tafelladen ist, besucht sie den Deutschkurs in Bretten. Im März hat sie ihre Prüfung für das Sprachlevel B1.

Olga ist eine von zehn Ukrainerinnen, die laut Tafelleiterin Cornelia Kaiser ehrenamtlich im Tafelladen mitarbeiten. Für das Team sind sie eine wichtige Stütze.

Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel ist ein Vollzeitjob

Mindestens genauso wichtig ist aber ein junger Mann, der seit Herbst vergangenen Jahres einen Bundesfreiwilligendienst (BfD) bei der Brettener Tafel absolviert: Jonathan Munz arbeitet Vollzeit hier, von 8 bis 16 Uhr, Montag bis Freitag und bekommt dafür pro Monat 300 Euro Taschengeld.

Er kennt inzwischen alle Abläufe in- und auswendig: von der Warenanlieferung durch die Fahrer, die dreimal am Tag Supermärkte in Bretten und Umgebung abfahren, über das Sortieren und Einräumen in die Regale bis zur Abrechnung an der Kasse.

Er weiß, welche Produkte besonders begehrt sind und warum es wichtig ist, zu Tagesbeginn nicht gleich die komplette verfügbare Ware in die Regale zu räumen, sondern erst nach und nach.

„Wenn wir nicht viel da haben, müssen wir darauf achten, dass jeder zum Zug kommt“, erklärt der 18-jährige Jöhlinger. Auch die, die erst später kommen.

Umgang mit Kunden schult Durchsetzungsvermögen

Jeder Tafelkunde hat einen festen Termin für seinen Besuch. Sie kommen im 15-Minuten-Takt. Jonathans Aufgabe ist es, die Tafelausweise zu kontrollieren und die Kunden zu den festgelegten Zeiten aufzurufen.

Wer früher kommt als zum vereinbarten Zeitpunkt, den muss er auffordern, noch zu warten. Das läuft nicht immer ganz reibungslos. Manche ärgerten sich, erzählt Jonathan. „Letztens hat mir ein Mann einen Vogel gezeigt.“

Inzwischen kann er das ab. Am Anfang sei es ihm schwergefallen, die Leute zu vertrösten und streng zu bleiben. Über die Zeit habe er sich mehr Durchsetzungsvermögen und Mut angeeignet.

Das sei eine positive Sache, die er aus dem Einsatz als BfD-ler mitnehme. Und sicher keine schlechte Vorbereitung auf den Job als Polizist, den Jonathan anstrebt.

Nach dem Bundesfreiwilligendienst beginnt die Polizei-Ausbildung

Im Juni beginnt sein duales Studium, das ihn unter anderem an die Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen und nach Bruchsal führen wird.

In der Zeit zwischen Abitur am Ludwig-Marum-Gymnasium in Pfinztal-Berghausen und dem Studium habe er sechs Monate „noch was anderes machen“ wollen, erklärt Jonathan, warum er sich für den Freiwilligendienst entschieden hat.

Dass er ausgerechnet bei der Tafel Bretten gelandet sei, habe er einer Bekannten zu verdanken, die bei der Diakonie arbeite, der Trägerin der Tafel. Sie habe ihn auf die Möglichkeit hingewiesen. Nach einem Schnuppertag stand für Jonathan fest: Das passt.

Man achtet mehr drauf, was man einkauft. Dass nicht so viel wegfliegt.
Jonathan Munz
macht einen Bundesfreiwilligendienst bei der Brettener Tafel

Was nimmt der 18-Jährige mit von seinem Einsatz bei der Tafel, der Ende März endet? Er überlegt kurz und sagt dann: „Man achtet mehr drauf, was man einkauft. Dass nicht so viel wegfliegt.“

Denn auch wenn immer weniger Ware von den Supermärkten bei der Tafel ankomme: „Es ist immer noch viel, was sonst weggeworfen worden wäre.“

800 Menschen nutzen in Bretten das Angebot der Tafel

Und dann seien da noch die Leute, die man kennenlernt, mit denen er sonst sicher nicht in Kontakt gekommen wäre, sagt Jonathan. „Rentner, Ukrainer, unterschiedliche soziale Schichten. Und die vielen Schicksale, von denen man erfährt.“

Rund 350 Haushalte nutzen das Angebot der Brettener Tafel aktuell, das sind laut Leiterin Cornelia Kaiser etwa 800 Menschen.

Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel

Wer Interesse an einem Bundesfreiwilligendienst (BfD) bei der Brettener Tafel hat, kann sich bei Tafelleiterin Cornelia Kaiser und ihrer Stellvertreterin Ellen Leitenberger melden – Telefon (0 72 52) 58 69 01 55, E-Mail: tafelladen.bretten@diakonie-laka.de – oder bei der Diakonie Bretten unter bretten@diakonie-laka.de.

Weitere Infos zum BfD gibt es auf der Website der Tafel unter www.tafel.de. Dort steht unter anderem ein Handbuch für Freiwillige zur Verfügung.

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