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18.379 Kilometer von zuhause

Sione aus Neuseeland lernt in Bruchsal und unterstützt Rugby-Verein

Nach einem Deutschkurs macht der junge Mann eine Ausbildung zum Steinmetz in Bruchsal-Heidelsheim. Initiiert hat den Besuch der Arzt und Rugby-Spieler Johannes Schmid.

Ein älterer Mann bearbeitet einen Stein, ein jüngerer Mann sieht zu.
Seit vier Wochen arbeitet Sione (links) aus Neuseeland in der Steinmetzwerkstatt Stadelwieser. „Für unseren Betrieb ist Sione eine absolute Bereicherung“, sagt Stephan Spiegel (rechts). Foto: Pia Jäger

18.379 Kilometer Luftlinie von zu Hause entfernt. Oder anders gesagt: Nahezu 24 Flugstunden trennen Sione von seiner Heimat Neuseeland. Seit vier Wochen lebt der 21-Jährige in Bruchsal-Heidelsheim. Er arbeitet drei Tage die Woche in der Steinmetzwerkstatt Stadelwieser und lernt an zwei Tagen pro Woche Deutsch. Ein Jahr lang.

Danach wird Sione bei Stadelwieser eine Steinmetz-Ausbildung beginnen. Und unter der Woche trainiert er beim TSV Handschuhsheim Rugby. Sein Sport hat ihn nun von Neuseeland nach Bruchsal gebracht, auf Initiative von Johannes Schmid, Arzt in Heidelsheim und selbst Rugby-Spieler aus Leidenschaft.

Diesen Sport, der einen so richtig auspowert, der den ganzen Körper fordert, hatte Schmid während seines Studiums in Heidelberg beim TSV Handschuhsheim kennengelernt. „Beim Handball war ich ja immer der Kamikaze-Joe, beim Rugby sind alle so drauf“, erzählt Schmid und lacht.

Oder, mit den Worten des britischen Schauspielers Richard Burton gesagt: „Rugby ist ein wunderbares Gemisch aus Ballett, Oper und grausamem Selbstmord.“

Junger Rugby-Spieler sollen in Bruchsal-Heidelsheim Handwerk und den Sport voranbringen

Schmid spielte unter anderem in Pforzheim und Karlsruhe in der zweiten Liga. Heute ist er Jugendtrainer in Pforzheim. Und er spielt weiter Rugby, mit 55 Jahren. Bei den TVP Old Boys „Disco Disco“, den Alten Herren des TV Pforzheim Rugby, die jedes Jahr bei Beachrugby-Turnieren in Deutschland, Holland und Portugal antreten. „Einmal Rugbyspieler, immer Rugbyspieler.“

In Pforzheim hatte Schmid auch den neuseeländischen Rugbyspieler Fabian kennengelernt – und mit ihm die Idee geboren, junge Spieler aus Neuseeland nach Deutschland zu holen, um hier Rugbyvereine zu unterstützen und gleichzeitig eine Ausbildung zu machen. „Lange habe ich gesucht, bis ich einen Betrieb gefunden habe, der einen Jungen ausbilden will, der erstmal noch kein Deutsch spricht“, sagt Schmid.

Schließlich fand er ihn in seinem Freund Stephan Spiegel und der Steinmetzwerkstatt Stadelwieser. Die Reise für Sione nach Bruchsal-Heidelsheim konnte beginnen. Da er freilich ohne Deutschkenntnisse an der Schule für Steinmetze nicht unterrichtet wird, arbeitet der 21-Jährige ein Jahr lang als Helfer in der Heidelsheimer Werkstatt.

Sione ist für unseren Betrieb eine absolute Bereicherung.
Stephan Spiegel
Steinmetz in Bruchsal-Heidelsheim

„Wir haben uns einfach darauf eingelassen“, sagt Spiegel. „Schließlich ist die Idee, auf diese Weise Nachwuchs zu finden, richtig gut – das Handwerk braucht Fachkräfte.“ Die Verständigung funktioniere auch, manchmal eben mit Händen und Füßen. Und schon nach vier Wochen steht für Spiegel fest: „Sione ist für unseren Betrieb eine absolute Bereicherung.“

So einfach sei der Abschied von den fünf Geschwistern wahrlich nicht gewesen, gibt Sione zu. Aber die Chance nach Deutschland zu kommen, eine gute Ausbildung zu bekommen und sogar Rugby zu spielen, wollte er sich nicht entgehen lassen. Heimweh? Nein, das hat er nicht.

„Hier kümmern sich alle so gut um mich. Ich habe sogar schon Freunde gefunden, Jannis Schlindwein zum Beispiel; er nimmt mich immer mit.“ Und da sind vor allem Martina Füg und Thomas Wachter, die den 21-Jährigen spontan bei sich in Heidelsheim aufgenommen haben. „Martina ist wie meine Mama zu Hause.“

Was für ihn das Besondere am Rugby ist? Das körperbetonte Spiel und der Teamgeist. „Trotz harter Tackles ist Rugby eine der fairsten Sportarten; Disziplin, Integrität, Leidenschaft, Respekt und Solidarität werden bei uns großgeschrieben“, erklärt Sione.

Ja, Rugby ist ein harter Sport, bei dem man Aggression auf den Platz bringen, diese aber auch immer im Griff haben muss, bestätigt Johannes Schmid. Wahrscheinlich gingen die Spieler gerade deshalb so fair miteinander um.

Das Händeschütteln nach dem Spiel und die „dritte Halbzeit“, das anschließende gemeinsame Essen, ausgerichtet von der gastgebenden Mannschaft, sind Tradition. Überall auf der Welt.

Deshalb möchte Johannes Schmid gemeinsam mit Sione auch in Bruchsal bei der DJK die Sportart Rugby wieder ins Leben rufen. „Man lernt bei diesem Sport so viel fürs Leben, vor allem Miteinander und Respekt – wichtiger denn je.“

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