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Maurermeisterin und Influencerin

Kraichtalerin verfolgt das Ziel, dass Frauen auf Baustellen nicht komisch angeschaut werden

Die Influencerin aus Kraichtal teilt Videos und Fotos über ihre Arbeit auf Youtoube, Tiktok und Instagram. Ihre Fangemeinde ist groß.

Julia Schäfer liebt das Leben und die Arbeit auf der Baustelle
Julia Schäfer liebt das Leben und die Arbeit auf der Baustelle Foto: Monika Eisele

Julia Schäfer ist Maurermeisterin. Vor etwa einem Jahr hat sie angefangen, das Leben auf der Baustelle zu filmen und auf Social-Media-Kanälen wie Instagram und Tiktok über witzige Begebenheiten zu berichten. Und auch darüber, was so alles schiefgehen kann.

Als „tschulique“ hat sie auf Instagram 487.000 Follower. „Frauen auf einer Baustelle werden manchmal noch immer komisch angeguckt. Das Denken sollte komplett einfach weg“, sagt Schäfer.

Mit ihren Videos will sie unter anderem jungen Frauen Mut machen, sich auszuprobieren und ihren eigenen Weg zu finden. „Manche Menschen sind einfach fürs Handwerk geschaffen. Da ist es doch völlig egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist“, sagt Schäfer.

Sie weiß, wovon sie spricht, denn sie hat selbst erst nach einigen Hürden und Umwegen gemerkt, was sie will. „Ich war eine Spätzünderin.“

In der Schule habe sie sich oft gelangweilt und entsprechend schlecht waren die Noten. Die Eltern haben sie nicht gedrängt und erst mal auf der Werkrealschule gelassen. „Erst in der sechsten oder siebten Klasse hat es ,Klick‘ gemacht und nach Realschule und Gymnasium hatte ich schließlich das Abitur in der Tasche“, erzählt Schäfer.

Manche Menschen sind einfach fürs Handwerk geschaffen
Julia Schäfer

Anschließend wollte sie eigentlich studieren, hat aber auf den Rat der Mutter gehört und im elterlichen Bauunternehmen in Unteröwisheim zunächst eine Lehre im Büro angefangen. „Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich lieber auf den Baustellen bin.“, erinnert sie sich. Also hängte sie noch die Ausbildung zur Maurerin dran.

„In der Berufsschule war ich die einzige Frau. Am Anfang war es komisch, bis ich mich durchgesetzt hatte. Danach war es wunderschön“, sagt Schäfer.

Mit drei weiteren Auszubildenden hat sie direkt an die Lehre noch ein Jahr für die Meisterprüfung angeschlossen. „Viele wissen immer noch nicht, dass es die Gesellenjahre nicht mehr gibt. Aber ich dachte, jetzt bin ich schon im Lernmodus, dann mach ich gleich weiter.“

Julia Schäfer liebt das Leben und die Arbeit auf der Baustelle
Julia Schäfer liebt das Leben und die Arbeit auf der Baustelle Foto: Monika Eisele

2019 bestand sie ihre Meisterprüfung und arbeitete im elterlichen Unternehmen mit. Um den Jahreswechsel 2021/22 kam ihr die Idee mit den Videos. Sie setzte es auch sogleich in die Tat um. Ihr größter Fan war von Beginn an ihre Mutter, „und die Oma“, sagt Schäfer.

In der Berufsschule war ich die einzige Frau
Julia Schäfer

Sie hat sich ein Stativ zugelegt und filmt mit dem Handy das Geschehen auf der Baustelle. Nach Feierabend steht dann die Sichtung des Filmmaterials an. Szenen müssen geschnitten und sinnvoll aneinander gereiht, Texte und Erklärungen eingebaut werden. „Ich kann ja kein stundenlanges Video hochladen. Manchmal komme ich erst um 2 Uhr ins Bett.“ Unterstützung bekommt sie dabei von Mutter Jutta und ihrem Freund Etienne.

Ihre Filme kommen an, der Kreis der Follower wächst stetig. Inzwischen bekommt sie viel positive Rückmeldung und hat auch schon andere Handwerkerinnen dadurch kennengelernt.

Neues Projekt ist „ihr Baby“

Die Handwerkskammer hat mit ihr einen Werbefilm über ihren Beruf gedreht. Auch die Sender RTL-Nitro, SAT1, Kabel 1, ARD und der SWR haben mit ihr gedreht. „Beim SWR war ich live in der Landesschau, das war aufregend“, berichtet Schäfer. Alles innerhalb eines Jahres. Seitdem habe das „sich beweisen müssen“ aufgehört, so Schäfer.

Bei ihrem bisherigen Erfolg will sie es nicht belassen. Ende Januar begann die mit Energie geladene 29-Jährige ihr neues Projekt: Eine große Halle wird in Unteröwisheim gebaut und auch dabei jeder Schritt gefilmt. „Das ist mein Baby und hat nichts mit der elterlichen Firma zu tun. Es soll eine Art community-base entstehen, wo sich viele verschiedene Gewerke treffen und zeigen, dass Handwerk und vor allem die Teamarbeit auf einer Baustelle sehr schön sind“, sagt Schäfer.

Man merkt ihr an, dass sie ihren Weg gefunden hat und glücklich damit ist. Wenn die Halle steht, soll sie Treffpunkt werden. Unterschiedliche Handwerker könnten dann gemeinsam zum Beispiel alte Häuser sanieren und in Erklär-Videos zeigen, wie das geht.

Interessierte können vorbei kommen und mitmachen, oder einfach zuschauen. „Junge Leute, die sich vielleicht nicht zum Praktikum in eine große Firma trauen, können das bei Tschulique, das ist der Name des Projekts, machen“, so die Idee von Schäfer. Sie ist selbst gespannt, wie sich das Projekt entwickelt. „Und ich werde auch dabei lernen“, sagt Schäfer, die jüngst ihr Faible fürs Schrauben entdeckt hat.

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