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Mit Digitalkonzept in die Zukunft

Buchhandlung Wolf in Bruchsal übernimmt weiteren Laden in Oberderdingen

Der Zeitpunkt ist eher schwierig. Trotz der Beschränkungen in der Corona-Zeit übernimmt die Buchhandlung Wolf in Bruchsal eine zweite Filiale in Oberderdingen. Carolin Wolf setzt auf Social Media, um auf dem Land das Überleben der Buchläden zu gewährleisten.

Buchhändlerin Carolin Wolf aus Bruchsal
Leidenschaft für Bücher: Carolin Wolf setzt auf das Gespräch vor Ort in der Buchhandlung in Bruchsal und auf den Online-Kontakt mit den Lesern. Das Konzept soll es nach Weingarten nun auch in Oberderdingen geben. Foto: Heike Schaub

Die Zahl der Buchhändler sinkt kontinuierlich: 2018 waren es bundesweit noch knapp 3.400 Buchläden. Und wie es nach dem zweiten Lockdown aussieht, ist offen. „Heute war es ganz schön trubelig“, erzählt Carolin Wolf, Buchhändlerin aus Bruchsal. Anders als in den Vorjahren decken sich die Käufer rechtzeitig für das Weihnachtsfest ein. Gefragt ist leichte Literatur.

Buchläden müssen auch im ländlichen Raum sichtbar bleiben.
Carolin Wolf / Buchhändlerin

Noch vor dem ersten Lockdown im März hat die Buchhändlerin die Weichen für die Zeit nach Corona gestellt. Zum 1. März 2021 übernimmt sie den „Buchladen am Roten Tor“ von Franz Domokos in Oberderdingen. Und wächst damit gegen den Bundestrend. „Ich arbeite leidenschaftlich gerne als Buchhändlerin und bin meiner Heimatregion sehr verbunden“, erklärt die Kraichtalerin im BNN-Gespräch: „Buchläden müssen auch im ländlichen Raum sichtbar bleiben.“ Zum 1. Januar hatte sie deshalb bereits die Buchhandlung „Bücherwurm“ in Weingarten übernommen.

Christa Hoffmann, die in Weingarten 26 Jahre lang Belletristik und Kinderbücher verkauft hat, war froh, eine Nachfolgerin gefunden zu haben. Viele Buchhändler müssten schließen, weil junge Fachkräfte keinen Mut hätten, ein Geschäft weiterzuführen. Buchhändler Domokos kritisiert im BNN-Gespräch die Banken, die bei der Kreditvergabe sehr restriktiv seien. Carolin Wolf wagt trotzdem den Schritt.

Von Buchhändler Domokos hat sie nach der Eröffnung ihres Ladens in der Hoheneggerstraße 2013 bereits Tipps erhalten. Die Sortimente mit einer Mischung aus Belletristik sowie Kinder- und Jugendbuchliteratur sind in Weingarten wie Oberderdingen ähnlich. Von Anfang an hat Carolin Wolf in Bruchsal auf einen Online-Shop gesetzt und ist mit Literaturtipps, Fotos und Geschichten rund um Autoren und Bücher auf Facebook oder Instagram aktiv. Zum zweiten Mal war sie in der Jury für den Buchblog-Award bei der Frankfurter Buchmesse. „In der Corona-Zeit haben sich die Blogs, in denen jeder über Literatur schreiben kann, enorm weiter entwickelt“, erzählt Wolf.

Kontakt auf Social Media mit jungen Lesern

Nach Einschätzung des 63-jährigen Buchhändlers aus Oberderdingen können kleine Buchläden nur überleben, wenn sie auf den Social-Media-Kanälen Kontakt mit jungen Lesern halten, durch Lese-Veranstaltungen immer wieder in der Öffentlichkeit präsent sind und gute Beziehungen zu Kindergärten und Schulen pflegen: „Die Zeit, die man in Vorlesetage oder Bücherkisten investiert, kommt irgendwann zurück“, so Domokos. Lesungen sind ausgefallen, doch im Lockdown ist es der Buchhandlung gelungen, die Kunden regelmäßig mit Lesefutter zu beliefern. „Corona hat gezeigt, wo im Einzelhandel Handlungsbedarf besteht“, so Wolf. Auch der Einzelhandel vor Ort werde nicht ohne Online-Handel und Lieferservice überleben können.

Aufenthaltsqualität in Innenstadt wird wichtiger

Dafür werde die Aufenthaltsqualität mit attraktiven und bepflanzten Wegen, Kunstprojekten und Gastronomie in der Innenstadt wichtiger. Hier sei Stadtplanung mit Visionen gefragt. Sie verweist auf den Marktplatz in Bruchsal, der außer an Markttagen eine öde Steinfläche sei oder die „tote“ Schulgasse. Auch ein gut ausgeschildertes Parkleitsystem oder eine App, die freie Parkplätze anzeige, sei wichtig.

Überhaupt müsste sich die Stadt Bruchsal flexibler bei Gestaltungsvorschriften zeigen. So sei es für kleinere Läden im Vorweihnachtsgeschäft schwierig, Personenbegrenzungen pro Quadratmeter einzuhalten. Statt wie gewünscht eine feste Holzbude wird die Buchhandlung Wolf nun ein Plastik-Gewächshaus für die Abholung aufstellen, damit Platz im Laden für Beratungsgespräche bleibt. Und hoffen, dass im Gewächshaus weder die Ware feucht noch ihre Mitarbeiter krank werden. Eine gemeinsame Abholstation für alle Einzelhändler im Bürgerzentrum wäre ideal, so Wolf: „Man könnte in der Tiefgarage parken und die Waren in der Garderobe abholen.“

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