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Austausch der Religionen

Das Judenbad in Speyer ist zum Weltkulturerbe ernannt worden

Nach der Anerkennung durch die Unesco richtet man sich in Speyer auf tausende Besucher ein. Das freut auch den Bruchsaler Gymnasiallehrer Florian Jung. Er setzt sich seit Jahren für das Gedenken an die jüdische Kultur und an ehemalige jüdische Mitbürger ein.

Das Judenbad in Speyer
Das Judenbad in Speyer ist jetzt zum Weltkulturerbe ernannt worden. Foto: Klaus Landry

Die Nachricht aus Fuzhou hat auch in Bruchsal Gefallen gefunden. In der chinesischen Provinzhauptstadt hat das zuständige Komitee der Unesco entschieden, die sogenannten Schum-Städte Speyer, Worms und Mainz als Weltkulturerbe auszuweisen. Damit würdigte die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation erstmals jüdisches Kulturgut in Deutschland.

„Das hat mich sehr gefreut, dass an diese Stätten erinnert wird“, sagt Florian Jung. Er ist Lehrer für Geschichte, Mathematik und Deutsch am Bruchsaler Justus-Knecht-Gymnasium und hat sich schon als Student mit dem Judentum beschäftigt. Heute ist der 46-Jährige in Bruchsal gemeinsam mit Rolf Schmitt ehrenamtlicher Organisator der Verlegung von Stolpersteinen, die an Opfer der NS-Zeit erinnern.

Juden reinigten sich hier nach ihren Glaubensgesetzen

Einer der interessantesten historischen Orte, den die Unesco nun auszeichnete, ist das Judenbad in Speyer. „Es ist wirklich sehr beeindruckend“, findet Jung. Das um das Jahr 1120 errichtete Ritualbad, die Mikwe, gilt als die älteste Anlage ihrer Art in Mitteleuropa. Ein gewölbtes Treppenhaus führt über einen Vorraum zum zehn Meter tief gelegenen quadratischen Badeschacht. Hier reinigten sich die Juden nach den Glaubensgesetzen, die ein Untertauchen in kaltes „natürliches“ Wasser vorschreiben.

Judenbad in Speyer
Das Judenbad in Speyer wurde um 1120 als Ritualbad errichtet. Foto: Klaus Landry

Die Mikwe in der Domstadt ist mit romanischen Ornamenten verziert, die im Mittelalter farbig gefasst waren. Das Bad wurde nahezu 400 Jahre lang genutzt, bis die Juden Ende des 15. Jahrhunderts aus der Stadt vertrieben wurden. Während die mittelalterliche Synagoge in Speyer am 9. November 1938 in der sogenannten Reichspogromnacht niedergebrannt wurde, blieb das Judenbad in der Kleinen Pfaffengasse unversehrt.

Speyers OB Stefanie Seiler ist stolz auf Auszeichnung

Speyers Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) äußerte sich bei einem Festakt überaus angetan über die Unesco-Entscheidung. „Besonders stolz sind wir, dass nach dem Kaiserdom nun eine zweite Welterbestätte nach Speyer kommt“, erklärte sie. „Wir möchten das jüdische Welterbe noch bekannter machen und an diesen Stätten zeigen, wie vielfältig, innovativ und prägend die jüdischen Gemeinden waren.“

Damit werde das „friedliche Miteinander verschiedener Religionen“ betont. „Die Denkmale der Schum-Städte sind nicht nur steinerne Zeitzeugen einer außergewöhnlich reichen jüdischen Geschichte in unserem Land“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und ergänzte: „Sie stehen auch für den Kulturtransfer zwischen Christentum und Judentum und mahnen uns, dies als gemeinsame große Chance zu sehen.“

Lange Zeit hatte das Judenbad ein Schattendasein geführt und war Teil einer „Kleingartenparzelle“, wie Speyers Alt-Bürgermeister Werner Schineller (CDU) bemerkte. Vor der 2.000-Jahr-Feier der pfälzischen Kleinstadt im Jahr 1990 hatte sich der Verkehrsverein dem historischen Bauwerk angenommen und einen Besucherdienst eingerichtet. Die Zahl der Gäste stieg daraufhin von wenigen tausend auf jährlich rund 80.000 Interessierte.

Nach dem Unesco-Entscheid erwartet die Verwaltung noch mehr Besucher. Gymnasiallehrer Jung hört das gern. „Man muss die Erinnerung an das Judentum wachhalten“, sagt er: „Auch in Bruchsal.“ Beispielsweise habe es im 14. Jahrhundert unweit des Saalbachs an der heutigen Rathaus- und Stadtgrabenstraße ebenfalls ein Judenviertel gegeben – mit Synagoge und Ritualbad.

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