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Fall eines Mannheimer Häftlings

Kleine Fluchthelfer: Warum Mini-Handys für Gefängnisse ein Sicherheitsproblem sind

Sie sind billig und leicht zu bekommen: Mini-Handys sind in Gefängnissen ein echtes Sicherheitsproblem. Das zeigt der Fall eines entflohenen Mannheimer Häftlings – und seiner mysteriösen Beziehung zu einer JVA-Bediensteten.

Mini-Handys wie dieses eines chinesischen Anbieters auf Amazon gibt es für unter 30 Euro. Ein von einer Mitarbeiterin in die JVA Mannheim eingeschmuggeltes Exemplar verhalf einem Häftling zur Flucht.
Mini-Handys wie dieses eines chinesischen Anbieters auf Amazon gibt es für unter 30 Euro. Ein von einer Mitarbeiterin in die JVA Mannheim eingeschmuggeltes Telefon verhalf einem Häftling zur Flucht. Foto: Screenshot Hipipooo/Amazon

Handys sind für Häftlinge streng verboten. Aus gutem Grund, denn mit Mobiltelefonen lassen sich auch hinter Gittern Straftaten organisieren und – wie im Fall des Mannheimer JVA-Gefangenen Yusuf A. – die eigene Flucht planen. Der 25-Jährige war Mitte Dezember nach einem Arztbesuch im Ludwigshafener Klinikum auf spektakuläre Art entkommen.

Just in dem Moment, in dem ihn zwei JVA-Bedienstete zurück in das Dienstfahrzeug führen wollten, preschte ein Komplize auf einem Roller heran und schoss mit einer Waffe in die Luft. Beide entkamen auf dem Zweirad und hinterließen neben zwei verdatterten Bewachern eine bange Frage: Wieso war der Fluchthelfer eigentlich so gut über Ort und Zeitpunkt informiert?

Als Reaktion auf die zweite Flucht eines baden-württembergischen Strafgefangenen binnen weniger Wochen ordnete Landesjustizministerin Marion Gentges (CDU) schon tags darauf einen Erlass an, um die Kommunikationsregeln der Gefängnisse für sogenannte Ausführungen verbindlich zu verschärfen.

Mobiltelefon in JVA Mannheim eingeschleust

Man habe „die Justizvollzugsanstalten angewiesen, dass Informationen rund um Arzt- und Gerichtstermine über das absolut zwingende Mindestmaß hinaus im Vorfeld nicht bekannt gegeben werden und auch bei sonstigen Ausführungen sich Informationen auf ein Minimum beschränken“, erklärte eine Ministeriumssprecherin am 15. Dezember.

Inzwischen sitzt der Entflohene wieder hinter Gittern. Polizisten nahmen ihn Ende Dezember samt dem mutmaßlichen Helfer in einem Hotel nahe Weinheim fest. Am Mittwoch wurde schließlich offenbar, wie sich die beiden so gut absprechen konnten. Hubert Ströber von der zuständigen Staatsanwaltschaft Frankenthal: „Der Mann hat ein Mobiltelefon zur Vorbereitung der Flucht benutzt. Dieses Telefon hat nach derzeitigen Erkenntnissen eine Mitarbeiterin der JVA Mannheim eingeschleust.“

Was lief da zwischen dem Häftling und der JVA-Bediensteten?

Die verdächtige und mittlerweile suspendierte Justizbedienstete machte bereits erste Angaben zur Sache, Ermittler sehen allerdings noch weiteren Klärungsbedarf über eine mögliche Beziehung zu dem Gefangenen. „Sie sollen sich nach der Flucht etwas nähergekommen sein. Die Frau hat von einer Drucksituation gesprochen, in der sie sich befunden haben will“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Jedenfalls sei die Frau nun Beschuldigte in dem Ermittlungsverfahren, allerdings nicht in Haft. „Wir haben keinen Hinweis auf Fluchtgefahr oder auf Verdunklungsgefahr.“

Der Fall erinnert an die Verurteilung einer JVA-Bediensteten vor dem Amtsgericht Augsburg im vergangenen Jahr. Die Justizbeamtin des Gefängnisses im bayerischen Kaisheim war wegen eines bezahlten Handyschmuggels sowie einer Liebesbeziehung zu einem Häftling zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden.

Die 30-Jährige hatte für einen 34-jährigen Häftling Mobiltelefone in das Gefängnis geschmuggelt, wo sie an andere Mitgefangene weiterverkauft wurden. Aufgeflogen waren die Schmuggelgeschäfte damals durch Aussagen von Mithäftlingen.

Kleine Handys können zum großen Problem werden

Wie es im Fall der JVA Mannheim zum schnellen Ermittlungserfolg kam, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal verwies auf die bisher nicht abgeschlossenen Ermittlungen. Auch zum genutzten Handy gab es zunächst keine näheren Angaben. In Kreisen des Justizvollzugs ist es nach BNN-Informationen allerdings ein offenes Geheimnis, dass immer kleinere und leistungsfähigere Handys ein Sicherheitsproblem darstellen.

Der nordbadische Landtagsabgeordnete Christian Jung (FDP) will sich nach eigenem Bekunden in einem Abgeordnetenschreiben an Justizministerin Gentges wenden, um mögliche Sicherheitsrisiken zu erörtern.

Auch mit Blick auf den immer noch flüchtigen Bruchsaler JVA-Häftlings Aleksandr Perepelenko sei er als Abgeordneter in den vergangenen Wochen schon mehrfach auf die Gefahren durch sogenannte Mini-Handys angesprochen worden, so Jung. Ob ein solches Handy bei der Flucht des verurteilten Mörders ebenfalls eine Rolle gespielt haben könnte, sei derzeit freilich nur Spekulation, betonte der FDP-Politiker.

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