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Seltenes Naturphänomen

Haareis im Wald von Bruchsal-Untergrombach: Was hat es damit auf sich?

Im Untergrombacher Wald können Spaziergänger ein besonderes Naturphänomen beobachten. Es sieht aus wie Zuckerwatte, ist aber keine. Was ist es?

Haareis ein seltenes Naturphänomen Untergrombacher Wald
Haareis ein seltenes Naturphänomen Untergrombacher Wald Foto: Franz Lechner

Was ist das nur? Das fragen sich bestimmt viele Menschen, die erstmals in ihrem Leben mitten im Wald auf diese weißen, fädigen Strukturen treffen, wie man sie jüngst im Untergrombacher Wald beobachten konnte. Entfernt erinnert das weiße Gebilde, das auf Totholz wächst, an Zuckerwatte. Aber wo sollte Zuckerwatte mitten im Wald herkommen? Vielleicht ist es ja doch normale Watte oder eine Art Fell?

Aber nein: Wer die weißen Fäden berührt, merkt schnell, dass es das auch nicht sein kann. Schließlich schmilzt Watte nicht in der Hand, wenn man sie anfasst – genau so wenig wie Haare. Aber an Haare erinnerte es wohl auch die Wissenschaft, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals ausführlich mit diesen rätselhaften Strukturen auseinandersetzte.

„Haareis“ nennen Wissenschaftler dann auch das seltene Phänomen, das manchmal je nach Ausprägung tatsächlich wie eine richtige Frisur aussieht. Haareis ist ein Kunstwerk der Natur, dessen Ursprung erst spät erkannt wurde.

Haareis entsteht durch einen Pilz

Der Erste, der den Ursprung des Phänomens erkannte, war der bekannte Meteorologe und Begründer der Kontinentalverschiebungstheorie, Alfred Wegener. Bereits 1918 vermutete der Wissenschaftler, dass ein schimmelartiger Pilz der Auslöser der weißen Fäden sei.

Aber erst 2008 wurde der genaue Mechanismus, der für die Entstehung von Haareis verantwortlich ist, erforscht und die Theorie von Alfred Wegener damit weitgehend bestätigt.

Haareis wird durch das Mycel winteraktiver Pilze gebildet. Deren Stoffwechsel produziert Gase, die Wasser aus dem Totholz an die Oberfläche verdrängen. Dort gefriert das Wasser und bildet viele extrem dünne, weniger als 0,02 Millimeter dicke und teilweise über 10 Zentimeter lange Eisfäden.

Nur bei Temperaturen, die knapp unter dem Gefrierpunkt liegen, wachsen solche dünnen Eisfäden aus totem Holz. Dann ist das Wasser im Innern des Totholzes nämlich gerade noch flüssig und wird erst an der geringfügig tieferen Außentemperatur zu Eis. Eine hohe Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls wichtig für das Entstehen von Haareis.

Erst vor kurzem wurden weitere Einzelheiten, die bei der Haareisbildung entscheidend sind, entschlüsselt. Rosagetönte Gallertkruste heißt der Pilz, der das biophysikalische Phänomen verursacht. Möglich ist seine Entstehung nur an schneefreien Tagen auf totem Laubholz, dessen Rinde sich gerade löst oder erst vor kurzem gelöst hat.

Die genauen chemischen und physikalischen Prozesse, welche die Eishaare entstehen lassen, sind aber immer noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Klar ist aber, dass die Entstehung der in wenigen Stunden aus dem Holz wachsenden „Eisperücken“ an so viele verschiedene Bedingungen geknüpft ist, dass viele Menschen diese kleinen Wunder der Natur nie zu sehen bekommen.

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