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Sondersitzung des Gemeinderats

Schlummernde Gefahren im Boden des Neubaugebiets in Oberhausen-Rheinhausen

Eine folgenschwere Bodenverunreinigung im geplanten Neubaugebiet Erlengewann-Viehtriebgewann in Oberhausen-Rheinhausen mit 140 Wohneinheiten beschert der Gemeinde große Probleme – und hohe Ausgaben. Die Entsorgung des belasteten Bodenmaterials kostet rund 2,8 Millionen Euro.

Oberhausen-Rheinhausen. Eine folgenschwere Bodenverunreinigung im geplanten Neubaugebiet Erlengewann-Viehtriebgewann mit voraussichtlich 140 Wohneinheiten beschert der Gemeinde große Probleme und hohe Ausgaben.
Oberhausen-Rheinhausen. Eine folgenschwere Bodenverunreinigung im geplanten Neubaugebiet Erlengewann-Viehtriebgewann mit voraussichtlich 140 Wohneinheiten beschert der Gemeinde große Probleme und hohe Ausgaben. Foto: Werner Schmidhuber

Im Sitzungssaal des Bürgerhauses reichten die Plätze nicht aus. So viele Bürgerinnen und Bürger waren erschienen, um sich über „die weitere Vorgehensweise bezüglich der PFAS-Belastung“ – so lautete der einzige Tagesordnungspunkt - zu informieren und ihre Meinung dazu zu äußern.

Gemeinde will die Kosten alleine tragen

Entgegen der Verwaltungsvorlage änderte Bürgermeister Manuel Scholl (parteilos) die darin enthaltene Beschlussempfehlung. Diese sah eine Kostenaufteilung nach der unterbreiteten „Alternative 1“ vor. Demnach hätte die Gemeinde etwa 60 Prozent der Kosten übernommen, 40 Prozent wären auf das Baugebiet entfallen. Nach der Kurskorrektur, auch auf Druck der Fraktionen, insbesondere der telefonisch vorab insistierenden Fraktionschefs Hajo Böser (CDU) und Hans Strubel (FW), beschloss das Gremium einmütig, dass die Gemeinde sämtliche anfallenden Kosten selbst trägt.

PFAS schaden der Gesundheit

Was bedeutet die angezeigte PFAS-Belastung? Mit mehr als 4.700 chemischen Stoffen sind per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) eine Gruppe von weithin eingesetzten Chemikalien, die sich im Laufe der Zeit im menschlichen Gewebe und in der Umwelt anreichern. Sie können zu Gesundheitsproblemen wie Leberschäden, Schilddrüsenerkrankungen, Fruchtbarkeitsstörungen und Krebs führen, so informiert die Europäische Umweltagentur: eine Agentur der Europäischen Union.

Drei Belastungskategorien im Boden gefunden

Wie Scholl erläuterte, war das gesamte Baugebiet ab März 2022 zunächst stichprobenartig unter die Lupe genommen worden. Zudem gab es eine Rasteruntersuchung mit 85 Bohrpunkten. Ein größerer Bereich konnte dabei identifiziert werden. Als Ergebnis weiterer Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Boden drei unterschiedliche Belastungskategorien aufweist. Auch gibt es Stellen mit Werten für einen Abtransport auf die Deponie: DK-1-Material. Der Boden dort muss bis drei Meter tief ausgehoben werden.

Klärschlamm ist verantwortlich für die Belastung

Schuld an dem Ganzen sind die Ausbringungen von Klärschlamm vor 30 bis 40 Jahren. Seinerzeit gab es noch keine Vorgaben. Die Gemeinde hatte Landwirten als Auflage mitgegeben, den Klärschlamm des Zweckverbandes abzunehmen und auf Äckern zu verteilen.

Nach Abstimmung mit dem Landratsamt steht fest: Im gesamten Bereich muss der Oberboden abgetragen, entsorgt und ausgetauscht werden. Das gilt auch für den Unterboden mit der Einstufung DK I. Im Bereich von versiegelten Flächen und im Straßenbau könnte Boden mit der niedrigen Verwertungskategorie zwei und drei weiterverwendet werden. Im Gegensatz zu einer kompletten Deponierung der Aushubmenge ließen sich damit Kosten in Höhe von etwa 1,5 Millionen Euro einsparen.

Kosten sind lediglich Schätzwerte

Wie Scholl darlegte, habe eine von der Verwaltung veranlasste juristische Überprüfung zu der Überlegung geführt, die Gesamtausgaben aufzuteilen: 724.000 Euro als Gemeindeanteil und rund 600.000 Euro als Eigenbetrag für die Eigentümer. Im Fall einer Komplettentsorgung auf die Deponie kommt es zu Mehrkosten von 1,5 Millionen Euro: somit zu einer Gesamtsumme von 2,8 Millionen Euro. Bei der Kostenermittlung handelt es sich nur um Schätzwerte, ließen auch die vier Fachleute wissen, die zur Sitzung hinzugeladen waren.

Im Gemeinderatsbeschluss ist festgehalten, dass die Gemeindeverwaltung prüfen soll, inwiefern Kosten der Entsorgung „anderweitig hereingeholt“ werden können. „Von wem, wissen wir noch nicht“, so Scholl. Dass eine gemeindeeigene Versicherung greift, wird hinter vorgehaltener Hand als „kaum realistisch“ bewertet.

Doch nach diesem Strohhalm griffen alle vier Fraktionssprecher. Unisono plädierten sie für eine vollständige Kostenübernahme durch die Gemeinde. Hans Strubel (FW) vermisste Antworten aus dem Rathaus auf frühere Anfragen zu diesem Thema. „Nichts ist gekommen.“ Norbert Horn (SPD) wunderte sich über den eingereichten und dann überraschend geänderten Beschlussvorschlag.

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