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Probleme fangen beim Stickstoffdünger an

Bauern aus der Region leiden unter Ukraine-Krieg: Obst und Gemüse werden wohl noch teurer

Stickstoffdünger wird aus Erdgas hergestellt. Das ist durch Putins Krieg nochmals erheblich teurer geworden. Aber dies ist nur ein Beispiel, warum die hiesigen Obst- und Gemüsebauern mit höheren Preisen rechnen.

Aus Erdgas hergestellt: Stickstoffdünger ist vergleichsweise rar und vor allem teuer geworden. Das ist eines der Probleme, das die Obst- und Gemüsebauern umtreibt.
Stickstoffdünger ist vergleichsweise rar und vor allem teuer geworden. Foto: Philipp Schulze/dpa

Verbraucherinnen und Verbraucher müssen wohl mit höheren Preisen für Obst und Gemüse rechnen. „In vielen Betrieben ist kein Puffer mehr vorhanden, um signifikante Kostensteigerungen abzufedern“, so Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes (BWGV), am Dienstag vor Journalisten.

Glaser fordert die Politik auf, bei den Energiepreisen rasch zu handeln. „Es geht um die Sicherstellung der Produktion gesunder heimischer Lebensmittel.“

Putins Krieg in der Ukraine wirkt sich demnach auf die genossenschaftlichen Obst- und Gemüsebauern in Baden-Württemberg aus. Deren Verband weist auf Kostensteigerungen innerhalb der kompletten Wertschöpfungskette hin. Das fängt beim teuren und knappen Stickstoffdünger an – er wird aus Erdgas hergestellt, das extrem teuer geworden ist.

Hans Lehar, Chef der Obst- und Gemüse-Absatzgenossenschaft Nordbaden (OGA/Bruchsal), spricht bei Düngemitteln von „einer Verdreifachung oder Vervierfachung, wenn man sie überhaupt bekommt“.

Erdgas, vor allem Methan, wird in mehreren Verarbeitungsschritten mit Stickstoff aus der Luft zu Dünger veredelt. Der größte Teil des Erdgases wird als Rohmaterial für den Dünger gebraucht, der Rest für die Erhitzung.

Dünger ist aber nur ein Aspekt: Gewächshäuser müssen beheizt werden; auch die klimatisierte Lagerung von Obst und Gemüse bedeutet teurere Energie. „Und immer mehr Spediteure können angesichts von Dieselpreisen deutlich über zwei Euro pro Liter nicht mehr kostendeckend fahren“, spricht Glaser das Transportproblem an.

Mindestlohn künftig fast doppelt so hoch wie in Spanien

Erschwerend komme die Erhöhung des Mindestlohns ab Oktober auf zwölf Euro pro Stunde hinzu – dieser müsse auch ungelernten Saisonarbeitskräften aus dem EU-Ausland bezahlt werden. Glaser: „Dies wird zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Produktionsländern für Obst und Gemüse in Europa führen.“

Konkret nennt er Spanien – dort ist der Mindestlohn (6,06 Euro) künftig um knapp die Hälfte niedriger. In Italien gebe es gar keinen gesetzlichen Mindestlohn. Die Politik müsse in Deutschland für ungelernte Arbeitskräfte eine andere Regelung finden, um die Betriebe zu entlasten. Der Mix aus hohen Energie-, Betriebs- und Corona-bedingten Zusatzkosten und dem Mindestlohn-Schub sei „explosiv“, warnt Glaser.

Spannend wird jedoch die Frage sein, inwiefern die regionalen Erzeuger die höheren Preise auf dem Markt umsetzen können. Auch hier spielt der Russland-Effekt eine Rolle. So werden laut Egon Treyer, Chef der Marktgemeinschaft Bodenseeobst eG, beispielsweise 200.000 Tonnen Äpfel pro Jahr aus der Südhemisphäre nach Russland exportiert. Wenn dies aber politisch verboten ist, dann müsse die Menge in andere Länder. „Dann haben wir richtig Preisdruck“, sagt Treyer.

Spargel-Saison beginnt

Zu etwas Erfreulichem: Ende dieser Woche wird laut Lehar der erste badische Spargel der Saison gestochen, der aus unbeheizten Minitunneln stammt – allerdings in geringen Mengen.

Die Verbraucher mussten im vergangenen Jahr vor allem für heimische Erdbeeren mehr bezahlen. Die Erzeugermärkte hätten im Durchschnitt 3,95 Euro pro Kilogramm erzielt – acht Prozent mehr als im Vorjahr. In Baden wurden 2022 mit rund 7.960 Tonnen 38 Prozent mehr Erdbeeren vermarktet als im Vorjahr.

Auch die Ente bei Tomaten (plus 16 Prozent) und Paprika (plus 18 Prozent) fiel üppiger aus. An Spargel wurden rund 4.720 Tonnen geerntet, minimal weniger als im Vorjahr.

Immer weniger Zwetschgen aus heimischen Landen

Deutlich zurückgegangen ist hingegen die Erntemenge bei badischen Äpfeln, und zwar um 28 Prozent. Dennoch werde es genügend davon für Endkunden geben. Weiterhin auf dem absteigenden Ast ist die Zwetschge – mit minus 19 Prozent auf 4.970 Tonnen. „Die Ernteausfälle sind vor allem den Spätfrösten Anfang April geschuldet“, erklärt Glaser. Zudem reduzieren Obstbauern seit Jahren die Anbaufläche. „Die Zwetschgenproduktion wird in den kommenden Jahren weiter rückläufig sein“, sagt Glaser, der in der Zwetschgen-Hochburg Mittelbaden lebt.

Insgesamt haben die baden-württembergischen Obst-, Gemüse- und Gartenbau-Genossenschaften im vergangenen Jahr 506 Millionen Euro erlöst – ein Minus von einem Prozent.

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