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Fundstück in Eppingen

Zufall bringt Geheimnis eines 300 Jahre alten Buches ans Licht

Als Gudrun und Volker Rütter das Predigtbuch genauer unter die Lupe nahmen, machten sie eine unerwartete Entdeckung - und konnten den ehemaligen Kürnbacher Bauhofleiter Paul Krimmel überraschen.

Innere Titelseite des Predigtbuches.
Foto: Detlef Brötzmann
Innere Titelseite des Predigtbuches. Foto: Detlef Brötzmann Foto: Detlef Brötzmann

Von unserem Mitarbeiter Detlev Brötzmann

Völlig überrascht war der ehemalige Kürnbacher Bauhofleiter Paul Krimmel, als er einen Anruf bekam und erfuhr, dass er als direkter Nachfahre eines Jacob Krimmel aus Kürnbach ausfindig gemacht wurde. Sein Erstaunen steigerte sich sogleich, als ihm der Anrufer Richard Treutle, ein Kenner der örtlichen evangelischen Kirchenbücher und der altdeutschen Schrift sagte, dass es um ein altes Buch gehe, dass eben diesem Jacob Krimmel gehörte, der 1785 in Kürnbach geboren wurde. Ein handschriftlicher Eintrag auf einer der ersten Innenseite des Predigtbuches und die Ermittlung der Ahnenreihe ließ keine Zweifel aufkommen. Doch das alles wäre nicht ermittelt worden, wenn nicht ein glücklicher Zufall eine große Rolle gespielt hätte.

Wohl Jahrzehnte lang schlummerte als alte Werk bei der ehemaligen Besitzerin Annerose Henninger aus Eppingen, die nach dem Tod ihres Mannes in die Nähe ihres Sohnes umzog. Bei einem Besuch ihrer ehemaligen Eppinger Nachbarn, Gudrun und Volker Rütter, sahen diese beim Kaffeetrinken ein altes dickes Buch ganz dekorativ im Regal stehen, welches sie zuvor noch nie im Hause ihrer einstigen Nachbarin in Eppingen gesehen hatten. Auf Nachfrage meinte die Henninger: „Ach, die alte Bibel von der Oma Ilse, die könnt ihr mitnehmen. Ich habe keine Verwendung dafür“. Bekannt war nur, dass das Buch aus einem Familiennachlass der Schwiegereltern stammte. Als Gudrun und Volker Rütter den „alten Schinken“ daheim genauer unter die Lupe nahmen, bemerkten sie, dass die ersten Seiten des Buches verklebt waren.

Mit viel Geschick und Glück konnten diese jedoch voneinander getrennt werden. Nun offenbarte sich ein Geheimnis, das vielleicht schon über Generationen im Verborgenen geblieben war. Ein handschriftlicher Eintrag in altdeutscher Schrift der da lautet: „Dieses Predig-Buch ist gehörig auf mich, Jacob Krimmel, Bürger allhier in Kürnbach. Dieses Predig-Buch habe ich erkauft von des Amtsverwesers Versteigerung, Anno Christi 1810“.

Kirchenforscher macht Nachfahren ausfindig

Schnell waren sich Annerose Henninger, sowie Gudrun und Volker Rütter nach diesem überraschenden Fund einig. Das Buch soll an noch lebende Nachfahren zurückgegeben werden, sofern man diese ausfindig machen könne. Rütters kontaktierten zunächst einen Heimatforscher in Heidelsheim, der auf den Kirchenbuchexperten Richard Treutle verwies, welcher in der Folge in den Kürnbacher Kirchenbüchern nachforschte. So fand kürzlich, nachdem der Stammbaum von Treutle ermittelt war, die offizielle Übergabe des Predigtbuches durch Gudrun Rütter an den Nachfahren Paul Krimmel in Kürnbach statt.

Gudrun Rütter aus Eppingen übergab das rund 300 Jahre alte Predigtbuch an Paul Krimmel in Kürnbach.
Foto: Detlef Brötzmann
Gudrun Rütter aus Eppingen übergab das rund 300 Jahre alte Predigtbuch an Paul Krimmel in Kürnbach. Foto: Detlef Brötzmann Foto: Detlef Brötzmann

Verwandtschaftliche Beziehungen über die das Buch in einen anderen Familienstamm gewandert sein könnten wären naheliegend, doch Paul Krimmel sind derartige alte Verbindungen nicht bekannt. Jedoch hat das Buch einen ideellen Wert für ihn und er wird es wie einen Schatz hüten.

Ein Stück Familiengeschichte

Es dokumentiert Familiengeschichte, denn sein Vorfahr Jacob Krimmel hat nicht nur den genannten Hinweis eingetragen, sondern auf den letzten Seiten des Buches handschriftlich die Geburt seiner Kinder beschrieben. Das mehr als 300 Seiten starke Predigtbuch stammt aus dem Jahr 1713 und trägt den Titel „Postilla Mystica Evangelica. Der geheime geistliche Sinn der Sonn- und Festtagsevangelien“. Verfasser des Buches ist Johann Gerhard Meuschen, der im Jahr 1680 als Sohn eines Pastors in Osnabrück geboren wurde.

Meuschen studierte bis 1702 an der Universität Jena Theologie, aber auch orientalische Sprachen, Geschichte, Mathematik, sowie weitere Fächer. Schon bald wurde er Professor an der Philosophischen Fakultät an der Universität in Kiel. Als geistlicher Gelehrter verfasste er im Laufe seines Lebens mehrere Bücher und wurde 1719 schließlich zum auswärtigen Mitglied der „Kurfürstlich-Brandenburgischen Societät der Wissenschaften“ ernannt.

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